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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 11 Herrenlose Bestien

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 11 Herrenlose Bestien

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 11 Herrenlose Bestien
Autoren: Martin Clauß
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kleineren, die ihn attackierten, doch auch einige der großen Tiere schienen allmählich Interesse an ihm zu finden.
    Der Mann hatte geschrien, und er schrie wieder – ob aus Schmerz oder aus Angst, blieb unklar.
    Inzwischen war Werner ebenfalls ans Fenster gekommen. „Wo kommt der denn her?“, brummte er. „So etwas hat uns gerade noch gefehlt!“
    „Kennst du den Mann?“
    „Nie gesehen.“
    „Mir sind da unten eben zwei Bullterrier aufgefallen“, bemerkte Salvatore. „Wenn die auf den armen Kerl losgehen, zerfleischen sie ihn. Wir müssen etwas unternehmen.“
    „Und was?“
    „Das dürfte doch keine Frage sein. Wir müssen dem Mann die Tür öffnen und ihn ins Haus bringen. Dort ist er in Sicherheit.“
    „Wenn du die Tür aufmachst, lässt du auch die Hunde rein!“
    „Wenn wir es geschickt anpacken, können wir das vielleicht verhindern. Und falls ein oder zwei von den kleinen Kläffern hereinhuschen, werden wir damit schon fertig.“
    „Ich könnte von hier oben auf die Hunde schießen“, schlug Werner vor. Er klang so, als ob er mit dem Vorschlag selbst nicht ganz glücklich wäre.
    Salvatore schlug ihm leicht gegen die Schulter. „Wir müssen schnell handeln – keine Zeit mehr für Diskussionen.“
    Als sie sich umwandten, standen Margarete, Melanie und Isabel in der Tür. Sie hatten alles mit angehört.
    „Du willst das Hauptportal doch nicht wirklich öffnen, Salvatore“, brachte Margarete hervor.
    „Doch, das werde ich“, zischte er grimmig. „Wenn wir nicht schnell handeln, haben wir hier oben die besten Logenplätze, um zuzusehen, wie ein Mensch in Stücke gerissen wird. Ich werde mir das nicht ansehen. Falls bei meiner Aktion jemandem etwas passieren sollte, nehme ich das auf meine Kappe.“
    Margarete sah ihn mit starrem Blick an. Noch immer hielt sie es für möglich, dass die Hunde gerufen worden waren, um an ihr Rache zu nehmen. Die Vorstellung, dass gleich die Tür geöffnet wurde, konnte ihr nicht behagen.
    Salvatore schob sie so sanft wie möglich zur Seite und rannte los.
    „Werner“, rief er, „du bringst dein Gewehr. Wenn wir Probleme bekommen, schießt du.“
    Die beiden Männer jagten die Stufen hinunter, und wenige Sekunden später beobachteten eine Handvoll Studenten perplex, wie Salvatore Cavallito die Eingangstür von Schloss Falkengrund aufriss.

8
    In dem Moment, in dem die Tür aufging, schienen die Hunde jegliches Interesse an dem Mann im Rollstuhl zu verlieren. Als hätten sie ein Kommando erhalten, lösten sie sich von ihrem Opfer, das sie ohnehin nur halbherzig attackiert hatten, und stürmten auf die Tür zu.
    Wie eine Welle kamen sie. Der massige schwarze Rottweiler, der am Morgen auf Salvatores Motorhaube gelandet war, war der erste. Er hatte sich kraftvoll abgestoßen und flog auf den Italiener zu. Salvatore wollte sich wegducken und dabei die Klinke zu sich herziehen, um die Tür zu schließen, aber beides misslang ihm gründlich. Der schwere Körper war schon über ihm und riss ihn zu Boden.
    „Nicht schießen!“, stieß er hervor. Werner hatte sich ein paar Schritte hinter ihm positioniert, auf der zweiten Stufe der Treppe. Natürlich schoss er nicht auf das Tier, das den Dozenten unter sich begraben hatte. Es war zu gefährlich.
    Die Tür war aufgedrückt worden, und eine Flut von Hunden ergoss sich ins Schloss. Werner hätte gewiss ein oder zwei von ihnen erlegen können, aber er zögerte. Er begriff, dass er die Schar der Bestien nicht aufzuhalten vermochte. Es widerstrebte ihm, ein Blutbad unter diesen schönen Tieren anzurichten – ein Massaker, das an der Situation doch nichts ändern würde.
    Er wollte die Waffe schon absetzen, als einer der beiden Bullterrier ungelenk durch die Tür schlüpfte. In einer spontanen Entscheidung drückte er den Abzug. Doch ein anderes Tier war an ihm hochgesprungen, und er verriss den Schuss. Die Kugel prallte gegen das Mauerwerk und zischte als Querschläger umher. Die Studenten drückten sich in die Bibliothek hinein. Jemand schloss die Tür des Raumes hinter ihnen, doch die Tür nach draußen blieb geöffnet.
    Im Schloss regierte das Chaos.
    Die Hunde hatten ein Ziel. Sie kümmerten sich nicht um Werner oder Salvatore, interessierten sich nicht für die anderen Zimmer, sondern hetzten in einer einzigen felligen, bellenden, sabbernden Woge die Treppe hinauf.

9
    Margarete stand vor der geöffneten Tür zu ihrem Zimmer.
    Sie hatte den Zweitschlüssel in Werners Schublade schneller gefunden als er selbst.
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