Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 11 Herrenlose Bestien

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 11 Herrenlose Bestien

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 11 Herrenlose Bestien
Autoren: Martin Clauß
Vom Netzwerk:
Körper des Mädchens. Kräftige Kiefer schlossen sich um Madokas Beine. Spitze, scharfe Zähne flogen ihr entgegen, zerrissen ihre Kleidung, ihre Haut, ihr Fleisch, als würde man sie mit Morgensternen attackieren. Neben dem Rottweiler hatte sich ein Deutscher Schäferhund an Madoka aufgestellt, schnappte nach ihren Schultern, ihren Armen. Die beiden Bullterrier wühlten sich durch die Menge. Die Japanerin wehrte sich nicht. Floh nicht. Hielt nur den Stein fest, als glaube sie noch immer an seinen Schutz.
    Warum tat sie das? Warum dachte sie, er könne sie retten? Warum sah sie nicht, dass er ihr Tod sein würde?
    Als die Zähne des Rottweilers über ihr Gesicht schrammten, brach sie zusammen. Den Bernstein hielt sie noch immer fest, krümmte sich um ihn, schützte ihn, vergrub ihn unter sich. Wenn die Hunde ihn wollten, würden sie sich durch die hindurchfressen müssen ...
    Die Woge der Tiere schwappte über ihr zusammen, und für endlose Sekunden waren nur die felligen Leiber zu sehen, ein Wimmeln und Drängen von behaarten Bestien. Ein Teppich aus Fell schien sich über das Mädchen gelegt zu haben und sich anzuschicken, es zu zerfleischen.
    Werner Hotten erschien vor der Tür, legte das Gewehr an, doch er konnte nicht schießen, weil er nicht sah, wo genau Madoka war.
    Im nächsten Moment erschien ein blutüberströmter Kopf zwischen den Hundeleibern. Dann eine Hand, zur Faust geballt. Irgendetwas sagte Margarete, dass der Stein sich im Inneren der Faust befand. In dem blutigen Gesicht öffnete sich ein Mund, die Hand hob sich über den Mund ...
    Madoka war im Begriff, den Stein zu schlucken!
    Jetzt warf sich Margarete nach vorne, stürzte in das Meer aus Hundeleibern, streckte ihren Arm aus und schlug mit ganzer Kraft gegen Madokas Faust.
    Der Stein flog heraus. Eine der Bestien stieß sich ab und erwischte ihn noch im Flug.
    Einige Hunde bissen zornig nach der Dozentin, die sich auf sie geworfen hatte. Doch ihr Protest war sanfter, zurückhaltender als die Macht, mit der sie versucht hatten, an den Stein zu kommen.
    Der Angriff kam zum Stillstand. Der Hund, der sich den Stein geschnappt hatte, bewegte sich in Richtung Tür. Die anderen folgten ihm. Es dauerte eine halbe Minute, bis alle Tiere aus dem Zimmer geströmt, die Treppe hinab gesprungen und durch die noch immer offenstehende Haustür gehuscht waren.
    Sie hinterließen eine Madoka Tanigawa, deren Körper eine einzige Wunde war.
    „Sie hat nicht gekämpft“, sagte Isabel, die zusammen mit Melanie vom Korridor aus einen Teil des Geschehens verfolgt hatte. „Sie hat ihre Kampftechniken nicht angewandt. Wie damals an dem Tag, als Artur kam ...“
    Werner rief einen Notarztwagen, Margarete kauerte neben der Schwerverletzten und spulte alles ab, was ihr an Heilungszaubern bekannt war. Als zwanzig Minuten später die Sanitäter eintrafen, musste man sie gewaltsam von der Schülerin losreißen.
    Madoka lag auf einer Bahre und wurde in eine Ambulanz verladen. Margarete sah ihr nach und wusste, dass sie den Anblick der sich mit Blut füllenden Laken nie vergessen würde.
    Hatte sie eine Chance durchzukommen? Der Notarzt zögerte mit der Antwort.
    Den Hauch einer Chance? Jetzt erst nickte der Arzt.

11
    Artur saß an einem kleinen Bach und war in Gedanken versunken.
    Da merkte er, dass ein Schatten auf das Wasser fiel. Er sah auf und erkannte den struppigen Hund, der auf der gegenüberliegenden Seite des Baches an der Böschung stand.
    Artur gehörte nicht zu den Leuten, denen das Herz in die Hose rutschte, wenn sie einen freilaufenden Hund sahen. Er hatte noch nie Angst vor Hunden gehabt, war nie von einem gebissen oder angeknurrt worden. Sie schienen ihn zu mögen, und er mochte sie.
    An diesem Exemplar störten ihn höchstens die dunklen Flecken, das verklebte Fell auf seiner Brust. Es sah fast aus wie ... eingetrocknetes Blut.
    Der Hund machte einen Satz auf Arturs Seite herüber.
    Als der junge Mann die geöffnete Hand nach ihm ausstreckte um ihn an der Schnauze zu kraulen, fiel etwas aus dem Maul des Hundes auf die Handfläche.
    Artur betrachtete es verwundert.
    Es war ein Bernstein mit drei darin eingeschlossenen Mücken.
    Und noch etwas anderes war darin. Er spürte es.
    Etwas, das ihm gehörte.
    Er versuchte es an sich zu reißen, es aus dem Stein zu befreien und es an den Ort zu führen, wo es einst zu Hause gewesen war. Aber es ging nicht. Es blieb eingesperrt.
    Artur fühlte sich, als sei er selbst es, der gefangen war. Gefangen in der Welt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher