Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es sterben immer drei

Es sterben immer drei

Titel: Es sterben immer drei
Autoren: Rosemarie Bus
Vom Netzwerk:
hielt, eine Schmiererin, die er mit einem einzigen Anruf erledigen kann, wenn er es darauf anlegt. Eine langweilige, verhuschte, ein bisschen dumme Nuss. Die geborene Verliererin.« Ganz vorsichtig, als wollte er sie nicht erschrecken, nahm er das Gewehr noch etwas höher, kniff ein Auge zusammen und betrachtete Stella mit dem anderen durch das Zielfernrohr. »Und hatte er recht?« Mit dem Lauf der Mauser strich er Stella ganz leicht über die Wange.
    Auch wenn es kontraproduktiv war, sie konnte nicht anders, sie schaute ihn so böse an, wie es nur ging.
    Er lachte leise. »Ärgere dich nicht. Mich hat er genauso für einen Verlierertypen gehalten wie dich. Einer, der es im Leben nicht annähernd so weit gebracht hat wie er. Arzt, was ist das schon in seiner Welt. Ein naiver Idealist. Schwärmer. Träumer. Versager. Wie arrogant er war. Er dachte, er ist jedem überlegen.« Er ließ das Gewehr wieder sinken. »Hast du ihn eigentlich gemocht? Frauen fallen doch gerne auf solche Blender wie ihn rein.«
    »Nein«, sagte Stella, froh, aus rein taktischen Gründen nicht lügen zu müssen, auch wenn man Toten nichts Böses nachsagen sollte. »Ich habe ihn so sehr verachtet, dass ich ihn sogar für Valeries Mörder hielt.«
    »Und? Tust du das nicht mehr?« Die Antwort interessierte ihn sichtlich.
    Sie entschied sich dafür, bei der Wahrheit zu bleiben. Sollte sie sterben, dann wenigstens in Würde. »Du hast die Büroklammer in Valeries Dekolleté platziert. Um die Carabinieri zu verwirren.«
    »Kluges Mädchen.« Andreas nickte. »Er wollte das Gewehr für sich retten. Das war ihm wichtiger, als Valeries Tod aufzuklären. Mit seiner Gier konnte man immer rechnen.«
    »Aber woher hattest du diese Büroklammer? Diejenige an Jochens Jacke habe ich noch drei Tage nach dem Mord gesehen.«
    »Ja, rätselhaft, nicht wahr. Soll ich dir das jetzt wirklich verraten? Die zweite war in dem Paket mit dem Futteral aus Russland, als Klammer für die Papiere und die Rechnung. Jochen wusste natürlich nichts davon. Vor Valeries Leiche fiel sie mir wieder in die Hände. Ich hatte sie in meiner Reitjacke dabei, so wie man immer Kleingeld, Papiertaschentücher und Pflaster dabeihat. Man kann nie wissen, wozu man so was mal braucht. Ziemlich schlau, findest du nicht? Wusstest du, dass ich ihn immer im Schach geschlagen habe? So regelmäßig, dass er in den letzten Jahren nicht mehr mit mir spielen wollte. Er war ein schlechter Verlierer. Ein hochmütiges, arrogantes Arschloch und ein schlechter Verlierer.«
    Moment, war Stella fast versucht zu sagen, du benutzt mein Vokabular für Jochen. Ihr beiden seid doch befreundet. Aber jetzt musste sie umdenken und an Jochen in Zusammenhang mit armes Schwein denken. »Vielleicht ahnte er, wer der Mörder ist, und wollte seinen alten Freund nicht der Polizei ausliefern.«
    »Meinst du?« Andreas schien überrascht. »Warum sollte er das tun?«
    »Weil man einen alten Kumpel nicht verrät.« Stella wunderte sich über sich selbst, dass sie so ruhig blieb. Wie beim Autofahren funktionierte sie auf zwei Ebenen gleichzeitig. Während sie das Gespräch mit Andreas am Laufen hielt, überlegte sie gleichzeitig klar und kühl, wie sie aus dieser Situation lebend wieder herauskommen konnte. Noch hatte sie keine Idee. Sie wusste nur, Jochens Schicksal berührte sie im Moment nicht im Geringsten. Er war nicht mehr zu retten. Sie dachte nur an sich. Egoismus pur. Überlebenstrieb. Sie musste Andreas weiter zum Reden animieren. »Und warum hast du Valerie ermordet? Sie hat dir doch nichts getan?«
    Andreas setzte sich auf die Eckkante des Tisches, die Mauser wieder lässig auf Stellas Oberkörper gerichtet. Genau genuggezielt, um zu treffen. Noch schien er zu überlegen, ob er sich auf eine Konversation einlassen oder doch lieber sein ursprüngliches Vorhaben zügig in die Tat umsetzen sollte. Stella nahm seine Bewegungen wie in Zeitlupe wahr. Die Zeit unter der Lupe. Jede Tausendstelsekunde dehnte sich in die Ewigkeit.
    »Valerie war ein hochnäsiges, selbstgefälliges Weibsstück«, sagte Andreas. Das Gewehr klackte wie vorhin bei Jochen. Nur in die andere Richtung, nahm Stella an. Jetzt war es wohl wirklich entsichert.
    »So überflüssig wie der da.« Andreas stupste den toten Jochen schon wieder mit der spießigen Wandersandale an, als könnte er von der Bewegung nicht genug kriegen. »Sie passte zu ihm. Solche Kreaturen verhindern die positive Entwicklung der Menschheit. Sie sind nichts anderes als Gesindel,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher