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EwigLeid

EwigLeid

Titel: EwigLeid
Autoren: Virna Depaul
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Verstärkung. Oder etwas zu essen …“
    „Ohne mir Bescheid zu sagen? Ohne mit eigenen Augen zu sehen, dass ich ins Krankenhaus verfrachtet werde? Nein, Bo. Hör zu“, presste Jase hervor. „Carrie ist verschwunden. Hilf mir auf die Beine, verdammt noch mal, damit ich sie suchen kann. Bitte.“
    Bo war Jase beim Aufstehen behilflich.
    „Die Kameras“, keuchte er. „Er beobachtet uns. Irgendwie hat er Carrie in seine Gewalt gebracht.“
    „Aber warum? Warum soll sie weggefahren sein, ohne uns ein Wort zu sagen?“
    „Weil seine Kameras auf uns gerichtet sind. Weil er eine unschuldige Frau als Geisel genommen hat. Und weil sie Carrie ist. Sie …“
    Jase unterbrach sich, als er sah, wie sein Handy aufleuchtete. Eine SMS war eingegangen. Er blickte aufs Display.
    Suchst du jemanden? Sie ist am Tatort. Rate mal, an welchem. Komm allein. Sehe ich jemanden außer dir, ist sie tot. Wie die Psychologin.
    Brad packte Carrie bei ihren Fesseln und zog sie hoch. Ein Fünkchen Hoffnung glomm in ihr auf, als sie spürte, dass er das Seil durchschnitt, das ihre Hände mit den Füßen verband. Die Spannung in Rücken und Nacken ließ nach. Sie würde zuschlagen, sobald er auch die übrigen Fesseln gelöst hatte, doch dazu kam es nicht. Hände und Füße blieben gefesselt, als er sie hochhob, auf einen Stuhl mit gerader Lehne setzte, sodass die Hände auf ihrem Rücken gequetscht wurden, bevor er sie mit einem Seil um die Brust an den Stuhl band. Sie spürte, wie er ihr einen sanften Kuss auf die Wange gab, und sein warmer Atem streifte ihr Gesicht.
    „Du bist das Erste, was die Frau sieht, wenn sie aufwacht. Eine Sekunde lang wird sie hoffen. Sich fragen, ob du gekommen bist, um sie zu retten. Dann wird sie verstehen, dass es gleichgültig ist. Dass ich euch beide töten werde. Dann wird sie sehen, wer ich wirklich bin, und du siehst es auch.“ Ohne Vorwarnung zog er ihr das Isolierband von den Augen, ohne Rücksicht darauf, dass er Haut und Haare abriss.Carrie schnappte unwillkürlich nach Luft, biss sich dann aber auf die Unterlippe und gab keinen Laut mehr von sich.
    Behutsam blinzelte sie, gewöhnte ihre Augen ans Licht und fixierte dann den Mann, der vor ihr stand. Er winkte neckisch mit den Fingern einer Hand und lächelte herausfordernd.
    „Hallöchen.“
    Ja, er war es. Brad Turner. Der hübsche Junge mit dem Kindergesicht und dem makellosen Teint. Von Narben keine Spur.
    Der Mann, den sie und Jase falsch eingeschätzt hatten.
    Hatten sie auch das Motiv für seine Morde falsch eingeschätzt? Immerhin hatte er sich wegen einer Entstellung an Bowers gewandt, doch Bowers hatte sie behoben. So sah es zumindest aus.
    Carrie blickte sich hastig in dem Raum um. Sah eine Frau, die Lana erschreckend ähnlich war, zusammengekrümmt in der Ecke liegen. Sie atmete, sie lebte also. Noch.
    Sie richtete den Blick wieder auf Turner.
    Sie hatten gedacht, seine Narben wären der Grund für sein Morden.
    Doch er hatte keine Narben, keine, sie die sehen konnte.
    Keine Narben, demnach auch kein Motiv.
    War sein Gerede über Schönheit und Macht nur ein Ablenkungsmanöver? „Du siehst sehr gut aus.“ Das war natürlich nicht als Kompliment gemeint, doch er verstand es als eines.
    Er lachte. „Danke. Das hatte seinen Preis, sag ich dir.“
    „Dein Gerede über Narben war also nur Quatsch?“
    Er legte die Hand aufs Herz, als hätte sie ihn tief gekränkt. „Natürlich nicht. Verstehst du denn nicht? Deswegen habe ich getötet. Ich bin mit einem Feuermal auf die Welt gekommen. Es bedeckte mein Gesicht zur Hälfte und hat mir als Heranwachsendem großen Kummer beschert. Weißt du, wie das ist? Wenn man die Missgeburt ist, die alle anstarren? Wenn die eigenen Eltern einen weggeben, weil sie den Anblick nicht ertragen?“
    Carrie schnaubte verächtlich, ohne eine Spur von Mitgefühl. „Ich weiß sehr gut, wie es ist, ein Außenseiter zu sein. Das gibt dir aber nicht das Recht, durchzudrehen und Menschen zu töten.“
    Er trat vor sie hin und ohrfeigte sie heftig. Dann rang er sichtlich um Beherrschung. Er lachte wieder; es klang schrill und nervös. „Sei nicht so herablassend. Das ist wohl kaum zu vergleichen. Die Entstellung hatte ich mir nicht ausgesucht. Ich habe alles versucht. Habe Tausende Dollar für Laser-Operationen bezahlt. Eine schmerzhafte Prozedur nach der anderen, ausgeführt von diesem verdammten verrückten Quacksalber Odell Bowers. Ohne Erfolg. Ich bin ihm sogar von Fresno nach San Francisco gefolgt, aber das Mal
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