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Essen kann jeder

Essen kann jeder

Titel: Essen kann jeder
Autoren: Philipp Weber
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auch à la carte bestellen: Wir bieten 40 Wässer aus 18 Ländern an.« Dann hielt er mir die Wasserkarte unter die Nase.
    Mein persönlicher Liebling war »CLOUD JUICE«, übersetzt »Wolkensaft«! Flugs holte ich mein iPad raus und las auf der Herstellerwebsite nach: »Eine Flasche CLOUD JUICE enthält 9750 Tropfen Wolkensaft aus Tasmanien – der regenreichsten Region dieser Erde. Genießen Sie dieses außergewöhnliche Wasser, welches auch als ›die Tränen Gottes‹ bezeichnet wird.« Bei 26 Euro pro Flasche fange auch ich an zu flennen! Wie viel Wasser muss man denn im Kopf haben, um Regen für 0,2 Cent pro Tropfen zu kaufen?
    Neugierig machte mich auf der Karte auch ein Soda namens »10 Thousand BC Premiumwasser«. Wieder konsultiere ich das Internet: »10 Thousand BC Premiumwasser – reinstes Gletscherwasser aus Kanada.« Ist das nicht bitter? Dass in Zeiten der globalen Klimaerwärmung Gletscher schmelzen, ist eine Sache. Aber die verflossenen Eisberge dann noch im Nobelrestaurant zum Hummer zu servieren?
    Auch für Otto Normalverbraucher halten die Lebensmittel konzerne ein wahres Füllhorn an trendigen Wellnesswässerchen parat. Neulich stieß ich im Supermarkt auf einen Sprudel mit »aktivem Sauerstoff«. Sechs Jahre lang habe ich Chemie studiert – und keinen blassen Schimmer, was genau »aktiver Sauerstoff« sein soll. Ozon wird in der Wissenschaft manchmal so genannt. Ist Ozon gesund? Sollte ich im Hochsommer öfter mal neben einer Autobahn joggen gehen? Auch bei der Knallgasreaktion könnte man sagen, dass da so was wie »aktiver Sauerstoff« im Spiel ist. Handelt es sich also um eine Art Sportgetränk für Selbstmordattentäter? Davon mal abgesehen: Wenn man Sauerstoff trinkt, landet er im Magen. Und was soll er da machen? Der Magen kann mit Sauerstoff genauso viel anfangen wie die Lunge mit einem verschluckten Leberwurstbrötchen.
    Ich möchte zu gern wissen, was die Jungs in ihren Entwicklungslaboren den ganzen Tag rauchen. Was halten Sie zum Beispiel von »Aqua Luna«, das vom Hersteller als lebendiges Wasser aus Vollmondabfüllung angepriesen wird? Ich muss bei »lebendigem Wasser« jedenfalls sofort an Mikroorganismen denken und zur Vorsicht raten. Wie sagt eine alte chinesische Weisheit: Je lebendiger das Wasser, desto dünnflüssiger der Stuhl.
    Es lebe das Leitungswasser!
    Zweifelsohne hat der Wasserkonsum heute eine geradezu spirituelle Dimension erreicht: Wasser ist Leben. Wasser ist Reinheit und Klarheit in einer schmutzigen und undurchsichtigen Welt. Vor allem aber ist Wasser das Geschäft der Zukunft schlechthin: Jährlich werden etwa 164 Milliarden Liter Trinkwasser in Flaschen abgefüllt. Riesige Geldbeträge schwemmt das kostbare Nass in die Kassen der Lebensmittelkonzerne. Auch wir Deutschen greifen immer häufiger zur Flasche. Wenn Sie überzeugter Sprudeltrinker sind und nach jedem Schluck den röhrenden Hirsch geben wollen, ist das in Ordnung – wenngleich auch nicht besonders trendy. Denn gerade der Verkauf von stillem Wasser hat in Deutschland zweistellige Zuwachsraten. Da rennen die Leute in den Supermarkt und schleppen Flasche um Flasche und Kiste um Kiste nach Hause. Und das, obwohl deutsches Leitungswasser von höchster Qualität ist. Laut Stiftung Warentest, die Trinkwasser aus den Großstädten Berlin, Hamburg, Köln und München miteinander verglichen hat, fließen in manchen Regionen sogar mehr Mineralstoffe aus der Leitung als aus der Flasche. Geschmacklich gibt es meist keine Unterschiede, was auch einen plausiblen Grund hat: Oft ist das Wasser aus dem Hahn und das Wasser aus der Flasche einfach ein und dasselbe. Nehmen wir als Beispiel mal den Wasseranbieter VOSS: VOSS kommt aus norwegischen Bergen und ist das Wasser der Stars. Angeblich soll Madonna in VOSS sogar baden. Aber woher kommt dieses kostbare Fluidum? Glaubt man dem norwegischen Fern sehsender TV2, stammt es aus den städtischen Wasserwerken eines kleinen Ortes namens Iveland. Da sieht Madonna aber blass aus: Die Iveländer sind so dekadent, die spülen mit dem Edelwasser sogar ihre Fäkalien die Toilette runter.
    Fassen wir zusammen: Selbst mit dem billigsten Discountwasser lassen sich Badewannen voll Geld verdienen. Das einfachste Mineralwasser kostet im Supermarkt um die 20 Cent pro Liter. Bei einem durchschnittlichen Preis von 0,2 Cent pro Liter Leitungswasser … Ach, rechnen Sie es bitte selbst aus!
    Wahnsinnig verpackt
    Nicht nur aus monetärer, sondern auch aus ökologischer Perspektive ist die
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