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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 11 Herrenlose Bestien

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 11 Herrenlose Bestien

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 11 Herrenlose Bestien
Autoren: Martin Clauß
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Frauen waren besser in solchen Dingen. Männerhirne versuchten ein System in ein Durcheinander zu bringen, und das kostete Zeit. Frauen ließen die Unordnung Unordnung sein, sahen nur das, was sie suchten.
    Madoka hatte den Schlüssel glücklicherweise von innen abgezogen, wohl aus Versehen, und für Margarete war es ein Leichtes gewesen, die Tür zu öffnen.
    Die Japanerin hatte ebenfalls gefunden, was sie gesucht hatte.
    Sie stand in der Mitte des Zimmers. Das Ledersäckchen, in dem sich der Stein befunden hatte, lag auf dem Boden zu ihren Füßen. Den Bernstein selbst hielt sie auf merkwürdig ehrfürchtige Weise mit beiden Händen auf Augenhöhe. Ihr Gesicht war eine Maske der Konzentration, und es dauerte einen Moment, ehe sie ihren Blick auf die Frau richtete, die sie beobachtete.
    Margarete kam nicht mehr dazu, etwas zu sagen oder zu unternehmen.
    Die Hundemeute kam heran, und die schrecklichsten Minuten ihres Lebens begannen.

10
    Melanie und Isabel waren zurückgewichen. In den Augen der Tiere glomm ein mörderisches Feuer, die Zähne waren gebleckt – aus den zahmen Haustieren waren Bestien geworden, die jeden Wolf wie einen Schoßhund erscheinen ließen.
    Margarete unternahm keinen Versuch, das Rudel aufzuhalten. Sie stolperte ins Zimmer und drückte sich gegen die Wand, ehe die Tiere sie überrennen konnten.
    Natürlich kam ihr der Gedanke, dass es falsch war, Madoka den Bestien auszuliefern. Doch in diesem Moment war sie noch davon überzeugt, dass die Hunde entweder den Stein wollten oder die Rache an ihr, Margarete. Für Madoka sah sie keine direkte Gefahr – außer natürlich, sie wollte den Stein nicht hergeben ...
    Der Rottweiler führte die Meute noch immer an. Er schlitterte ins Zimmer, fing kurz vor der Asiatin seinen Schwung ab und knurrte sie aus einer geduckten Stellung heraus an. Von seinen Lefzen troff Geifer, und das ungeduldige Zucken seiner Beine verriet dass er auf dem Sprung war. Dass er ihr nicht viel Zeit lassen würde.
    Doch Madoka ließ sich Zeit.
    Weitere Hunde drängten sich in den kleinen Raum. Hielten Abstand zu Madoka. Funkelten sie an. Drückten sich gegen Margarete, als würden sie ihre Anwesenheit nicht einmal bemerken.
    „Den Stein!“, schrie Margarete. „Wirf ihm den Stein hin! Das ist alles, was er will! Sie werden wieder abziehen, wenn sie ihn haben.“
    Die Japanerin drückte sich den Bernstein gegen die Brust. Ihre Miene war verzerrt – eine Mischung aus Trotz und Angst.
    Todesangst.
    Margarete begriff in diesem Augenblick, dass Madokas Todesangst begründet war.
    Der Schutzgeist im Inneren des Bernsteins hatte einmal versucht, sie zu töten. Jetzt stand sie einem Rudel zähnefletschender Hunde gegenüber, die von eben diesem Geist gerufen worden waren. Sie war in die Enge gedrängt, chancenlos.
    Kleinere Hunde begannen nach ihr zu schnappen. Die großen beherrschten sich noch, schienen auf ein Kommando zu warten, doch die kleinen waren ungeduldig, kläfften und verbissen sich in ihren Füßen.
    „Loslassen!“, brüllte Margarete. Sie suchte verzweifelt in ihren Gedanken nach einem Zauber, der das Mädchen retten konnte. Aber sie war keine Superheldin, die auf Anhieb Stürme entfachen oder Kraftfelder erschaffen konnte. Sie war nichts als eine Hexe, und ein Zauber brauchte Zeit. Zeit und eine innere Ruhe. Beides fehlte ihr. Wenn Madoka attackiert wurde, war dies ihre, Margaretes Schuld. Sie hatte die Tür zu ihrem Zimmer aufgeschlossen, obwohl sie genau wusste, dass Salvatore unten die Haustür öffnen würde.
    Ein furchtbarer Denkfehler!
    Margarete wollte sich durch die Masse der Tiere drängen und Madoka den Stein gewaltsam entwinden. Das Mädchen schien sich noch immer Schutz von ihm zu erwarten, presste ihn an sich, verbarg ihn mit ihren Händen. In Madokas Augen standen Tränen, ihre Mundwinkel zuckten.
    „Tasukete!“, kam ein dunkles Schluchzen aus der Kehle der Asiatin. „Tasukete!“ Das Wort prägte sich in Margaretes Hirn ein, und als sie es später nachschlug, erfuhr sie, dass es „Hilf mir!“ hieß. Zweifellos war die verzweifelte Bitte nicht an die Dozentin gerichtet, sondern an den Schutzgeist im Inneren des Bernsteins.
    Margarete gelang es nicht, durch die Wand aus Hundeleibern hindurch das Mädchen zu erreichen. Ihre Rufe gingen immer mehr im wütenden Knurren und Bellen der Tiere unter.
    Die Hunde griffen jetzt an.
    Margarete fühlte den Drang, sich abzuwenden, aber sie konnte es nicht.
    Die Welle erhob sich und prallte gegen den zarten
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