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Es sterben immer drei

Es sterben immer drei

Titel: Es sterben immer drei
Autoren: Rosemarie Bus
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Gedanken mit der toten Valerie beschäftigt, statt mit der aktuellen Notwendigkeit, im nächsten Moment eine naseweise Journalistin umnieten zu müssen. Am besten war es, auf Zeit zu spielen und darauf zu hoffen, dass Irma endlich merkte, dass ihre einzige Tochter ewig nicht zurückkam, unruhig wurde und Kleemann und Andreas alarmierte, um nach ihr zu suchen. Vielleicht würden sie zu dritt hier einbrechen und sie retten, es müsste ihr nur gelingen, Jochen lange genug in ein Gespräch zu verwickeln. Wenn er wirklich unschuldig war, ging das am besten, wenn sie ihm half, sein Gehirnauf Präzisionsarbeit umzuschalten, statt in Rührseligkeiten über seine verlorene Liebe zu baden. Und wenn er schuldig war, würde ihn genaues Nachdenken eventuell von seinem Vorhaben ablenken.
    Sie stand auf, drehte ihm den Rücken zu, beugte sich aus dem Fenster und angelte nach der Plastiktüte, die immer noch auf der Wiese lag.
    »Was machst du da?«, rief Jochen von innen. »Bleib hier, verdammt noch mal.«
    Draußen kam Andreas an der Hauswand entlang. Stella widerstand der Versuchung, um Hilfe zu rufen. Das hätte ihn ganz sicher alarmiert, eventuell aber auch Jochen dazu veranlasst, ihr eine Kugel in den Rücken zu jagen. Diese Kurzschlusshandlung wollte sie nun wirklich nicht bei ihm auslösen.
    »Ich will dir nur was zeigen«, rief sie nach innen und schaute Andreas so flehentlich an, dass er ihrem Blick hoffentlich die Angst ablas. Sie hob die Plastiktüte auf, schloss das Fenster, ohne es zu verriegeln, und drehte sich wieder Jochen zu. »Kennst du das?«
    »Eine blaue Plastiktüte. Ja und?«
    »Hab ich dort gefunden.« Sie zeigte auf Derridas Sammelsurium unter der Eckbank. »In solchen Plastiktüten war auch Valerie verpackt.«
    »Na, so was.« Jochen selbstgefälliges Alter Ego erwachte langsam wieder. Er öffnete die Tüte und zerrte den Tom&Jerry-Pyjama und Irmas Hermès-Tuch heraus. »Tolle Beweise.« Er grinste.
    Stella nahm ihm beides weg. »Es geht um die Plastiktüten. Und das Futteral, das ich in der Futterkiste gefunden habe.«
    »Futteral? Futterkiste?« Jochen grinste so penetrant, als hätte er die Kontrolle über seine Gesichtszüge verloren.
    »Das Futteral von Igor Boltanskis Gewehr.«
    Das Grinsen verschwand. »Woher weißt du davon?«
    »Jetzt gib endlich zu, dass du Igor Boltanski das Gewehr gestohlen hast.«
    Er räusperte sich. »Und wenn es so wäre?«
    »Damit ist Valerie umgebracht worden. Verdammt noch mal. Das Kaliber stimmt. Das Futteral zum Gewehr ist aufgetaucht.«
    »Nur das Gewehr fehlt noch?«
    Sie nickte.
    Er grinste wieder.
    Sie deutete auf die Flinte, die immer noch in Reichweite neben ihm lag. »Ist das vielleicht ein Holland&Holland-Gewehr?«
    Jetzt lachte er. »Für eine Lifestyletussi hast du eine ziemlich blühende Phantasie«, prustete er. »Aber um die Faktenlage zu klären: Das hier ist eine Mauser. Brave, grundsolide deutsche Waffenkunst.« Er wischte sich die Lachtränen aus den Augen. Seine Stimmungsschwankungen nervten.
    Stella griff nach dem Strohhalm, den seine gute Laune bot. »Wenn ich mir das alles ausgedacht habe, kannst du mich jetzt doch gut laufen lassen«, schlug sie so harmlos wie möglich vor. »Ich habe ohne Erlaubnis deine Zimmer betreten. Dafür entschuldige ich mich. Aber das ist nun wirklich kein Grund, mich mit einem Gewehr zu bedrohen. Weder mit einer Mauser noch mit einer H&M.«
    Es fehlte nicht viel und er hätte sich vor Lachen auf die Schenkel geklopft. »H&M. Das Einzige, was ihr Mädels im Kopf habt. H&M.«
    Stella schämte sich für ihren Versprecher.
    Er streichelte das Gewehr so lange, bis er sich wieder beruhigt hatte. »Aber vielleicht hast du recht«, sagte er für seine Verhältnisse erstaunlich nachdenklich. »Vielleicht ist es tatsächlich Zeit, endlich mit diesem albernen Versteckspiel aufzuhören und der Polizei zu gestehen, dass ich das H&H-Gewehr in Barnaul mitgenommen habe. Es lag einfach zu verlockend im offenen Kofferraum von Boltanskis Geländewagen. Keiner von seinen schweren Jungs in der Nähe. Als die Russen den Diebstahl merkten, saß ich schon längst im Flugzeug. Niemand verdächtigte mich. Das Gewehr habe ich in meinem eigenen Futteral und mitden Zoll-Papieren für die Jagdflinten mitgenommen. Keinem ist aufgefallen, dass ich statt meiner Beretta eine Holland&Holland ausführte. Den Zoll interessierte nur die Anzahl meiner Gewehre, nicht die genauen Modelle.«
    »Ist das auch Kaliber 573?«, fragte Stella und wies auf die Waffe,
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