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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 10 Woodstake

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 10 Woodstake

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 10 Woodstake
Autoren: Martin Clauß
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Pflock mitgebracht hatte.
    Aber das war keine Alternative für sie. Sie musste diesen Wahnsinn stoppen! Es war nicht einmal Frühling – und hier sollten all diese Menschen für einen Ritus sterben, der nicht an diesen Ort, in dieses Zeitalter und in diese Jahreszeit passte ...
    Noch drei Meter, noch zwei ... Ihre Hände erwischten einen Balken, zogen ihren Körper daran empor. Sie hangelte sich auf die Bühne hinauf, kroch über die Bretter, rappelte sich auf und stand für einen Augenblick unmittelbar vor dem schwarzen Koloss.
    Dieser eine Moment reichte aus, um sie spüren zu lassen, dass sie einem Gott gegenüberstand. Nicht einem maskierten Verrückten oder einem Priester, nicht einmal einem Gespenst. Dies hier war ein höheres Wesen, eine andere Form der Existenz.
    Sie ignorierte das schauerliche Gewand, das der Dunkle trug, warf sich ihm entgegen – und prallte hilflos zurück, ohne ihn auch nur berührt zu haben.
    Isabel ging zu Boden. Die zerbrochenen Drumsticks kamen ihr in den Sinn, die der Drummer der letzten Band verschleudert hatte. Fieberhaft suchte sie den Boden danach ab. Sie würden auch eine Art Pflöcke abgegeben. Vielleicht konnte man dieses Wesen damit angehen.
    Der Gedanke war lächerlich.
    Ein Windstoß traf sie, riss sie auf die Beine und trug sie für einen Moment mit sich, über den Bühnenrand hinaus.
    Isabel starrte mit angstgeweiteten Augen hinab.
    Die schwarze Menschenmenge war da unten, drei, vier Meter von ihr entfernt. Zwischen den Menschen und ihr waren die Pflöcke.
    Das Luftkissen ließ sie los, und sie stürzte hinab. Eine der hölzernen Spitzen bohrte sich in ihre Schulter, eine andere streifte sie am Oberschenkel. Ein paar Leute fingen sie auf. Sie war zu einem Stagediver geworden, ohne es zu wollen. Ihre Schulter schmerzte, und ihr Hausanzug wurde nass vom Blut, doch sie lebte. Sie befreite sich aus den Griffen der Leute, kam auf die Beine und wühlte sich wieder durch die Menge, wie sie es zuvor getan hatte, diesmal jedoch in die entgegengesetzte Richtung – von der Bühne weg. Sie war in Panik. Der Gott würde sie zermalmen, wenn sie sich ihm noch einmal näherte.
    „Ein Blutstropfen rinnt durch unsere Reihen“, dröhnte die Stimme des Xipe Totec. „Rot und kostbar. Die Erde riecht das Blut bereits.“
    Ja, sie blutete. Sie war die erste, die diesen Acker mit ihrem Lebenssaft düngte. Und vielleicht sah sie, aus der Vogelperspektive betrachtet, in ihrem roten Anzug tatsächlich wie ein Tropfen Blut aus, der sich den Weg durch die wogende Schwärze bahnte.
    Es war ein Albtraum.
    Wie konnte sie das alles noch aufhalten? Wie? Die Leute hielten ihre Pflöcke noch immer hoch. Jeden Augenblick konnte Xipe Totec ihnen den Befehl geben, sich das angespitzte Holz ins Herz zu rammen. Und sie würden gehorchen. Man durfte nicht darauf hoffen, dass sie zur Vernunft kamen. So wie eine halbe Million Menschen in Woodstock „No rain!“ gerufen hatten, um den Regen zu vertreiben, so würden diese Menschen nicht zögern, die Vampire zu pfählen, als die sie sich selbst verkleidet hatten.
    Während sie aus dem Zentrum des Schreckens floh, wirbelten Isabels Gedanken um die wenigen Informationen, die sie hatte. Xipe Totec – der Frühlingsgott, der Adlergott – der Adler in der Schneekugel – das Grauen hatte begonnen, als Isabel die Schneekugel zerschlagen hatte. Vielleicht war damit ein Bann gebrochen worden.
    Ja! Ein Bann, der verhindert hatte, dass Xipe Totec die Blumenkinder in Woodstock opferte.
    Ein wirrer Gedanke. Woodstock und Woodstake waren zwei verschiedene Orte. Zwei verschiedene Wirklichkeiten. Waren sie die beiden Seiten einer einzigen Medaille?
    Der Adler in der Schneekugel – Schnee fiel auf ihn. Aber Xipe Totec war ein Vegetationsgott. Er brauchte die Wärme, den Frühling und den Sommer. Er kam, wenn der Schnee schmolz.
    Die Schneekugel hatte etwas damit zu tun, dass Isabel hier war. Also hatte sie auch etwas damit zu tun, dass es diese Realität überhaupt gab. Dass die andere Seite der Medaille an die Oberfläche gekommen war. Die finstere Seite. Als sie die Schneekugel zerstört hatte, war der Adler befreit worden.
    Der Adlergott.
    Im Inneren der kleinen Kugel war es immer Winter gewesen. Um den Winter zu beenden, musste die Kugel zerstört werden.
    Auf irgendeine groteske Weise machte das alles einen Sinn.
    Und Isabel glaubte plötzlich zu wissen, wie sie den Gott in der Menschenhaut besiegen konnte.

7
    „Die Zeit ist reif“, klang die Stimme über die
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