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Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord

Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord

Titel: Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord
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Boulevard. Überall zu viele Bullen, ich hatte es gesagt, Danglard. Er mußte in Deckung gehen und da morden, wo es am sichersten war. Dann wäre der Kreis eben schmaler. Allerdings ein dramatischer Fehler für einen angeblichen Zwangsneurotiker.«
    »Wußten Sie an dem Abend, daß der Mann mit den Kreisen der Mörder war?«
    »Ich wußte zumindest, daß die Kreise schlechte Kreise waren. Falsche Kreise.«
    »Dann hat Le Nermord sein Spiel gut gespielt. Er hat mich auch getäuscht, nicht wahr? Sein Schrecken, sein Schluchzen, seine Empfindlichkeit und dann sein Geständnis, seine Unschuld. Alles dummes Zeug.«
    »Sehr gut gespielt. Er hat Sie erschüttert, Danglard. Sogar der schon von Geburt an mißtrauische Untersuchungsrichter hat es für unmöglich gehalten, daß er schuldig sein könnte. Die eigene Ehefrau in einem seiner eigenen Kreise ermorden? Undenkbar. Dann brauchten wir ihn nur noch freizulassen und uns dorthin führen zu lassen, wo er uns hinführen wollte. Zu dem Schuldigen, den er für uns vorbereitet hatte: die alte Clémence. Und nichts weiter habe ich getan. Ich habe mich leiten lassen.«
    »Das Amselmännchen hat ein Geschenk für das Weibchen gefunden«, sagte Castreau. »Ein Stückchen Aluminium.«
    »Interessiert dich gar nicht, was wir sagen?« fragte Danglard.
    »Doch. Aber ich möchte nicht so aussehen, als würde ich allzusehr hinhören, dann hätte ich das Gefühl, ein Dummkopf zu sein. Ihr habt mich nicht beachtet, aber ich habe auch schon über den Fall nachgedacht. Das einzige, was ich gefolgert hatte, war, daß Le Nermord etwas Gefährliches an sich hat. Aber weiter bin ich nicht gekommen. Wie wir alle habe ich Clémence gesucht.«
    »Clémence... », sagte Adamsberg. »Er muß ganz schön lange gebraucht haben, um sie zu finden. Er mußte eine Frau seines Alters ausfindig machen, von nichtssagendem Äußeren, die so von der Welt abgeschnitten lebte, daß ihr Verschwinden niemanden beunruhigen würde. Die alte Valmont aus Neuilly mit ihrem einsamen und leichtgläubigen Annoncen-Spleen war ideal. Sie verführen, ihr das Blaue vom Himmel versprechen, sie davon überzeugen, alles zu verkaufen und mit zwei Koffern zu ihm zu kommen, wird kein Hexenwerk gewesen sein. Clémence hat nur mit ihren Nachbarn darüber gesprochen. Aber da sie nicht befreundet waren, waren sie bei ihrem Abenteuer auch nicht beunruhigt, und alle hatten mal was zu lachen. Den Verlobten hatte nie jemand gesehen. Die arme Alte ist zur Verabredung erschienen.«
    »Na, so was«, sagte Castreau. »Da kreuzt ein zweites Amselmännchen auf. Was erhofft es sich? Das Weibchen beobachtet. Das bedeutet Kampf. Scheiße. Was für ein Leben, verdammt, was für ein Leben!«
    »Er hat sie umgebracht und ist hierhergekommen, um sie zu begraben«, sagte Danglard. »Warum hierher? Wo sind wir?«
    Adamsberg deutete müde mit einem Arm nach links.
    »Um jemanden zu begraben, muß man ruhige Ecken kennen. Die Forsthütte da hinten ist das Landhaus von Le Nermord.«
    Danglard sah zu der Hütte. Ja, Le Nermord hatte ihn ordentlich zum Narren gehalten.
    »Danach hat er die Kleider der alten Clémence genommen«, sagte Danglard, »was leicht war, da er ja ihre beiden Koffer. hatte.«
    »Fahren Sie fort, Danglard. Ich lasse Sie zu Ende erzählen.«
    »So«, sagte Castreau. »Jetzt fliegt das Weibchen weg, es hat das kleine Stück Aluminium verloren. Reißt ihr euch nur den Arsch auf mit euren Geschenken. Nein, es kommt zurück.«
    »Er ist bei Mathilde eingezogen«, fuhr Danglard fort. »Die Frau war ihm gefolgt. Die Frau beunruhigte ihn. Er mußte Mathilde überwachen und sich ihrer dann nach seinen Vorstellungen bedienen. Die freie Wohnung bei ihr war für ihn eine phantastische Gelegenheit. Falls es Probleme geben sollte, wäre Mathilde eine Traumzeugin: Sie kannte den Mann mit den Kreisen, und sie kannte Clémence. Sie glaubte, es handele sich um zwei verschiedene Menschen, und er bestärkte sie in dieser Überzeugung. Aber wie hat er das mit den Zähnen gemacht?«
    »Sie selbst haben doch von dem Klappern der Pfeife an seinen Zähnen gesprochen.«
    »Das stimmt. Ein Gebiß also. Es reichte aus, ein altes Gebiß zurechtzufeilen. Und die Augen? Seine sind blau. Ihre waren braun. Linsen? Ja. Linsen. Die Mütze. Die Handschuhe. Immer Handschuhe. Die Verwandlung hat aber doch Zeit, Sorgfalt, ja Kunstfertigkeit erfordert. Wie hat er sein Haus als alte Dame gekleidet verlassen können? Irgendein Nachbar hätte ihn sehen können. Wo hat er sich
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