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Eva Indra

Eva Indra

Titel: Eva Indra
Autoren: Bis aufs Blut
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entlang der Eisenstange wickeln sollte, welche auf der Bühne angebracht war. Anna hatte ihr nur halbherzig zugesehen, denn das Einzige was sie interessierte war, diesen peinlichen Auftritt so schnell wie möglich hinter sich zu bringen.
    Zu dem Zeitpunkt, als sie letztendlich auf die Bühne trat, war sie so aufgewühlt, dass Lampenfieber erst gar nicht aufflammte. Vielleicht war es diese aufgeladene Wut
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Eva Indra Bis aufs Blut
    in ihrem Bauch, vielleicht der Umstand, dass sie ihr Publikum durch das grell blendende Scheinwerferlicht kaum sehen konnte, jedenfalls legte sie eine derartige gute Show hin, dass die Zuschauer in einen ekstatischen Jubelsturm verfielen und laut nach einer Zugabe riefen. Vielleicht war es das Geld, das man ihr bezahlte. Denn es war für einen einzigen Auftritt genauso viel, wie sie in einem ganzen Monat in dem Café verdiente oder es war der Genuss des tosenden Applauses, der Anna dazu bewogen hatte, von nun an jeden Abend in dem Klub zu tanzen. Bis - bis zu dem Tag, an dem etwas Grausames geschah, etwas, was sie für den Rest ihres Lebens nicht vergessen sollte und sie demzufolge nie wieder in dem Klub tanzte.
    Es war so gegen drei Uhr morgens gewesen, als Anna wie jede Nacht durch den Personalausgang den Klub verließ. Es regnete in dieser Nacht und Anna hatte ihren Schirm aufgespannt. Außerdem war es bitter kalt und der Wind peitschte ihr den Regen fast waagrecht ins Gesicht. Der Ausgang führte in eine dunkle Gasse. Anna war unheimlich zumute, schon wegen der Ratten. Sie selbst hatte zwar noch nie eine gesehen, aber ihre Kolleginnen hatten ihr davon erzählt und das genügte Anna, so dass sie trotz der hohen Absätze ihrer Schuhe und dem Kopfsteinpflaster durch die Straße eilte. Schon sah sie das Licht der belebten Shaftsbury Avenue, schon wähnte sie sich gedanklich in Sicherheit, als sie plötzlich grob von hinten um den Mund und Oberkörper ergriffen und gewaltsam gegen die Backsteinwand geschleudert wurde. Ihr Schirm fiel ihr aus der Hand und wurde vom Sturm durch die Straße gepeitscht. Anna hatte den Angreifer durch den starken, dröhnenden Regen weder gehört, noch durch den Schirm gesehen, der ihr die Sicht genommen hatte. Deshalb war sie umso entsetzter, regelrecht im Schock, als dieser Mann nun vor ihr stand und Anna mit seinem ganzen Körpergewicht dicht an die Hauswand presste. Anna hatte vom ersten Augenblick an Angst vor ihm, als sie in seine wirren Augen sah. Er wirkte verstört und dennoch schien er zu wissen, was er wollte. Sie begriff zunächst überhaupt nicht, dass es dabei um sie ging. Seine ganze Erscheinung war so grotesk, dass sie die Ernsthaftigkeit ihrer Lage nicht gleich erkannte. Sein Mantel war gänzlich durchnässt, sein schwarzes Haar fiel in nassen, dicken Strähnen in sein Gesicht und er stank aufdringlich nach Bier und Nikotin.
    „Hey, was machst du?!“, schrie sie aufbrausend und versuchte ihn mit Händen und Füßen von sich zu stoßen, als könnte es sich hier nur um ein Versehen handeln. „Du Schlampe!“, stieß er keuchend aus.
    Diese zwei Worte aus dem Mund dieses Mannes versetzten Anna umgehend in die absolute Panik. Jetzt endlich begriff sie. Verzweifelt und erneut mit all ihrer Kraft versuchte sie, sich von dem Fremden loszulösen. Aber er war viel zu wuchtig, als dass sie jemals eine Chance gehabt hätte, sich aus seinen Klauen zu befreien. Ganz im Gegenteil - es sollte noch schlimmer kommen: Mit einem Mal hatte er ein Messer aus seiner Manteltasche gezogen und es an ihren Hals gesetzt. Anna tat instinktiv das Richtige und wollte so laut schreien, wie sie nur konnte. Doch noch bevor ein Laut aus ihrer Kehle kam, hatte er schon seine Hand auf ihren Mund gelegt und ihren gellenden Schrei dadurch erstickt.
    „Wenn du nochmals schreist, bringe ich dich um!“, nuschelte er Anna ins Ohr. Anna hatte gehorsam genickt und ohne auch nur einen weiteren Laut von sich zu geben, beobachtete sie angstschlotternd, wie er mit der Spitze des Messers langsam den Konturen ihres Körpers entlang fuhr. Sein Versuch, Anna damit einzuschüchtern, war ihm gelungen; denn obwohl er nun seine Hand von ihrem Mund genommen hatte, hatte es Anna nicht noch einmal gewagt zu schreien. Statt dessen rollten Tränen der Angst an ihren heißen Wangen herab, während der Mann hektisch an den Knöpfen ihres Mantels zerrte, so unbeherrscht, dass sie schließlich absprangen. Anna stockte vor Angst der Atem, als seine kalte, raue Hand durch ihre Bluse griff und nach ihren
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