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Es muss nicht immer Grappa sein

Titel: Es muss nicht immer Grappa sein
Autoren: Grafit
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gehortet.
    Peter Silius Feinkost und Kaviar. Das passte zusammen. Ich klickte auf die Homepage von Superiore. Neben Beluga wurden noch zwei weitere Sorten Kaviar angeboten. Osetra und Sevruga hießen die anderen Fischeier.
    Peter Silius versicherte höchstpersönlich und mit einem Foto von sich selbst auf seiner Kaviarseite:
    Bei unseren Produkten handelt es sich ausschließlich um frischen, echten Stör-Kaviar, der jedoch nicht wilden Stören, sondern Stören aus der Zucht entnommen wurde. Bei der ökologischen Produktion unseres sibirischen oder russischen Stör-Kaviars werden garantiert keine Hormone, Antibiotika oder Wachstumsbeschleuniger eingesetzt. Alle Lieferungen erfolgen immer frisch für Sie abgefüllt – gekühlt angeliefert, mit dokumentierbarem Lieferweg und eingehaltener Kühlkette. Zudem haben Sie die Gewissheit, dass die natürlichen, bereits stark überfischten Störbestände geschützt werden.
    Hörte sich ja toll an. Obwohl es den Fischweibchen wohl ziemlich egal ist, ob sie aus dem Meer oder aus einem Zuchtstall stammten, wenn ihnen bei lebendigem Leib der Rogen aus dem Bauch geschnitten wird, dachte ich.
    Peter Silius machte auf dem Foto einen seriösen Eindruck. Smart und glatt. Ich sah mir auch die anderen Produkte an, die er verkaufte, und bekam prompt Hunger. Aber statt Gänseleberpastete und Trüffelpasta in den Warenkorb zu legen, rief ich den Pizzaservice an und bestellte eine Diavolo.

    Jansen erschien, als ich den Rand der Pizza in der Redaktionsküche entsorgte.
    »Der Typ in dem Hotel ist von einem Mann mit einem Baseballschläger regelrecht hingerichtet worden«, erzählte er. »Der Kopf war nur noch eine Masse aus Hirn und gesplitterten Knochen. Hast du mir auch eine Pizza bestellt?«
    »Ich kann doch nicht hellsehen. Wer ist der Tote denn nun?«
    »Hein Carstens.«
    »Und wer ist Hein Carstens?«
    »Ein Knipser aus Hamburg.«
    »Ein Kollege?«
    »Na ja, nicht so ganz. Er war weniger Journalist als Künstler. Prominentenfotograf, aber auch mal Alaska für Geo. Und erotische Fotostrecken beim Stern. «
    »Woher weißt du, dass der Mörder ein Typ war?«
    »Die Überwachungskamera des Hotels hat es verraten. Ein einzelner, kleiner Mann in Joggingkleidung mit einer länglichen Sporttasche.«
    »Was sagen die Bullen?«
    »Sie glauben, dass die Tat ein Racheakt war.«
    »Für was?«
    »Vielleicht hat Carstens ja mal die falsche Frau nackt abgelichtet.« Jansen zuckte die Schultern. »Und deine Oma? Wer hat die auf dem Gewissen?«
    »Sag mal, magst du eigentlich Kaviar?«
    Mein Chef guckte verdutzt. »Pizza mag ich lieber«, sagte er mit Blick auf die Schachtel.
    »Hast du schon mal welchen gegessen?«, blieb ich hartnäckig. »Richtig echten, meine ich. Nicht dieses Zeug von Aldi oder Lidl. Kaviar für einen Kilopreis von – sagen wir mal – 3.000 Euro?«
    »Warum sollte ich Fischeier essen, wenn ich schon Fisch nicht mag?«
    »Leisten könntest du dir das ja«, meinte ich, auf seine kürzlich gemachte Erbschaft anspielend.
    »Es geht nicht ums Können, sondern ums Wollen. Und jetzt verrate endlich, was deine Tote mit Kaviar zu tun hat.«
    Ich erklärte es ihm – auch, wie ich die kleine blaue Dose von der Straße aufgesammelt hatte. Anerkennend pfiff er durch die Zähne.

    Mit so spärlichen Informationen konnte ich keine fünfzig Zeilen füllen. Also wanderte der Mord an dem Fotokünstler auf die Seite eins und ich bekam dreißig Zeilen auf der drei. Prominenz schlägt Alter.
    Ich kochte eine Kanne starken Kaffee und verzog mich, um meinen Artikel zu schreiben. Den Kaviar und die Beschriftung der Plastiktüte würde ich weglassen. Brinkhoff brauchte noch nicht zu wissen, was ich wusste. Pulver verschießt man erst, wenn es trocken ist. Sonst zündet es nicht.
    Die Pressemitteilung zum Fall Schöderlapp kam per E-Mail, war lapidar und schmucklos. Kapitalverbrechen zum Nachteil der 78-jährigen Ekaterina S. Der folgende Text enthielt wenig Neues. Kein Wort von der Plastiktüte, nichts über die Beschlagnahme der Fischeier oder darüber, wie die Polizei von dem Mord erfahren hatte.
    Pöppelbaum mailte mir seine Fotos. Sie zeigten die Polizeiaktion vor dem Haus. Ich verband meine Kamera mit dem PC und betrachtete die Schnappschüsse, die ich in der Wohnung gemacht hatte. Viele der Bilder waren verwackelt und entschieden zu dunkel. Mit einem Bearbeitungsprogramm holte ich raus, was rauszuholen war, doch Profifotos sahen anders aus. Nur die Kartons im Bad waren einigermaßen gut zu
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