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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 16 Ikezukuri

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 16 Ikezukuri

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 16 Ikezukuri
Autoren: Martin Clauß
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ihn gestört hatte. Es hatte überhaupt nichts mit dem Raum und seinen Einrichtungsgegenständen zu tun, sondern mit den Jugendlichen, die darin herumstanden.
    Kaori fehlte!
    Wäre sie hier gewesen, hätte sie längst neue Kommentare abgegeben und versucht, die Führung der Gruppe wieder an sich zu reißen.
    Er drückte einen Jungen zur Seite, der ihm im Weg stand, und lief auf den Flur hinaus.
    Der Korridor war nicht leer. Kaori kam eben aus der Damentoilette gestürzt, der letzten Tür vor dem Linksknick des Gangs. Sie war leichenblass geworden. Ungeschickt strauchelte sie, prallte gegen die gegenüberliegende Wand und stieß ein peinvolles Stöhnen aus. Es war auch zu erkennen, warum sie gestolpert war. Ihre Hose hing ganz unten an ihren Fesseln und ihr Slip auf halber Höhe an ihren Knien. Sie sah aus wie eine Frau, die eben noch einer Vergewaltigung entgangen war. Schluchzend ging sie zu Boden, mehr, um ihre Blöße zu bedecken, griff nach ihrem Höschen und zog es hoch. Sam, der das schwarze Dreieck ihrer Scham gesehen hatte, konnte für einen Moment nur daran denken. Und daran, wie wenig die Farbe zu dem hellen Blond ihrer Kopfhaare passte …
    „Gott, was ist passiert?“, rief er und war mit ein paar großen Schritten bei ihr. In diesem Moment erst fiel die Tür zum Toilettenraum zu.
    Unwillkürlich wandte sich Sam von Kaori ab und der Tür zu, wollte sie aufstoßen. Da spürte er, wie die Hand der noch immer am Boden liegenden Kaori seinen linken Fuß umklammerte. „Nicht!“, keuchte sie. „Geh da nicht rein! Er wird dich umbringen!“
    Seine Hand griff nach der Klinke, bereit, Kaoris Worte zu ignorieren. Er hätte die Tür geöffnet, hätte das Mädchen nicht zu härteren Mitteln gegriffen. Sie kreiselte auf dem glatten Linoleumboden herum, stieß einen gellenden Schrei aus und trat ihm mit voller Kraft nach den Füßen. Riss ihn brutal zu Boden wie in einem Actionfilm.
    „Geh da nicht rein!“, wimmerte sie. „Bitte nicht! Bitte!“
    Inzwischen hatten sich die anderen um sie versammelt. Kaori hangelte sich an der Wand nach oben und stellte sich vor die geschlossene Tür der Damentoilette. Ihr Kopf zuckte, und ständig warf sie Blicke hinter sich, als fürchtete sie, die Tür könne jeden Moment aufgehen.
    „Ihr dürft nicht da hinein! Wir müssen uns – verbarrikadieren. Schnell! Da drin ist ein Mörder. Er wird uns alle … uns alle …“
    „Los!“, befahl Sam, der eben auf die Beine kam. „Tun wir erst mal, was sie sagt. Sicher ist sicher.“
    Er hätte gute Lust gehabt, Kaori eine kräftige Ohrfeige zu verpassen, nachdem sie ihm auf so schmerzhafte und rücksichtslose Weise die Beine unter dem Körper weggerissen hatte. Und noch einen Grund hatte er, wütend auf sie zu sein. Sie hatte sich einfach von der Gruppe entfernt, ohne um Erlaubnis zu fragen oder wenigstens Bescheid zu geben. Doch in ihren Augen war etwas, das es ihm unmöglich machte, ihr wehzutun. Und sie war wohl zu stolz, um allen wie ein kleines Kind zu verkünden, wann sie aufs Klo ging. Das verstand er sogar. Mit klopfendem Herzen legte er den Arm um sie, und sie stützten sich gegenseitig, als sie den Flur entlang humpelten. Nebenbei fiel ihm auf, dass sie das kleine Messer nicht mehr bei sich hatte. Sie musste es in der Toilette verloren haben, als sie angegriffen worden war. Wahrscheinlich hatte sich jemand in einer der beiden Kabinen verborgen und die junge Frau attackiert, als sie eben ihre Hose heruntergelassen hatte.
    Der Unbekannte, der das Dienstzimmer geöffnet hatte.
    Das Fernsehzimmer war der größte Raum der Station und bot am meisten Material, um die Tür damit zu verrammeln. Als sie alle neun im Zimmer waren, schoben sie eilig die Möbel vor die Tür, die glücklicherweise nach innen aufging. Zuerst die schwere Couch, dann die beiden Sessel und zuletzt noch das kleine Tischchen. Leicht gekippt passte die Couch gut unter die Klinke.
    Sam drängte Kaori, ihnen ihr Erlebnis detailliert zu schildern, doch sie war noch völlig außer Atem von dem Schreck, und ehe sie beginnen konnte, wartete noch eine weitere Überraschung auf die neun.
    Als sie die Zeitschriften und das Telefon von dem lächerlichen Tischchen gewischt hatten, war noch etwas anderes zu Boden gefallen. Nami fiel es auf, als sie nachsehen wollte, ob das Telefon zerbrochen war.
    Neben dem Telefon, halb von einer Modezeitschrift verdeckt, lag ein Objekt, das sie in ihrem Leben noch nie aus der Nähe gesehen hatte. Es war gelb-grün, etwa fünf
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