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Fächerkalt

Fächerkalt

Titel: Fächerkalt
Autoren: Bernd Leix
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fünfmal am Rand
irgendwelcher Dachterrassen, doch mir fehlte immer der Mut.«
    »Dann gehörte
die Ranch der Bank und Sie fanden sich plötzlich in Deutschland wieder?«
    »Jahrzehnte
im Familienbesitz, plötzlich alles weg und trotzdem bezahlte mein Vater mir den
Rückflug.«
    »Verlorener
Sohn im 20. Jahrhundert.«
    »Genau wie
in der Bibel. Sogar mit offenen Armen wurde ich empfangen. Niederlagen machen stark,
das war sein ganzer Kommentar.«
    »Also hat
Ihr Vater an Sie geglaubt. Wurde er noch mal enttäuscht?«
    »Dafür war
er zu vorsichtig. Er nahm mich in die Geschäftsleitung seiner Firma auf, als einen
von drei Geschäftsführern. Klar, dass das nicht lange gut ging. »
    »Villing
– Stahl existiert doch noch immer.«
    »Seit fünf
Jahren ohne mich. ›Das war deine zweite Chance‹, sagte der Alte, als er mich rausnahm.«
    »Stört es
Sie?«, fragte Oskar Lindt, griff nach einer seiner Pfeifen und begann zu stopfen,
ohne eine Antwort abzuwarten.
    Konstantin
von Villing schüttelte den Kopf und zog ein Päckchen Camel aus der Jacke, worauf
der Kommissar ihm den Aschenbecher zuschob und anschließend den Personalausweis
umdrehte.
    »Ist die
Adresse aktuell?«
    Von Villing
nickte. »Theoretisch schon.«
    »Praktisch?«
    »Ich kann
nicht mehr rein.«
    »Schlüsseldienst!«
    »Quatsch,
ich kann nicht … Ich meine, eigentlich könnte ich schon, aber …«
    »Aber?«
    Von Villing
zog angestrengt an seiner Zigarette, inhalierte tief, hob dabei die schmalen Schultern
und drückte den Rauch dann langsam zu den Nasenlöchern hinaus. »Sie hängt im Schrank!«
    Oskar Lindt
kniff die Augen zusammen. »Was hängt im Schrank?« Ein irrsinniger Gedanke fuhr ihm
durch den Kopf. »Oder müsste ich etwa fragen: Wer hängt im Schrank?«
    Sein Gegenüber
nickte kaum wahrnehmbar.
    Der Kommissar
schoss so schnell aus seinem Sessel empor, dass glühende Tabakkrümel aus der Pfeife
spritzten. »Wollen Sie uns veräppeln?« Er drückte den breiten Zeigefinger auf die
Visitenkarte. »›Irene Stoll, Antiquitäten‹ – die hängt im Schrank?«
    »Seit zwei
Wochen«, stieß von Villing gequält aus. »Original Barockschrank, mindestens 17 Mille
wert.«
    »Bemalt?«
    »Intarsien
natürlich, was dachten Sie denn.«
    Jan Sternberg
tauchte in der Türe auf. »Ich fahr dann schon mal vor.«
    »Nichts
da, Jan. Hier geblieben! Auf ein paar Minuten kommt es nicht mehr an.«
    »Sie glauben
mir nicht? Stimmt’s?«
    Der massige
Kommissar ließ sich wieder fallen und stieß eine Rauchwolke aus, die jeder Dampflok
Ehre gemacht hätte. »Wir erleben hier ja allerhand, aber in Schränken hängen normalerweise
Kleider und keine Menschen.«
    »Außerdem«,
mischte sich Paul Wellmann ein, »sind diese alten Dinger doch nicht besonders hoch.
Wie soll sich denn da jemand …?«
    »Denken
Sie, ich spinne?« Von Villing bekam einen verzweifelten Blick. »Bitte, so glauben
Sie mir doch. Und außerdem hat sie sich nicht selbst …«
    »Sondern?«
    »Wie ich
schon sagte …«
    »Sie haben
diese Frau auf dem Gewissen«, stellte Lindt fest, rollte mit den Augen und stemmte
sich empor. »Also gut, Zeit für einen kleinen Ausflug. Wenn Sie vorher bitte so
freundlich wären, den Inhalt Ihrer Taschen hier auf den Tisch zu legen.«
    Dann zeigte
er auf Sternberg. »Unser Kollege in der Tür dort, der wird Sie abtasten.«
    »Muss das
sein?«
    »Sie wollten
doch festgenommen werden. Das gehört dazu.«
    Widerwillig
zog der schmale dunkelhaarige Mann seine feuchte Wachsjacke aus und hängte sie über
den Stuhl. »Die ist leer.«
    Jan Sternberg
hatte sich bereits Handschuhe übergestreift und untersuchte das stark müffelnde
Teil, während von Villing widerwillig den Tascheninhalt seiner Jeans auf die Tischplatte
legte: ein Schlüssel an einer langen vernickelten Kette, ein kleines Taschenmesser
und eine dünne lederne Geldbörse. »Auch leer!«, stellte er fest und zog sie auseinander.
Dann hob er die Arme und drehte sich zu Sternberg. »Bitte!«

2
     
    Zehn Minuten später, der Regenschauer
war vorüber, öffnete sich das Hoftor des Karlsruher Polizeipräsidiums und ein weinroter
Citroën XM fuhr heraus – am Steuer Oskar Lindt, Paul Wellmann daneben und auf den
weichen Polstern des Rücksitzes Jan Sternberg und ein übel riechendes Häufchen Elend.
    »Wo haben
Sie die letzten Tage verbracht?«, wollte Lindt wissen und schielte in den Rückspiegel,
um von Villings Gesicht zu sehen.
    »Ich eigne
mich nicht zum Leben auf der Straße, das habe ich jedenfalls
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