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Eva Indra

Eva Indra

Titel: Eva Indra
Autoren: Bis aufs Blut
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entgegnete er ernst.
    Anna brach in Tränen aus, denn der Mann trieb sie in die Enge und das machte ihr Angst. Mehr Angst jedenfalls, als in dieser Gasse allein auf dem Boden kauernd zurückzubleiben. Aber ihr Retter sah die Sachlage wohl etwas anders, denn er hatte sie gegen ihren Willen um die Hüfte gepackt und aus der Dunkelheit der Gasse in ein Taxi getragen.
    „Wie heißt du?“, fragte er sie im Taxi, nahm ein frisches Taschentuch aus seiner Manteltasche und reichte es ihr.
    „Anna“, antwortete sie völlig erschöpft unter Tränen.
    „Anna“, wiederholte er laut. „Ich heiße Leonard, Leonard Floyd.“
    11

Eva Indra Bis aufs Blut
    Kapitel 3
    Athletisch sprang Alex L. Wright auf den Freccia Adriatica. Auf die letzte Minute hatte er den Zug noch erreicht. Es war der einzige Zug auf dem Bahnsteig gewesen und er war sich sicher, dass die Frau nach der er suchte, in diesem Zug war. Sein Instinkt sagte es ihm, aber wo zum Teufel war sie nur?
    Alex war ein Mann der Tat und ungeduldig von Natur aus. Sein schwarzes, glattes Haar hing ihm verschwitzt ins unrasierte Gesicht und auch sonst war eigentlich alles schwarz an ihm: Sein schwarzes Baumwolle T-Shirt klebte voller Schweiß an seinem hageren Oberkörper, seine langen Beine dampften in den dicken schwarzen Levis, seine Füße matschten in der salzigen Brühe seiner Turnschuhe und seine Hände hielten, obwohl klebrig und feucht, beharrlich an seiner schwarzen Sporttasche fest. Es war ein Fehler gewesen, in schwarzen Sachen ins heiße Italien zu reisen, denn er stand buchstäblich im eigenen Saft und das von Kopf bis Fuß. Dennoch hetzte er dynamisch durch diesen engen, stickigen Korridor des Zuges wie ein Marathonläufer auf seinen ersten hundert Metern und blickte, obwohl in Eile, gewissenhaft in jedes erdenkliche Abteil. Er hatte schon drei Waggons hinter sich gebracht, als sich der Zug schließlich schleppend in Bewegung setzte und Alex einen kurzen Blick aus dem Fenster warf. Winkende Hände verabschiedeten die ebenfalls Winkenden im Zug. R ücksichtslos zwängte Alex sich durch die ihm den Weg verstellenden Mitreisenden, überschritt mit großen langen Schritten die diversen Koffer und Taschen, die unbesonnen auf dem Gang abgestellt waren. Tropisch heiß war es im Zug, unerträglich heiß und das, obwohl die Fenster im Gang sogar einen Spalt geöffnet waren. Der Regen peitschte stürmisch an die angelaufenen Fensterscheiben, doch weder der kleine Luftzug ,der erfrischend in den Zug strömte, noch die paar Regentropfen, die durch den Fahrtwind in den Zug drangen und auf Alex’ Haut in Windeseile verdunsteten, vermochten seinen erhitzten Leib zu kühlen. Er war mit den schwülen Nächten Italiens nicht vertraut, denn es war seine erste Reise nach Italien. Er hätte dieses Land gerne unter anderen Umständen kennen gelernt, aber dazu würde es nicht mehr kommen. Er hatte die letzten Ereignisse noch nicht einmal verarbeitet, er erlaubte es sich nicht. Viel zu sehr war er darauf bedacht, das in seinen Besitz zu nehmen, weshalb er gekommen war. Doch soweit war es noch nicht. Sollte er sich geirrt haben und diese Frau nicht im Zug sein, so wusste er eigentlich nicht, wie er sie je wiederfinden sollte.
    Nur für einen Augenblick hatte er sie gesehen, als sie aus der Villa gestürmt war, aber das musste eben genügen. Er hatte es wirklich nicht notwendig, Frauen nachzulaufen. Aber diese hatte etwas bei sich, das es nur ein Mal gab: Eines der kostbarsten Bücher der Welt. Er hatte nun die Mitte des Zuges erreicht, ohne sie gefunden zu haben. Er hatte die Anzahl der Waggons unterschätzt. Er versuchte sich noch mal ihr Bild vorzustellen: Blondes langes Haar, gute Figur, das müsste doch reichen. Er kam vor ein Abteil mit zugezogenen Vorhängen und zögerte. Zweifelnd öffnete er die Schiebetüre und schob den Vorhang zur Seite. Erstaunlicherweise war das Abteil leer. Aber ein unerklärliches Gefühl sagte ihm, dass das ihr Abteil war. Er wollte einfach, dass es ihr Abteil war. Gemächlich nahm er in einem der rot gepolsterten Sitze Platz, schob den Vorhang wieder zu und blickte neugierig um sich. Wartenderweise wog er ab, ob es besser wäre hier auszuharren oder weiter zu suchen. Immer noch mit der Beantwortung dieser Frage beschäftigt, öffnete jemand sacht die Türe des Abteils. Doch noch konnte er die Person nicht sehen, denn er hatte den Vorhang des Abteils wieder zugezogen. Gespannt hielt er den Atem an. Der Kondukteur war wohl ebenso überrascht wie Alex,
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