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Es muss nicht immer Grappa sein

Titel: Es muss nicht immer Grappa sein
Autoren: Grafit
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Hauptkommissar. »Dann können die Laien dieser Welt nicht mehr alle Spuren zertrampeln. Und so jemand wie Sie kann sich dumme Lügen sparen.«
    »Tut mir echt leid.«
    »Das hier ist mein letzter Fall, Frau Grappa. Und den will ich in Ruhe hinter mich bringen.«
    »Pension?«
    »Genau. Mein Nachfolger steht schon fest. Mit dem werden Sie nicht so viel Freude haben wie mit mir.«
    »Wer ist der Typ denn?«
    Brinkhoff kam nicht mehr dazu, zu antworten.
    »Sie ist im Schlafzimmer«, informierte ein Beamter. »Die Spurensicherung kann kommen. Und ich sag den Quincys Bescheid.«

    Vor dem Haus lungerte Wayne Pöppelbaum herum. Er durfte nicht hinter das rot-weiße Flatterband. Er war der Bluthund, der mich darüber informiert hatte, dass in dem Haus etwas los war. Ein Funkspruch, der Nichteingeweihten harmlos vorkommen musste. Die Bullen änderten in schöner Regelmäßigkeit ihre Sprachcodes, aber die freien Polizeifotografen waren trotzdem immer auf dem neuesten Stand.
    »Na, Alter«, sprach ich ihn an.
    »Wieder ein geiler Tipp, oder?«, frohlockte er. »Was ist da drin los?«
    »Die Frau ist tot. Aber gesehen hab ich sie nicht. Hauptkommissar Brinkhoff kam dazwischen.« Dass ich Leichen, besonders die weniger frischen, nicht gern anschauen mochte, ließ ich unerwähnt.
    Pöppelbaums Blick fiel auf den Kiosk. »Ich frag den Mann da mal, ob er sich an was erinnern kann.«
    »Das kannst du dir schenken«, meinte ich. »Der Typ hängt zwar auf seinem Stuhl, als wär er festgetackert, doch mitgekriegt hat der nichts. Außerdem ist die Oma schon länger tot – dem Geruch nach zu urteilen.«
    »Du hast schon gefragt?«
    »Sicher. Ich bin ein Profi. Hab meinen kompletten Charme spielen lassen.«
    »Na, dann hab ich ja noch beste Chancen«, grinste der Bluthund schief und trollte sich.
    Ich blickte ihm nach. Pöppelbaum ging nun auch schon auf die dreißig zu. Den Satanistenlook hatte er ad acta gelegt. Die Seiten seines Schädels waren nicht mehr kahl geschoren und er färbte sich den Pferdeschwanz nicht mehr rabenschwarz. Seine Matte war aschblond und auf Normallänge gestutzt, er trug sogar bräsige Oberhemden und Stoffhosen mit Bügelfalte. Früher stiefelte er wie Nosferatu über die Tatorte, jetzt wirkte er eher wie der stellvertretende Pressesprecher einer Krankenversicherung. Alles hat eben seine Zeit.
    Mir fiel ein Gedicht von François Villon ein: O meiner Jugend schöne Zeiten, / so überschäumend freudennah! / Ich merkte nicht, dass sie entgleiten, / und plötzlich war das Alter da. / Sie ist zu Rosse nicht geritten, / zu Fuß gegangen nicht von hier, / die Jugend ist im Flug entglitten / und hinterließ nichts Gutes mir.
    Plötzlich stand Brinkhoff neben mir. »Was machen Sie für ein Gesicht, Frau Grappa?«
    »Ich dachte gerade über Jugend, Alter und Verfall nach.«
    »Das habe ich lange hinter mir«, stellte der Polizist fest. »Nun freue ich mich auf das neue Leben als Pensionär.«
    »Schon Pläne?« Ich hatte Wayne Pöppelbaum nicht aus den Augen gelassen. Es war ihm tatsächlich gelungen, die Plaudertasche vom Kiosk in ein Gespräch zu ziehen.
    »Als Erstes mache ich eine Kreuzfahrt durchs Chinesische Meer.«
    »Wow!«, entfuhr es mir. »So eine ZDF-Traumschiff-Nummer? Essen am Kapitänstisch, Kaviar mit Mutter Beimer am Kamin und Florian Silbereisen als Unterhaltungsgenie?«
    »Nee, die Mutter Beimer sieht meiner Ex zu ähnlich. Ich will ja Spaß haben.«
    Pöppelbaum beendete das Interview mit dem Kioskfritzen und schlenderte auf uns zu.
    »Wer wird denn nun Leiter der Mordkommission?«, fragte ich. »Wird jemand eingeflogen oder wird es jemand aus Ihrer alten Truppe?«
    »Nee, nee, Frau Grappa«, wehrte Brinkhoff ab. »So nicht. Sonst steht morgen in der Zeitung, was der Polizeipräsident höchstselbst verkünden will.«
    »Informantenschutz. Ich würde mich lieber foltern lassen, als eine Infoquelle preiszugeben!«
    »Und was ist, wenn man Ihnen die Mandelhörnchen entzieht?«
    »Warum wollen Sie denn noch nach China reisen? Die Foltermethoden haben Sie ja schon drauf. Es wird wirklich Zeit, dass Sie in Pension gehen. Sie kennen mich viel zu gut.«
    Pöppelbaum hielt sich abseits, behielt Brinkhoff und mich aber im Blick. Seiner Miene entnahm ich, dass er etwas Interessantes erfahren haben musste.
    »Wie sind Sie eigentlich auf die Wohnung hier gekommen?«, fragte ich Brinkhoff.
    »Jemand hat Leichengeruch gemeldet.«
    »Und dann rückt gleich die Mordkommission in ihrer prominentesten Besetzung an?
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