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Faktotum

Faktotum

Titel: Faktotum
Autoren: Charles Bukowski
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Augenblick sah ich einen Streifenwagen ankommen. Während ich den Gehsteig entlangging, fuhren sie langsam hinter mir her.
    Am Ende des Blocks fuhren sie rechts ran. Der Beamte auf dem Beifahrersitz steckte den Kopf durchs Seitenfenster.
»Hey, Kumpel!«
Ihre Scheinwerfer blendeten mich.
»Was machst du hier?«
»Ich bin aufm Heimweg.«
»Wohnst du hier in der Nähe?«
»Ja.«
»Wo?«
»2122 Longwood Avenue.«
»Und was hast du dort in der Bar zu suchen gehabt?«
»Ich mach dort sauber.«
»Wem gehört die Bar?«
»Einer Lady namens Jewel.«
»Steig ein.«
Ich stieg ein.
»Zeig uns, wo du wohnst.«
Sie fuhren mich nach Hause.
»So, jetzt steig aus und drück auf die Klingel.«
Ich ging die Einfahrt rauf. Ich stieg die Stufen hinauf und klingelte. Es machte niemand auf.
Ich klingelte noch einmal, mehrmals. Endlich ging die Tür auf. Meine Mutter und mein Vater standen da. Er im Schlafanzug, sie im Nachthemd.
» Du bist besoffen! « brüllte mein Vater.
»Ja.«
»Woher hast du das Geld, um dich zu besaufen? Du verdienst doch gar kein Geld!«
»Ich werd mir schon ’n Job besorgen.«
    » Du bist besoffen! Du bist besoffen! Mein Sohn ist ein Säufer! Mein Sohn ist ein gottverdammter nichtsnutziger Säufer! «
Die Haare standen meinem Vater in wirren Büscheln vom Kopf ab. Seine buschigen Augenbrauen waren zerzaust, sein Gesicht vom Schlaf verquollen und gerötet.
»Du tust grad so, als hätt’ ich jemand umgebracht«, sagte ich.
» Genau so schlimm isses auch! «
»… ooh, shit …«
Drinnen kam es mir dann plötzlich hoch, und ich kotzte ihnen den Perserteppich voll, in den der Baum des Lebens eingestickt war. Meine Mutter heulte auf. Mein Vater ging auf mich los.
»Weißt du, was wir mit einem Hund machen, wenn er uns auf den Teppich scheißt?«
»Ja.«
Er packte mich hinten im Nacken. Er drückte mich runter, bis ich in der Hüfte einknickte. Er versuchte, mich auf die Knie zu zwingen.
»Dir werd ichs zeigen!«
»Mach das nicht …«
Mein Gesicht war jetzt fast in der Soße.
»Ich werd dir zeigen, wie wirs mit den Hunden machen!«
Ich kam vom Boden hoch und landete einen Aufwärtshaken. Es war ein Volltreffer. Er stolperte rückwärts durchs ganze Zimmer und setzte sich auf die Couch. Ich ging hinterher.
»Steh auf.«
Er saß da. Ich hörte die Stimme meiner Mutter. » Du Hast Deinen Vater Geschlagen! Du Hast Deinen Vater Geschlagen! Du Hast Deinen Vater Geschlagen! «
Sie keifte und riß mir die eine Hälfte meines Gesichts mit ihren Fingernägeln auf.
»Steh auf«, sagte ich zu meinem Vater.
    » Du Hast Deinen Vater Geschlagen! «
    Sie zerkratzte mir wieder das Gesicht. Ich drehte mich um und sah sie an. Sie bearbeitete die andere Hälfte meines Gesichts. Blut lief mir am Hals herunter, weichte mir das Hemd ein, die
    Hosen, die Schuhe, den Teppich. Sie ließ ihre Hände sinken und starrte mich an.

    »Bist du fertig?« fragte ich.

    Sie gab keine Antwort. Ich ging auf mein Zimmer und dachte: Vielleicht doch besser, wenn ich mir einen Job besorge.

12
    Ich blieb in meinem Zimmer, bis sie am nächsten Morgen beide das Haus verlassen hatten. Dann nahm ich mir die Zeitung vor und schlug die Stellenangebote auf. Mein Gesicht schmerzte; mir war immer noch elend. Ich kreuzte einige Sachen an, rasierte mich so gut es ging, schluckte ein paar Aspirintabletten, zog mich an, ging rüber zum Boulevard und hielt den Daumen raus. Die Autos fuhren vorbei. Dann hielt einer. Ich stieg ein.
    »Hank!«
    Es war Timmy Hunter, ein alter Freund von mir. Wir waren zusammen auf dem Los Angeles City College gewesen.
»Was machst du, Hank?«
»Ich such ’n Job.«
»Ich geh jetzt auf die Uni. Southern Cal. Was ist mit deinem Gesicht passiert?«
»Fingernägel. Von ner Frau.«
»Yeah?«
»Yeah. Timmy, ich brauch was zu trinken.«
Timmy parkte vor der nächsten Bar. Wir gingen rein und bestellten zwei Flaschen Bier.
»Was für ne Art von Job suchst du denn?«
»Lagerarbeiter, Packer, Hausmeister.«
»Paß auf, ich hab zuhause ein bißchen Geld. Ich kenne ne gute Bar in Inglewood. Da können wir hin.«
Er wohnte bei seiner Mutter. Wir gingen hinein, und seine alte Dame sah von ihrer Zeitung auf: »Hank, mach mir meinen Timmy ja nicht betrunken.«
»Wie gehts, Mrs. Hunter?«
»Das letzte Mal, als ihr zusammen weg wart, seid ihr beide im Gefängnis gelandet.«
Timmy ging ins Schlafzimmer, deponierte seine Bücher und kam wieder heraus.
»Gehn wir«, sagte er.
    Das Lokal war gestopft voll und machte auf Hawaii. Ein Mann hing am Telefon: »Ihr
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