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Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Titel: Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung
Autoren: Claudia Gray
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lernen wollte, würde ich mir nicht unbedingt einen Ort aussuchen, an dem man Uniform trägt.«
    Balthazars Mund zuckte. Courtney kniff die Augen zusammen, aber ihr Lächeln wurde nur noch breiter, als sie mein unförmiges, keineswegs maßgeschneidertes Sweatshirt und meinen karierten Rock musterte. »Ganz offensichtlich hast du kein Interesse daran, irgendetwas über Mode zu lernen.« Sie klopfte Balthazar auf die Schulter. »Wir können ja nachher noch plaudern.« Damit stolzierte Courtney davon, und ihr langer, blonder Pferdeschwanz hüpfte beim Gehen von einer Seite zur anderen.
    »Ich hatte eigentlich vorgehabt, dieses Jahr besser mit ihr auszukommen«, murmelte ich. »Vielleicht habe ich mich doch nicht so sehr verändert, wie ich gedacht hatte.«
    »Versuch dich doch nicht zu verändern. Du bist toll, wie du bist.«
    Schüchtern blickte ich zur Seite. Ein Teil von mir dachte: O nein, ich muss Balthazar schon wieder enttäuschen . Der andere Teil kam nicht dagegen an, dass es mir gut gefiel, so etwas von ihm zu hören. Den ganzen Sommer über war ich so einsam gewesen ohne Lucas, ohne überhaupt irgendjemanden. Nun zu wissen, dass es da jemanden gab, dem ich etwas bedeutete, das war, als ob ich nach Monaten der Kälte endlich eine Decke bekommen hätte.
    Bevor mir noch eine gute Erwiderung eingefallen war, senkte sich Stille über die Menge. Instinktiv drehten wir uns zum Podium am anderen Ende der Großen Halle um. Mrs. Bethany setzte zu ihrer Rede an.
    Sie trug einen schmalen, grauen Hosenanzug, der weitaus mehr nach Kleidung aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert aussah als alles, was sie sonst so trug. Und er unterstrich ihre strenge Schönheit. Mrs. Bethanys dunkles Haar war zu einem eleganten Knoten hochgesteckt, und schwarze Perlen funkelten an ihren Ohrläppchen. Anstatt die Schüler anzuschauen, suchten sich ihre dunklen Augen einen Punkt knapp über unseren Köpfen, als wären wir kaum sichtbar für sie.
    »Willkommen in Evernight.« Ihre Stimme tönte durch die Große Halle. Alle Schüler stellten sich etwas aufrechter hin. »Einige von Ihnen waren schon früher bei uns. Andere haben schon seit Jahren von der Evernight-Akademie gehört, vielleicht von ihren Familien, und sich immer gefragt, ob sie eines Tages in unsere Schule eintreten werden.«
    Es war die gleiche Rede, die sie schon letztes Jahr gehalten hatte, aber dieses Mal schien ich sie mit anderen Ohren zu hören. Mir fielen die Lügen in jedem sorgfältig ausgewählten Satz auf, mit dem sie sich an die Vampire im Raum wandte, die hier schon seit zwanzig oder auch zweihundert Jahren zur Schule gingen.
    Als ob sie meine Gedanken gehört hätte, sah Mrs. Bethany plötzlich zu mir her; ihr raubvogelhafter Blick schnitt durch die Menge. Ich erstarrte und erwartete halb, sie würde mich beschuldigen, in ihr Haus eingebrochen zu sein, während sie fort war.
    Doch sie tat etwas viel Überraschenderes. Sie wich von ihren Aufzeichnungen ab.
    »Die Evernight-Akademie bedeutet für jeden, der hierherkommt, etwas anderes«, fuhr Mrs. Bethany fort. »Sie ist ein Ort des Lernens, der Tradition und für einige auch ein Ort der Zuflucht.«
    Nur dann, wenn du eine blutsaugende Kreatur der Nacht bist , dachte ich. Ansonsten hat es sich was mit Zufluchtsort.
    Mit einer Hand machte sie eine Geste in Richtung der neuen Schüler, und ihre langen Fingernägel glänzten blutrot im Licht, das durch die bunten Glasfenster hereinströmte. Zu meiner Überraschung wandte sie sich gesondert an die menschlichen Schüler - obwohl die natürlich nicht verstehen konnten, warum. »Um das Beste aus Ihrer Zeit hier in Evernight zu machen, müssen Sie herausfinden, was diese Schule für Ihre Klassenkameraden bedeutet. Deshalb ermuntere ich die Erfahreneren unter Ihnen, sich der neuen Schüler in Ihren Reihen anzunehmen. Nehmen Sie sie unter Ihre Fittiche. Versuchen Sie, mehr über ihr Leben, ihre Interessen und ihre Vergangenheit zu erfahren. Nur auf diese Weise kann Evernight seine wahren Ziele erreichen.«
    Einige Leute klatschten unsicher Beifall; es waren die Menschen, die keine Ahnung hatten. »Okay, das war seltsam«, murmelte Balthazar während des dünnen Applauses. »Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, ich hätte gerade gehört, wie Mrs. Bethany uns alle bittet, nett zueinander zu sein.«
    Ich nickte. Meine Gedanken rasten. Warum wollte Mrs. Bethany, dass sich die Vampire den menschlichen Schülern enger anschlossen? Wenn sie nicht wollte, dass Menschen
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