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Essen kann jeder

Essen kann jeder

Titel: Essen kann jeder
Autoren: Philipp Weber
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Gottes Legosteinchen herumspielen. Wie wir wissen, kann sich das Geschöpf auch leicht gegen den Schöpfer wenden. Wie bei Frankenstein. Oder Jekyll und Hyde. Oder Helmut Kohl und Angela Merkel. Vor allem ist es vollkommen unklar, wie sich die Verbreitung von gentechnisch veränderten Pflanzen kontrollieren lässt. Wenn Genpollen durch die Gegend fliegen, ist schlecht mit dem Handkehrer hinterherzukommen. Dagegen ist das Atomzwischenlager Asse ein Kinderzimmer.
    Und ich sehe noch ein anderes Problem. Nehmen wir mal an, irgendeine Firma schafft den Durchbruch in der Maisforschung und schafft eine supergroße, superresistente und superleckere Supersorte. So hoch entwickelt, dass die fertigen Cornflakes direkt aus den Kolben auf den Teller springen. Wird dann über kurz oder lang nicht jeder Bauer diesen Mais anbauen wollen? Oder müssen? Einfach, um konkurrenzfähig zu bleiben? Bisher werden weltweit Hunderte von verschiedenen Maisvarianten angebaut. Aber es werden immer weniger. Und wer weiß, irgendwann hängt dann das Wohl der Welt nur noch an einem Megamais. Und was ist, wenn irgendein blöder Virus dann doch mal mutiert und der Superstängel die Grippe kriegt? Denken wir an die Kartoffelpest. Die hat im 19. Jahrhundert mehr als einer Million Iren das Leben gekostet, weil praktisch das einzige Grundnahrungsmittel der Insel auf einen Schlag zerstört wurde. Es war eine Katastrophe biblischen Ausmaßes. So, als würden in Berlin über Nacht alle Dönerbuden abbrennen. Das heißt also, ungezügelte Gentechnik könnte die Ernährungslage der Welt sogar bedrohen. Und dabei war ein großes Versprechen der Gentechnik ja, den Hunger in der Welt zu bekämpfen. Aber wo essen die Leute am meisten gentechnisch veränderte Lebensmittel? In Amerika. Und ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich finde, so hungrig sehen die Amis doch gar nicht aus!



Teurer Abfall
    Die Gentechnik ist vor allem ein gigantisches Geschäft. Es geht darum, noch billiger in noch absurderen Mengen Nahrungsmittel produzieren zu können, und zwar meistens an Orten, wo sie kein Mensch braucht. Aber es steigert die Gewinne und füllt die Taschen der Lebensmittelindustrie. Und je billiger die Nahrungsmittel, desto schneller werden sie weggeworfen. Oder haben Sie schon mal gesehen, dass die Biotonne in Ihrem Mietshaus von madigen Rinderfilets, halb gegessenen Hummern oder fauligen Trüffelknollen überquoll? Wahrscheinlich nicht. Der Großteil der Nahrungsmittel ist heute nichts mehr wert. Mit dem paradoxen Ergebnis, dass in Deutschland jährlich Essen im Wert von geschätzten 22 Milliarden Euro im Müll landet.
    Aber oft macht unser Essen auf seinem Weg vom Acker in die Tonne gar nicht mehr den Umweg über den Kühlschrank. 4,3 Millionen Tonnen werden von der Nahrungsmittelindustrie selbst weggeschmissen. Wenn die Nahrung nach einer langen Reise um die halbe Welt endlich im Supermarktregal angekommen ist, wird sie abends gleich wieder im Hinterhof entsorgt. Schließlich muss Platz geschaffen werden für den künftigen Abfall, der schon im Anrollen ist.
    Aber wenn Sie, liebe Leser, jetzt auf die Idee kommen: Cool, dann schaue ich heute Abend im Müllcontainer von REWE und besorg mir ein schönes 5-Gänge-Dinner … Vorsicht, Sie könnten schnell vor Gericht landen. Denn die unautorisierte Entwendung von weggeworfenem Essen wird vom deutschen Recht als Diebstahl gewertet. Ein Kölner Gericht hat 2004 eine Frau zu 60 Sozialstunden verdonnert, weil sie sich ihr Essen hinter einem Supermarkt aus der Mülltonne zusammengeklaubt hat. Nach deutschem Recht gilt: Der Abfall gehört immer noch dem Wegwerfenden. Also aufpassen, wenn Sie in einen Hundehaufen treten, im Grunde könnte Sie der Hundehalter wegen Sachbeschädigung verklagen.
    Was ist zu tun?
    Vergessen wir nicht: Man schmeißt nicht nur das Essen weg. Die ganze Energie, der Treibstoff, das Wasser – alles, was zur Produktion der Lebensmittel aufgewendet wurde, ist ebenfalls futsch. Das sind ganze Atomkraftwerke von Energie, Ozeane von Süßwasser, Milliarden von Arbeitsstunden, die wir da zusammen mit matschigen Tomaten und schimmeligem Streichkäse in den Müll hauen. Und auch wenn sich das jetzt nach Mamas In-Afrika-hungern-Kinder-Tirade anhören sollte, muss es trotzdem einmal kurz erwähnt werden: Angesichts der Tatsache, dass laut UNO circa eine Milliarde Menschen an chronischem Hunger leiden, ist jeder Bissen in der Tonne Zeichen eines ziemlich miesen Lebensstils.
    → Mein Tipp
    Wenn Sie etwas
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