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Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Titel: Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)
Autoren: P. J. Brackston
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schnell: »Nun, da wäre zunächst mal meine übliche Pauschale plus dreißig Prozent Spesen, davon, sagen wir, die Hälfte im Voraus, tägliche Erstattung zusätzlicher Ausgaben als Standard und das Erfolgshonorar nach Abschluss. Ist dir das genehm?«
    Frau Hapsburg sah ausreichend verwirrt aus, nickte aber heftig und schob, was sie an Geld dabeihatte, über den Tisch zu Gretel.
    »Hervorragend.« Gretel tat, als würde sie das Geld zählen, um es anschließend in ihr zeltgroßes Korsett zu stecken. Dann aber fiel ihr ein, dass sie keines trug, und sie sah sich gezwungen, die aufkeimende Panik niederzukämpfen, von dem Geld ablassen zu müssen. Schließlich stopfte sie es in eine Keksdose, schlug den Deckel zu und schnappte sich einen Stift.
    »Es wird besser sein«, sagte sie, »wenn ich dich in deinem Haus aufsuche. Um zu sehen, was ich tun kann.« Sie zog eine Koksrechnung aus einem gefährlich wackeligen Haufen an Papieren und kritzelte auf der Rückseite herum. Dort notierte sie die nötigen Einzelheiten, ehe sie Frau Hapsburg hinauskomplimentierte und ihr versprach, sie würde sich noch binnen der nächsten Stunde melden.
    Das kleine Örtchen Gesternstadt wäre von vielen als liebreizendes Musterbeispiel für das Beste am Bayern des Jahres 1776 eingestuft worden, und doch war es von einer falschen Wärme, die Gretel verachtenswert fand. Es lag nicht nur an der malerischen Architektur, auch wenn die mit den idyllischen Holzhäusern, den Fensterläden und Blumenkästen, den tief hängenden Traufen und den Schornsteinen, die samt und sonders wackelig waren, schon so süß war wie eine Zuckertorte. Soweit es Gretel betraf, zuckrig genug, um Diabetes auszulösen. Nein, es war noch mehr als das; es waren das fröhliche Gewinke und die saloppen Erkundigungen nach dem Wohlergehen des anderen, das gesellige Pfeifen der Handwerker und das breite Lächeln der Händler. Nichts davon war echt. Wo waren all diese guten Leute gewesen, damals, vor vielen Jahren, als Gretel und Hänsel in den Wald geführt und den Wölfen überlassen worden waren? Wo waren sie gewesen, als ihre Stiefmutter behauptet hatte, sie hätte sie ins Sommerlager geschickt, während ihr Vater mit geröteten Augen und gehetztem Blick danebengestanden hatte? Wo hatten sie alle gesteckt?
    Ein vorzeitiger Frühling hatte die Luft erwärmt, in der dennoch der übliche alpine Biss steckte. Die finsteren Wälder im Osten des Ortes schützten die Häuser vor den schlimmsten Winden, aber der Einfluss der Berge im Westen, jenseits der grünen Hochalmen, sorgte dafür, dass kein vernünftiger Mensch sich vor Juni ohne Wams aus dem Haus wagte. Gretel hielt sich in den meisten Belangen für eine vernünftigePerson, doch soweit es sie betraf, gehörte Mode nicht zu den Dingen, die im Namen des gesunden Menschenverstandes kompromittiert werden durften. Zugegeben, die meisten Tage schlurfte sie in ihrem Morgenmantel durch ihre Behausung und kümmerte sich nicht ansatzweise darum, wie sie aussah. Aber zu den Gelegenheiten, zu denen sie sich der Mühen des Ankleidens unterzog, schlug regelmäßig die Eitelkeit zu. Die Reputation war entscheidend. Ansehen und Prestige vorrangig. Es kümmerte sie kein bisschen, dass es im Umkreis von fünfzig Wegstunden um Gesternstadt nicht eine Seele gab, die imstande gewesen wäre, ein Klaus-Murren-Gewand zu erkennen oder ein Paar Iksy-Makki-Schuhe. Sie wusste, was sie trug, und nur das zählte. Die volkstümliche Behaglichkeit und der traditionelle Schnitt, wie ihn die meisten Frauen im Ort bevorzugten, waren nichts für sie. Sollten die nur ihre Blusen mit all den Schnürchen und Bändchen tragen, ihre Filzwesten, die bodenlangen Dirndlröcke und geblümten Schürzen und zu bedeutenden Terminen und an Festtagen ihre Trägerschürzen abstauben. Als Teenager hatte Gretel sich ein Zimmer mit einem Mädchen aus Paris geteilt, und das hatte ihr für alle Zeiten den Kopf zurechtgerückt.
    Dass der größte Teil der Kleider, nach denen es Gretel gelüstete, für Damen geschneidert wurde, deren Wuchs sich signifikant und folgenschwer von dem ihren unterschied, ignorierte sie. Verlangte die Saison hautenges Satin, würde sie hautenges Satin tragen. Irgendwie würde sie es schon hinbekommen, ihren wuchtigen Körper in das Zeug hineinzuzwängen, ganz gleich, wie unvorteilhaft es ihre Speckrollen und Wölbungen hervorhob. Gab es Brokatgewänder, in der Taille fest gegürtet, für die es sich zu sterben lohnte, zwang Gretel sich hinein, auch um
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