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Fächerkalt

Fächerkalt

Titel: Fächerkalt
Autoren: Bernd Leix
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deutlich gemerkt. Außerdem
sind die besten Schlafplätze eh vergeben.«
    »Die trockenen
und warmen, meinen Sie?«
    Er nickte.
»Einer hat mir ’ne Decke gegeben. Als es mich überall gejuckt hat, da hab ich gemerkt,
das war die Zweitdecke von seinem Hund.«
    Der Kommissar
schüttelte sich beim Gedanken an eine Flohjagd in den Samtpolstern des Citroën.
»Ich hoffe, die Tierchen haben wieder von Ihnen abgelassen, nicht dass wir diesen
schönen Wagen hier noch ausnebeln müssen«, sprach’s und drückte den elektrischen
Fensterheber, um den Qualm seiner Pfeife aus dem Wagen zu lassen. Tatsächlich überdeckte
der Rauch des Presstabaks die Ausdünstungen der Stinkbombe auf dem Rücksitz ziemlich
gut.
    »Da vorne
links.«
    »Wissen
wir schon.« Lindt nickte und dachte an einen Fall von Brandstiftung, der sich vor
Jahren in derselben Straße, hier im Karlsruher Stadtteil Knielingen, ereignet hatte.
    Vor einem
hohen, schwarz gestrichenen, kunstvoll geschmiedeten Eisentor hielten sie an. Von
Villing machte keine Anstalten, auszusteigen. »Das Tor ist immer offen.« Er reichte
dem Kommissar die lange, dünne Metallkette mit dem anhängenden Schlüssel. »Passt
überall. Der Schrank steht hinten in der Scheune.«
    »Los, kommen
Sie!«, befahl Lindt. »Wenigstens bis in den Hof.«
    Von Villings
Augen weiteten sich und er begann kaum merklich zu zittern. »Auf keinen Fall!« Er
klammerte sich am Griff der Wagentür fest. »Niemals mehr kann ich da hinein.«
    »Sie wohnen
doch da!«
    »Jetzt nicht
mehr. Und meine paar Sachen, die können Sie gleich mit rausbringen.«
    Der Kommissar
legte die Stirn in Falten. »Mann oder Memme?«, herrschte er das stinkende Bündel
an. »Stellen Sie sich der Realität!«
    Von Villing
krümmte sich zusammen, zitterte jetzt deutlich und presste stumm seinen Kopf auf
die Brust.
    »Jan, schließ
ihn am Griff fest«, wies der Leiter der Karlsruher Mordkommission seinen Kollegen
an, dann wuchtete er sich aus den weichen Polstern des dunkelroten Franzosen.
    Lindt drückte
die schwere Eisenklinke nach unten und ohne den geringsten Laut schwang die schmälere
Hälfte des glänzend schwarzen Tors zurück. »Behalt ihn im Auge«, raunte er Paul
Wellmann zu und schritt zusammen mit Jan Sternberg nachdenklich über das Kopfsteinpflaster
hinein. Über einen langen, schmalen Durchlass – kaum so breit wie ein Lieferwagen
– gelangten sie in einen weitläufigen Innenhof, allseitig begrenzt von Gebäuden
oder hohen Sandsteinmauern. Von der Straße aus konnte man durch die Gitterstäbe
des Tores zwar einen kleinen Bereich des Hofes einsehen – der überwiegende Teil
blieb neugierigen Blicken jedoch verborgen.
    Lindt drehte
sich einmal um die eigene Achse. Roter Sandstein, wo er auch hinsah. Das Wohnhaus
vorn an der Straße, die große alte Scheune im Hintergrund, beide verbunden durch
einen etwas niedrigeren Querbau, auf der anderen Seite eine hohe Umfassungsmauer
und der fensterlose Giebel des Nachbarhauses.
    »Nackt«,
kommentierte Jan Sternberg und sprach aus, was auch Lindts erster Eindruck war.
»Völlig nackt, auffallend nackt!«
    Nicht der
kleinste Gegenstand befand sich im Hofraum. Keine Sitzbank, kein Mülleimer, kein
Fahrrad – einfach nichts. Selbst die spärlich zwischen den Pflastersteinen sprießenden
Grashalme konnte man vermutlich an den Fingern zweier Hände abzählen.
    Keine Werbetafel,
kein Firmenschild, selbst der Briefkasten neben der dunklen Haustür war ohne Aufschrift.
Nichts, wirklich gar nichts, was darauf hindeutete, dass sich hier der Firmensitz
eines Antiquitätengeschäftes befand.
    »Von Laufkundschaft
hat die bestimmt nicht gelebt«, meinte Jan, ging zielstrebig auf das große Scheunentor
zu und versuchte, den Riegel zurückzuschieben. »Nichts zu machen, Chef.« Er schüttelte
den Kopf und zeigte auf eine Seitentür aus dunkelbraunem Eichenholz. »Versuchen
Sie es mal mit dem Schlüssel?«
    Lindt reichte
seinem Mitarbeiter blaue Latexhandschuhe, dann zog er halb fröstelnd die Schultern
hoch. »Also ich fühl mich hier nicht wohl.« Gewohnheitsmäßig schaute er sich noch
einmal um und musterte dabei besonders die Fenster des Wohnhauses.
    Er kniff
die Augen zusammen. War da eine hastige Bewegung hinter den Fensterscheiben im Obergeschoss?
Nein, eine Täuschung, vielleicht ein Lichtreflex. Gardinen gab es jedenfalls an
keinem der Fenster. Konnte man eigentlich auch von der Straßenseite aus ins Haus
gelangen? Ein vorderer Eingang war ihm gar nicht
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