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Faktotum

Faktotum

Titel: Faktotum
Autoren: Charles Bukowski
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hatte Arbeit gefunden. Sie sollte am nächsten Tag anfangen. Damit hatte ich das Haus ganz für mich. Nach dem Frühstück, als meine Eltern zur Arbeit gegangen waren, zog ich mich aus und legte mich wieder ins Bett. Ich onanierte, dann nahm ich mir ein altes Schulheft und notierte mir sämtliche Flugzeuge, die übers Haus flogen, und die jeweilige Uhrzeit dazu. Das ganze umrahmte ich mit einigen gefälligen obszönen Zeichnungen. Ich wußte, daß mir mein Vater eine haarsträubende Summe für Unterkunft, Verpflegung und Wäsche berechnen würde; und daß er mich außerdem noch von der Steuer absetzen würde. Doch das Verlangen nach einem Job wurde trotzdem nicht in mir wach.
    Während ich bequem in meinem Bett lag, bekam ich ein merkwürdiges Gefühl im Kopf. Es war, als sei mein Kopf aus Baumwolle, oder als sei er ein kleiner Luftballon. Ich konnte buchstäblich den leeren Raum in meinem Kopf spüren. Ich verstand das nicht. Doch bald machte ich mir darüber keine Gedanken mehr. Ich hatte es bequem, ich hatte nicht zu leiden. Ich hörte mir Symphonien an und rauchte meinem Vater die Zigaretten weg.
    Ich stand auf und ging nach vorn ins Wohnzimmer. Im Haus gegenüber gab es eine junge Ehefrau. Sie trug ein kurzes engsitzendes braunes Kleid. Sie saß vor ihrer Haustür auf den Treppenstufen, direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite. Ich konnte ihr ziemlich weit unters Kleid sehen. Ich stand am Wohnzimmerfenster hinter dem Vorhang und sah ihr unters Kleid. Das machte mich scharf. Ich onanierte noch einmal. Ich nahm ein Bad, zog mich wieder an, saß herum und rauchte noch ein paar Zigaretten. Etwa um 5 Uhr nachmittags verließ ich das Haus und machte einen langen Spaziergang, gut eine Stunde lang.
    Als ich zurückkam, waren meine Eltern inzwischen nach Hause gekommen. Das Abendessen war schon fast fertig. Ich ging auf mein Zimmer und wartete, bis ich gerufen wurde. Ich wurde gerufen. Ich ging rein.
    »Na«, sagte mein Vater, »hast du einen Job gefunden?« »Nein.«
»Hör mal, wer arbeiten will, der findet auch Arbeit.« »Möglich.«
»Ich finde es schwer, zu glauben, daß du mein Sohn bist. Du
    hast überhaupt keinen Ehrgeiz. Dir fehlt jeder Antrieb. Teufel nochmal, wie willst du es eigentlich auf dieser Welt zu was bringen?«
    Er schob sich eine Anzahl Erbsen in den Mund. Dann sagte er: »Und was soll dieser Zigarettenqualm hier drin? Puuh! Ich mußte erst mal sämtliche Fenster aufreißen! Die ganze Wohnung war blau vor Qualm!«

11
    Am nächsten Morgen legte ich mich wieder für eine Weile ins Bett, als sie weg waren. Dann ging ich ins Wohnzimmer und sah zwischen den Vorhängen durch. Die junge Hausfrau auf der anderen Straßenseite saß wieder auf ihren Treppenstufen. Das Kleid, das sie diesmal anhatte, sah noch schärfer aus. Ich sah sie lange an. Dann onanierte ich langsam und genußvoll.
    Ich nahm ein Bad und zog mich wieder an. In der Küche fand ich ein paar leere Flaschen, die ich beim Kaufmann zu Geld machte. Weiter unten an der Straße entdeckte ich eine Bar. Ich ging rein und bestellte mir Bier vom Faß. Es waren zahlreiche Besoffene drin; sie fütterten die Musikbox, unterhielten sich laut und lachten. Immer wieder wurde ein neues Bier vor mich hingestellt. Irgend jemand hielt mich frei. Ich trank. Ich begann mich mit dem einen oder anderen zu unterhalten.
    Dann sah ich mal nach draußen. Es war Abend, fast schon Nacht. Die Bierzufuhr riß nicht ab. Die dicke Barbesitzerin und ihr Boyfriend waren nette Menschen.
    Einmal ging ich raus, um mich mit einem zu prügeln. Es war kein guter Kampf. Wir waren beide viel zu betrunken, und in der Asphaltdecke des Parkplatzes waren große Löcher, so daß wir dauernd ins Stolpern kamen. Wir gaben es auf …
    Stunden später erwachte ich auf der roten Polsterbank einer Nische hinten an der Bar. Ich stand auf und sah mich um. Es war niemand mehr da. Die Uhr zeigte 3.15 Uhr. Ich probierte die Tür – sie war verschlossen. Ich ging hinter die Bar und holte mir eine Flasche Bier, ging wieder zurück und setzte mich damit hin. Dann stand ich noch einmal auf und holte mir eine Zigarre und eine Tüte Chips. Als mein Bier alle war, stand ich auf und nahm mir eine Flasche Wodka und eine Flasche Scotch, setzte mich damit hin und mixte das Zeug mit Wasser. Ich rauchte Zigarren und aß geräucherte Häppchen, Chips und hartgekochte Eier.
    Ich trank bis 5 Uhr morgens. Dann brachte ich die Bar in Ordnung, stellte alles weg, schloß die Tür auf und ging raus. In diesem
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