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Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Titel: Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)
Autoren: P. J. Brackston
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den Preis ständiger Atemnot und selbst wennsie am Ende eher ausgestopft als bekleidet aussah. Waren Kitten-Heel-Absätze de rigueur für die modebewusste Dame an anderen Orten, waren sie auch de rigueur für Gretel, und zwar ohne Rücksicht auf den unvorteilhaften Umstand, dass ihre breiten Füße doch sehr an Schweinsfüße gemahnten, wenn sie in die neuesten, schmalen Kreationen gezwängt wurden.
    Leise über das Kopfsteinpflaster fluchend, das ihr bei jedem Schritt zum Verhängnis zu werden drohte, bahnte Gretel sich ihren Weg die Überstraße hinunter und über den Königsplatz, vorbei am Denkmal des Großherzogs von Mittenwald (dem der Ruf vorauseilte, er habe mehrere Drachen getötet, auch wenn die Beweislage dürftig war), am Kaffeehaus (wo sie mit Mühe dem verlockenden Duft frisch gebackener Sahnetorte widerstand) und am Gesternstädter Hof (wo Hänsel zweifellos den Betreiber finanziell unterstützte) bis in die Kirschbaumallee.
    Frau Hapsburg wohnte im letzten Haus auf der linken Seite. Als Gretel das kleine Holztor zum Vordergarten aufstieß, erregte ein hübsches junges Madel, das die Straße hinuntereilte, ihre Aufmerksamkeit. Aber nicht das hübsche Aussehen zog Gretels Blick an. Da war etwas an seiner Haltung, seiner Miene, an der Art, wie es sich bewegte, das erkennen ließ, dass unter der feinsäuberlich präsentierten Oberfläche ein mühsam verborgener Schmerz lauerte. Gretels Detektivinnensinne pflegten stets zu klingeln, sobald auch nur der leiseste Hauch einer Verschleierungsaktion spürbar wurde. Dieses Madel, wer immer es war, löste ein wahres Glockengeläut aus.
    Eine ganz andere Duftspur lenkte Gretels Aufmerksamkeit wieder auf die Aufgabe, die vor ihr lag. Noch bevor die Tür geöffnet wurde, zuckten Gretels Nasenflügel, angewidert vondem Katzenodeur, der ihre Katerkopfschmerzen augenblicklich wieder zum Leben erweckte.
    »Bitte, komm rein. Hier entlang.« Frau Hapsburg ging einen langen Flur hinunter, der mit den elenden Kreaturen regelrecht ausgelegt zu sein schien. Ihre geliebte Herrin schritt dahin wie Moses, vor dem sich das Rote Meer teilt, während sich vor Frau Hapsburg ein freier Pfad durch die wogenden Felle öffnete. Gretel stampfte hinterher, gepeinigt von der Furcht, die Katzen könnten sie überschwemmen, sollte sie allein auf dem Flur zurückbleiben.
    Der Geruch in der guten Stube war auch nicht besser. Es war nicht nur Katzenpisse, es waren Katzenleiber, Katzenfelle, Katzenpfoten   … nur der Himmel wusste, was da sonst noch Kätzisches war. Frau Hapsburg setzte sich. In dem riesigen Ohrensessel sah sie wie eine Zwergin aus. Etliche Katzentiere nahmen auf ihr Platz, und ein Dauerrauschen kombinierter Schnurrlaute erfüllte das Zimmer. Gretel schaute sich nach einem katzenfreien Sitzplatz um, auf dem sie hätte landen können, fand aber keinen und begnügte sich mit der Armlehne des Sofas.
    »Wenn du mir zunächst ein paar Fragen beantworten könntest, damit ich mich anschließend ein bisschen umsehen kann«, sagte sie und förderte ein kleines Notizbuch zutage, um interessante Details festzuhalten oder wahlweise Katzen in die Flucht zu schlagen, was immer sich als notwendig erweisen würde. »Also, leben diese Katzen alle mit dir zusammen in diesem Haus?«
    »Natürlich. Wo sollten sie sonst leben?«
    »Und wie viele sind es genau?«
    »Dreiundzwanzig. Jetzt.«
    Gretel mühte sich um eine teilnahmslose Haltung und notierte sich die Zahl.
    »Und gehen sie alleine raus? In den Garten zum Beispiel?« Sie hielt inne, um sich an der Wade zu kratzen, wo ein lästiger Juckreiz sie plagte.
    »Es steht ihnen frei, herumzustreifen, wo immer sie wollen, aber sie gehen nie weiter als bis zum Zaun. Warum sollten sie auch?« Während Frau Hapsburg sprach, streichelte sie mit jeder Hand eine Katze. Eine große Tigerkatze kletterte auf ihre Schulter und rieb sanft den Kopf an Frau Hapsburgs ordentlichem Dutt. Zwei weitere schmiegten sich an ihre Füße. Ein Kätzchen schoss vorbei und huschte die bereits mehr oder weniger zerfetzten Vorhänge zur Hälfte hinauf, um im nächsten Moment loszulassen und auf den Kaminsims zu springen. Der Zierrat (Porzellankatzen bis auf den letzten Mann) wackelte gefährlich. Frau Hapsburg lächelte nachsichtig. »Hier haben meine Kätzchen alles, was sie brauchen.«
    »Sieht so aus«, sagte Gretel. Der Juckreiz war inzwischen an ihrem Körper hinaufgewandert. Sie stand auf und balancierte auf einem Bein, um sich die Wade mit einem erlesen gekleideten
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