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Etwas ist faul

Etwas ist faul

Titel: Etwas ist faul
Autoren: Agatha Christie
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Tisch, was Mrs St. Vincent Sorgen bereitete. Doch Quentin beruhigte sie. Es sei von Lord Listerdales Landsitz »King’s Cheviot« geschickt worden, oder von seiner Jagd in Yorkshire.
    »So war es immer üblich, Madam«, pflegte er zu sagen.
    Insgeheim bezweifelte Mrs St. Vincent, dass der abwesende Lord Listerdale mit dieser Behauptung einverstanden sein würde. Sie hatte vielmehr den Verdacht, dass Quentin sich Befugnisse seines Herrn anmaßte. Es war klar, dass er Gefallen an ihr und den Kindern fand und für sie in seinen Augen nichts gut genug war.
    Durch Ruperts Bemerkung war damals ihre Neugier erwacht, und bei ihrem nächsten Besuch im Maklerbüro hatte sie vorsichtig die Sprache auf Lord Listerdale gebracht. Der weißhaarige Gentleman hatte sich sofort dazu geäußert.
    Ja, Lord Listerdale sei in Ostafrika, schon seit achtzehn Monaten.
    »Unser Klient ist ein ziemlich exzentrischer Mann«, sagte er und lächelte breit. »Er verließ London auf höchst unkonventionelle Art, wie Sie vielleicht wissen. Er sagte zu niemand ein Wort. Die Zeitungen bekamen Wind davon. Sogar Scotland Yard interessierte sich für die Sache. Glücklicherweise kam von Lord Listerdale selbst Nachricht, aus Ostafrika. Er erteilte seinem Vetter, Oberst Carfax, Handlungsvollmacht. Oberst Carfax ist es auch, der jetzt für Lord Listerdale alle Geschäfte führt. Ja, ziemlich exzentrisch, fürchte ich. Er ist immer viel in der Wildnis herumgereist – möglich, dass er für lange Zeit nicht nach England zurückkehrt, obwohl er auch schon in die Jahre kommt.«
    »Sicherlich ist er noch nicht sehr alt«, sagte Mrs St. Vincent, die sich plötzlich einbildete, sein gutmütiges bärtiges Gesicht einmal in einer Illustrierten gesehen zu haben. Das Bild hatte sie an einen mittelalterlichen Seemann erinnert.
    »Im besten Alter«, antwortete der weißhaarige Gentleman. »Im Debrett steht, dass er dreiundfünfzig ist.«
    Von dieser Unterhaltung hatte Mrs St. Vincent Rupert erzählt, weil sie dem jungen Mann einen Dämpfer geben wollte.
    Doch Rupert blieb unbeeindruckt.
    »Ich finde, die Sache sieht noch viel fauler aus, als ich dachte«, sagte er. »Wer ist dieser Oberst Carfax eigentlich? Vermutlich erbt er den Titel, wenn Listerdale was zustößt. Der Brief aus Ostafrika war sicher gefälscht. In drei Jahren oder so wird dieser Carfax ihn für tot erklären lassen und sich seinen Titel aneignen. Inzwischen verwaltet er den ganzen Besitz. Na, wenn das nicht zum Himmel stinkt!«
    Er hatte sich herabgelassen zuzugeben, dass das Haus ihm gefiel. In seiner Freizeit klopfte er manchmal eine Täfelung ab und maß die Wände genau nach, weil er hoffte, er könne ein Geheimzimmer finden, aber nach und nach ließ sein Interesse für den geheimnisvollen Lord Listerdale nach. Auch was die Tochter des Tabakhändlers anging, war er nicht mehr so begeistert. Atmosphäre spielt eben eine wichtige Rolle.
    Für Barbara war das Haus ein großer Gewinn. Jim Masterton hatte die Familie besucht und war jetzt ein häufiger Gast. Er und Mrs St. Vincent verstanden sich prächtig. Eines Tages machte er eine Bemerkung zu Barbara, die diese verblüffte.
    »Dieses Haus ist ein großartiger Rahmen für deine Mutter, findest du nicht?«
    »Für meine Mutter?«
    »Ja. Als wäre es für sie gebaut worden. Es passt zu ihr auf eine ganz seltsame Weise. Es hat eine komische Atmosphäre, irgendwie unheimlich, geisterhaft.«
    »Du bist genau wie Rupert«, beschwerte sich Barbara. »Er glaubt felsenfest, dass der verrückte Oberst Carfax Lord Listerdale ermordete und die Leiche unter dem Fußboden versteckte.«
    Masterton lachte.
    »Ich bewundere Ruperts kriminalistische Fantasie. Nein, so was meinte ich nicht. Aber irgendetwas liegt in der Luft, eine rätselhafte Stimmung, die ich nicht genau erklären kann.«
     
    Sie wohnten drei Monate in Cheviot Place 7, als Barbara ihrer Mutter mit glücklichem Gesicht erzählte: »Jim und ich – wir haben uns verlobt. Ja, gestern Abend! Ach, Mama, es ist wie im Märchen.«
    »Meine Liebe! Ich freue mich so – so sehr.«
    Mutter und Tochter umarmten sich.
    »Weißt du eigentlich, dass Jim fast genauso heftig in dich verliebt ist wie in mich?«, fragte Barbara schließlich mit einem kleinen mutwilligen Lachen.
    Mrs St. Vincent errötete, was ihr sehr gut stand.
    »Wirklich, es stimmt«, beharrte Barbara. »Du dachtest, das Haus würde die richtige Umgebung für mich sein, und dabei passt es viel besser zu dir. Rupert und ich – wir gehören
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