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Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)

Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)

Titel: Ein Leben in Krieg und Frieden (German Edition)
Autoren: Kofi Annan
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Vorwort
    ENGAGEMENT IN DER WELT
VON HEUTE
    Wofür stehen wir als Weltgemeinschaft? Welche Verantwortung tragen wir für unser gemeinsames Schicksal in einer Welt, die sich zugleich vereint und trennt – und wie üben wir diese Verantwortung aus? Wie erreichen wir ein Gleichgewicht zwischen Wachstum und Entwicklung, Gleichheit und Chancen, Menschenrechten und menschlicher Sicherheit? Und wie passen die Vereinten Nationen – eine Organisation, die vor fast siebzig Jahren in San Francisco gegründet wurde, um einen weiteren Weltkrieg zu verhindern – in eine von den Kräften von Globalisierung und Technologie veränderte Welt, Kräften, die durch keinerlei nationale oder ideologische Grenzen eingeschränkt sind?
    Wir stehen am Scheideweg einer globalen Neuordnung der Welt, die ebenso folgenschwer sein wird wie diejenige, welche die Gründer der UNO 1945 in Angriff nahmen. Während im letzten Vierteljahrhundert Hunderten Millionen von Menschen in Asien, Afrika und Lateinamerika auf beeindruckende Weise der Ausstieg aus der Armut gelungen ist, sind die Geißeln von Krieg, Terror und Massenvernichtungswaffen wie eh und je vorhanden. Verändert hat sich die Macht des Einzelnen, von Männern und Frauen in allen Teilen der Welt, die, durch Bildung und die wachsende Hoffnung auf ein besseres Leben in größerer Freiheit ermutigt, Mitsprache verlangen bei der Entscheidung darüber, wie und von wem sie regiert werden. Der Machtzuwachs des Einzelnen – vom Tahrir-Platz über das Silicon Valley und Chengdu bis nach Juba – stellt eine beispiellose Chance dar, die Würde des Menschen zu stärken. Gleichzeitig fordert dieser Wandel die etablierten Machtzentren heraus – von Präsidentenpalästen bis zu Vorstandsetagen –, das verlorene Vertrauen der Öffentlichkeit, das Grundvoraussetzung der erfolgreichen Entwicklung jeder Gesellschaft ist, wiederzugewinnen.
    In den vier Jahrzehnten meiner Tätigkeit bei den Vereinten Nationen hatte ich das Glück, mit einer Gruppe außerordentlich engagierter und begabter Diplomaten sowie Experten für Entwicklung und humanitäre Hilfe zusammenzuarbeiten, für die diese Fragen im Mittelpunkt dessen standen, was wir erreichen wollten. Es war niemals leicht. Ebenso oft, wie wir das Leiden von Menschen lindern oder einen Konflikt beenden konnten, mussten wir feststellen, dass uns dies erst gelang, als bereits ein viel zu großer Tribut gezahlt worden war. Als erster aus den Reihen der Organisation stammender Generalsekretär trat ich das Amt mit der schmerzlichen Einsicht in die Grenzen unserer Macht an. Gleichwohl war ich entschlossen, zu verhindern, dass wir bei Rückschlägen einfach aufgaben, und daran zu erinnern, dass wir mehr zustande bringen können, und dies im Namen der Völker, für welche die Charta der Vereinten Nationen geschrieben worden ist, auch tun würden.
    Ich bemühte mich, Aktivitäten in vielen Bereichen anzustoßen – vom Kampf gegen HIV/AIDS über die Ausbildung von Mädchen, die Entwicklungsarbeit in Afrika, die Tsunami-Hilfe sowie die Förderung der Menschenrechte und des Rechtsstaats bis hin zu der Mahnung, dass Souveränität sowohl Rechte als auch Pflichten umfasse. Mein Ziel war es, die Vereinten Nationen zu einer Organisation zu machen, die nicht zuschaut, sondern sich einmischt, die vor den Herausforderungen des neuen Jahrhunderts nicht zurückschreckt, sondern sich ihnen gewachsen zeigt und von einem Zweck geleitet wird, der größer ist als der Schutz der Interessen von Staaten.
    Dies ist das Feld des Engagements, das meine Darstellung der großen Herausforderungen, mit denen die Weltgemeinschaft heute konfrontiert ist, abdeckt. Die geschilderten Ereignisse spiegeln meine Überzeugung wider, dass humanitäre Interventionen moralisch und strategisch geboten sind, wenn ein Völkermord oder eine grobe Verletzung der Menschenrechte die Alternative ist. Zugleich bin ich der dezidierten Auffassung, dass ein militärisches Eingreifen mit engeren Zielen sowie ohne globale Legitimation und Vorausschau auf die Konsequenzen – wie im Fall des Irak – ebenso zerstörerisch sein kann wie die Übel, die vorgeblich bekämpft werden sollen. Die sich herausbildende globale Konvention über eine Schutzverantwortung ( responsibility to protect ) ist als universales Prinzip des Schutzes fundamentaler Menschenrechte zu verstehen – und nicht als Lizenz zur Kriegführung im Namen des Friedens.
    Das vorliegende Buch erscheint fünfzig Jahre nach meinem Eintritt in die
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