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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 16 Ikezukuri

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 16 Ikezukuri

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 16 Ikezukuri
Autoren: Martin Clauß
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etwas ungewohnt Kantiges. Bei einem Stromausfall hätten die Korridore und alle Zimmer tatsächlich stockfinster sein müssen, denn es gab hier kein natürliches Licht. Es war natürlich möglich, dass es sich um unterschiedliche Stromkreise handelte. Er verfolgte den Gedanken nicht weiter, denn etwas anderes kam ihm in den Sinn.
    „Kaori“, begann er. „Hast du nicht vorher gesagt, du hättest überall nachgesehen, nach den Glotzern gesucht, meine ich? Du hast behauptet, im Dienstzimmer seien sie auch nicht. Woher willst du das wissen? Die Tür ist immer verschlossen.“
    Kaori kniff die Augen zusammen. „Ich habe an der Tür gelauscht und nichts gehört.“
    „Aber du hast nicht hineingesehen?“
    „Wie sollte ich, Schlaumeier? Du hast es eben selbst gesagt: Die Tür ist abgeschlossen.“
    „Rein theoretisch könnten sich die Glotzer also dort versteckt haben.“
    Kaori zog die Stirn kraus. „Rein theoretisch, ja. Aber ich habe eine ganze Weile gelauscht und nichts gehört. Warum sollten sie sich auch im Dienstzimmer verstecken? Was sollten sie damit bezwecken?“
    „Ich weiß es nicht. Ich habe nur gesagt, es wäre möglich.“
    „Irre ich mich, oder hast du gerade angefangen, ebenfalls über ein Komplott nachzudenken? Hast du mich nicht eben noch angeschnauzt, weil ich so etwas in Erwägung gezogen habe?“
    Sam gab keine direkte Antwort. „Ich möchte auf Nummer Sicher gehen. Möchte ausschließen, dass sich im Dienstzimmer jemand versteckt hält.“
    Die anderen sahen ihn an, und es war offensichtlich, dass sich keiner von ihnen in diesem Moment vorstellen konnte, was in seinem Kopf vorging.
    „Könnt ihr mir einen Gefallen tun?“, fragte er mit gedämpfter Stimme. Er wies den Korridor hinab. „Könnt ihr hier bleiben, euch lautstark unterhalten und meinetwegen gegen die Tür schlagen, während ich um die Ecke biege und mich zum Dienstzimmer schleiche? Ich möchte selbst einmal sehen, ob ich was höre.“
    „Sehen, ob ich was höre“, echote einer der Jungen mit unpassendem Spott.
    Kaori nickte. Eigentlich gefiel ihr nicht, was Sam tat, denn es bedeutete, dass er ihren Wahrnehmungen nicht vertraute, aber wenn es dazu beitrug, dass sie sich von nun an gemeinsam Gedanken über ihre Lage machten, anstatt sich nur gegenseitig bloßzustellen, war sie bereit mitzumachen.
    Sie taten, was Sam verlangt hatte. Sie plapperten laut sinnloses Zeug, klopften gegen die Tür, stampften sogar auf den Fußboden. Sam schlich durch den Gang, bog an der Ecke ab und verschwand aus ihrem Sichtfeld.
    Wenige Sekunden später stieß er einen lauten Schrei aus.
    Die anderen Jugendlichen fuhren zusammen und verstummten.
    „Das ist doch unmöglich!“, hörten sie Sams überschnappende Stimme. Als Kaori zu laufen begann, folgten ihr die anderen.
    Und ein paar Augenblicke später sahen sie es alle.
    Es war wirklich unmöglich. Sie trauten ihren Sinnen nicht.
    Sam stand vor der geöffneten Tür des Dienstzimmers. In dem Raum befand sich niemand. Nicht nur die Tür des Zimmers war geöffnet, auch die Schränke im Inneren standen offen, manche einen Spalt, andere sogar sperrangelweit. Die Fächer mit den Medikamenten waren frei zugänglich. Auch die Schubladen, in denen die Spritzen inklusive der Kanülen gelagert wurden, waren ein Stück herausgezogen.
    Nichts deutete darauf hin, dass die Schränke und Schubladen durchwühlt worden waren. Ordentlich sortiert standen die Arzneipäckchen nebeneinander, nichts lag auf dem Boden, nichts war herausgerissen oder in Unordnung gebracht worden.
    Es war alles so, wie es sein sollte. Wenn man von den offenen Türen absah.
    „Bitte“, schien das Zimmer die neun jungen Leute aufzufordern, „bitte sehen Sie sich um, und bedienen Sie sich! Hereinspaziert ins Reich der Gifte und Schlafmittel, ins Land der spitzigen Nadeln und scharfen Messer. Nur keine falsche Scheu! Man hat Ihnen das alles viel zu lange vorenthalten!“
    Einer nach dem anderen betraten sie das Dienstzimmer …

9
    Deutschland, 2004
    Der Glatzköpfige saß auf der kleinen Bank, hatte die Hände hinter dem Kopf gefaltet und die Augen genießerisch geschlossen. Die letzten Strahlen der Abendsonne lagen auf seinem Körper, doch die dunkle Fassade Falkengrunds kroch als Schatten bereits an seinen Beinen empor. Zehn Minuten noch, dann würde der ganze Garten im Zwielicht liegen.
    Werner Hotten öffnete die Lider, als die Bank kaum merklich erbebte. Jemand hatte sich lautlos neben ihm niedergelassen.
    „Ich möchte mit dir
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