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Essen kann jeder

Essen kann jeder

Titel: Essen kann jeder
Autoren: Philipp Weber
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hat. Frauen dieses Kalibers werden erst dann einen Sammelcontainer besuchen, wenn Gucci die passenden Taschen für leere Proseccoflaschen erfunden hat. Meine Stimme bekommt einen scharfen inquisitorischen Unterton: »Und was passiert mit dem Kaffee?« Schweiß perlt langsam von der Stirn meines Gegenübers wie Kondenswasser vom Metallgehäuse einer Lattissima Chrome mit einklappbarem Abtropfgitter. Jetzt hat er Angst. Er weiß, noch eine falsche Antwort, und ich versohle ihm vor allen Mitarbeitern den nackten Hintern mit einer Stange Nespresso-Kapseln. Er nuschelt zaghaft: »Der wird bei der Aluminium-Aufarbeitung verbrannt.«
    Ich brülle: »Und das ist ja genau das, was man mit Biomüll tun sollte, nicht wahr? In den Gelben Sack und dann einfach abfackeln! Klar, der Himmel hält die größten Platzressourcen für unseren Lifestyleabfall bereit. Die Millionen Tonnen von Kaffee müssen ja irgendwie zurück in die Herkunftsländer. Da eignet sich am besten der Kohlendioxidtransfer über die Luft. Und mit der aufgeheizten Atmosphäre können wir dann unseren Café crème warm halten, was?« Der Verkäufer bricht zusammen, wälzt sich vor mir auf den Boden und heult: »Was wollen Sie denn von mir? Natürlich verkaufen wir überteuerten Kaffee. Natürlich ist die beste Form der Aufbewahrung von Kaffee die Bohne selbst. Natürlich bietet die Kombination von Siebma schine mit einer Kaffeemühle den frischesten Genuss mit der höchsten Wahlfreiheit. Natürlich können auch Nespressokun den auf aluminiumfreie Alternativsysteme umsteigen. Mein Gott, es gibt sogar Kapseln, die wiederverwertbar sind. Nur stellen wir diese Dinger halt nicht her!« Weißer Geifer umrahmt seinen Mund wie frischer Milchschaum. »Gut, mehr wollte ich ja nicht wissen!«, sage ich freundlich. Diese Lektion hat er offensichtlich gelernt. Er tut mir fast ein bisschen leid. Doch was soll ich machen? It’s a dirty job, but someone’s gotta do it!

EPILOG
    Wir ruckeln im Auto Richtung Heimat. Sanne sitzt hinter dem Steuer, und ich stöbere in unseren Einkäufen.
    »Also, Philipp! Dafür, dass du mir ein paar kleine Tipps geben wolltest, brummt mir jetzt ganz schön der Kopf!«
    »Sorry, ich weiß! Ich war zu lange im Internet!«
    »Hast du von allem nicht eine Kurzversion? So ein paar Faustregeln?«
    »Schwer, Sanne. Ich würde sagen … Der größte Ernährungsberater aller Zeiten ist für mich Douglas Adams. Der zentrale Satz in seinem Hauptwerk Per Anhalter durch die Galaxis: Keine Panik. Das ist für mich der wichtigste Tipp überhaupt. Für das Essen, das Leben, das Universum und den ganzen Rest!«
    »Klingt sehr sympathisch!«
    »Und dann kommt für mich schon der alte Paracelsus: ›Ein jeglich Ding ist Gift, allein die Menge macht’s!‹«
    »Das hatten wir schon. Geht’s auch ein bisschen konkreter?«
    »›Essen muss nicht gesund machen, sondern satt!‹ Das ist von Udo Pollmer. Ein deutscher Ernährungswissenschaftler. Ich habe praktisch alles von ihm gelesen. Er ist sehr lustig!«
    »Und noch konkreter!«
    »Iss frische, unbehandelte Lebensmittel. Wenig Fleisch. Haupt sächlich Pflanzen. Probiere alles und koche selbst, wann immer du kannst. Das sagt Michael Pollan, ein New Yorker Food-Journalist. Konkreter geht es nicht.«
    »Gut. Noch was?«
    »Natürlich. Das Wichtigste: Bertolt Brecht hat nicht recht. Erst kommt die Moral, dann kommt das Fressen! Die grundlegende Frage bei jedem Griff ins Supermarktregal sollte nicht sein: Ist das Produkt gut für mich? Es sollte sein: Ist es gut für diesen Planeten und den Rest seiner Bewohner?«
    »Und was gibt es heute zu futtern?«
    »Lädst du mich zum Essen ein?«
    »Klar! Wenn du kochst, schon!«
    Ich krame weiter in der Baumwolltasche.
    »Dann lass mal sehen: Mehl, Milch, Sahne, Schokolade, eine elektrische Zahnbürste …«
    »Was?«
    »Kleiner Witz. Dann haben wir noch Mohrrüben, Champignons, Petersilie … Brot kaufen wir beim Bäcker. Dann, die Kronjuwelen: zwei Flaschen sehr seriösen rheinhessischen Riesling.«
    »Dein Konzept: ›Weniger schlechtes Fleisch, mehr guten Alkohol!‹ ist absolut bestechend!«
    »Merci, Madame! Ich würde sagen, heute gibt es: Pfannkuchen-Rouladen mit Champignoncreme!«
    »Geil!«
    »Mist! Wir müssen zurück!«
    »Was ist los?«
    »Wir haben die Eier vergessen!«

ICH DANKE,
    Sabine Büttner und Jens Hüttenberger für die vielen, vielen Anregungen und der Übersetzung meiner Muttersprache (Deutsch) in richtiges Deutsch. Ohne sie könnte dieses Buch niemand
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