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Es muss nicht immer Grappa sein

Titel: Es muss nicht immer Grappa sein
Autoren: Grafit
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bei mir nur Wasser und eine bessere Faltencreme heranlassen würde. Einen kleinen, offenen Ring hatte sie sich durch die rechte Augenbraue gedreht, im Nasenflügel strahlte ein fetter Glasstein und in den Ohrmuschelrändern klirrte es beidseitig.
    Simon Harras entdeckte mich und rief: »Ich hole Eis für alle, Grappa! Welche Sorten willst du?«
    »Keine«, brummte ich.
    »Bist du auf Diät?«
    »Hab ich das etwa nötig?«
    »Ohne meinen alltours sag ich nichts«, grinste Harras.
    Stella und Susi musterten mich und kicherten. Vanessa steckte sich einen Kaugummi in den Mund, der vermutlich zuckerfrei war.
    Ich konnte Harras keinen drübergeben, denn mein Handy klingelte.
    Es war Wayne Pöppelbaum, der sich vergewissern wollte, dass seine Fotos angekommen seien. Ich beruhigte ihn.
    »Hundertfünfzig Euro!«, jubelte Susi durch den Raum.
    »Was ist denn bei euch los?«, fragte der Bluthund.
    Ich wandte mich von dem Trubel ab. »Susi hat ihr Sofa versteigert. Bei eBay. «
    »Das Korbsofa?«
    »Ja. Woher kennst du das?«, wunderte ich mich.
    »Ach, das war nur so geraten«, meinte Pöppelbaum.
    »So, so. Sag mal, der Russe an sich ist ja eigentlich ein geselliger Zeitgenosse. Gibt es in der Stadt ein paar russische Kneipen? Russendiskos? Bars? Puffs?«
    »Du willst die Enkel suchen?«
    »Auch das. Erkundigst du dich mal?«
    »Klaro. Ich melde mich.«

    Ich fuhr früh nach Hause. Mein Weg zur Redaktion war länger geworden, seit ich im Süden der Stadt lebte, in einem Haus, das ich mir gerade so eben leisten konnte. In einer Tankstelle erstand ich noch zwei Flaschen Grünen Veltliner. Seitdem die österreichische Weinwirtschaft ihren Glykol-Skandal überstanden hatte, konnte man mit dem Tropfen wohl nichts mehr falsch machen.
    Mein Garten war der richtige Ort, den Tag abzuschließen. Die Mücken tanzten im Restlicht. Ich holte die Kühlmanschette, um den Weißen in die richtige Temperatur zu zwingen. Zudem plagte mich schon wieder Hunger. Pasta mit fertiger Soße aus der Dose – mein Standard-Single-Essen seit vielen Jahren. Auch da kann man nicht viel falsch machen.
    Falsch machen?
    Was hatte die alte Frau Schöderlapp falsch gemacht, um ein so schreckliches Ende zu finden? Oder Hein Carstens? Wem war der ins Gehege gekommen?
Inkasso Moskau lässt grüßen
    Irgendetwas hatte der Veltliner wohl doch enthalten, denn mir ging es gar nicht gut an diesem Morgen. Vielleicht lag es ja am Alkohol. Ich beschloss, mein Frühstück im Bistro der Frau Schmitz einzunehmen. Ihr Kaffee war gut und die Brötchen frisch.
    Ich duschte, stieg in die Hose und knöpfte die Bluse zu. Wurde es denn überhaupt nicht kühler? Nach fünf Minuten Fahrt stand ich schon wieder in Flammen. Oder waren es diese verdammten Wechseljahre?
    Anneliese Schmitz war munterer als ich.
    »Die Frau Grappa«, freute sie sich. Die aktuelle Ausgabe des Bierstädter Tageblattes lag auf dem Verkaufstresen.
    »Tach auch«, sagte ich.
    »Wie isses?«
    »Muss. Selbst?«
    »Auch.«
    Ich überlegte, wie das Ruhri-Begrüßungsritual wohl ausgefallen wäre, wenn ich die Wahrheit über mein körperliches Wohlbefinden geäußert hätte. Statt ›muss‹ würde vielleicht ›nich so‹ passen.
    »Wohl viel zu tun?« Sie deutete aufs Tageblatt.
    »Kann man sagen. Frühstück.«
    »Wie imma?«
    »Wie immer!«
    Wie imma – das waren zwei Brötchenhälften mit Schinken und Käse, neuerdings eine Gewürzgurke und zwei große Tassen Milchkaffee.
    »Gehn Se schomma nach nebenan.«
    Ich trollte mich ins Bistro. Alles war proper und aufgeräumt. Die Bäckersfrau hatte ihren Laden im Griff. Eine zurückgelassene BLÖD-Zeitung sprang mir ins Auge. Oma Opfer der Russenmafia?, fragte der Autor. Ich überflog den Artikel. Wie kamen die auf die Russenmafia? Nur wegen des Vornamens der Schöderlapp?
    Verdammt! Der BLÖD-Mann hatte einen Nachbarn ausgequetscht:
    Heinz P. (Name geändert) hat mehrfach beobachtet, wie zwei Männer in der Wohnung des Mordopfers verschwanden. Einer von ihnen trug ein T-Shirt mit dem Schriftzug: Inkasso Moskau. Ein Hinweis auf eine Verbindung der Toten zur Russenmafia? Heinz P.: »Der eine sah aus wie Sylvester Stallone und der andere wie sein zu klein ausgefallener Halbbruder.« Über die 78-jährige Ekaterina S. kann der Nachbar jedoch nur Gutes sagen: »Sie war eine Seele von Mensch.«
    Ich atmete auf.
    Das Wort Kaviar kam in dem Artikel nicht vor. So viel hatte das Blatt nicht herausbekommen.
    Frau Schmitz stellte mir die erste Tasse Milchkaffee hin und schaute
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