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02 - Die Nacht der D?monen

02 - Die Nacht der D?monen

Titel: 02 - Die Nacht der D?monen
Autoren: Amelia Atwater-Rhodes
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    DER RADIOWECKER RISS JESSICA unsanft aus der dunklen Leere des Schlafs, als ihr die schrille Stimme eines Sängers durch Mark und Bein fuhr. Sie stöhnte, schlug rabiat auf den Wecker ein, bis er verstummte, und tastete dann blindlings nach dem Lichtschalter. Der trübe Schein ihrer roten Lavalampe bot ihr gerade genug Licht, um die Zeit ablesen zu können.
      Sieben Uhr. Die roten Ziffern leuchteten ihr sadistisch entgegen und Jessica fluchte. Wieder nur zwei Stunden Schlaf. Es war ein Wunder, dass es ihr überhaupt gelang, in der wachen Welt zu überleben, aber sie schleppte sich in die Dusche, wo der kalte Wasserstrahl vollendete, was der Wecker begonnen hatte.
      Nur noch einhundertachtzig Schultage, dachte Jessica, während sie sich auf den ersten Unterrichtstag des Abschlussjahres in der Highschool vorbereitete. Sie hatte kaum genug Zeit, sich anzuziehen, bevor sie sich den Rucksack über die Schultern werfen und die Straße hinunterrennen musste, um den Bus noch zu erwischen. Frühstück? Ein flüchtiger Traum.
     
      Die Ramsa Highschool. Was für eine perfekte kleine Nische der Hölle, dachte sie, während der Bus vor dem Schulgelände hielt. In einem Jahr wirst du für immer von hier verschwinden können. Diese Tatsache war das Einzige, was Jessica dazu gebracht hatte, am Morgen einen Fuß aus dem Bett zu setzen: Wenn sie das Abschlussjahr überstand, musste sie sich nie mehr in die Klauen der Ramsa High begeben.
      Sie lebte in Ramsa, seit sie zwölf war, und hatte schon vor langer Zeit begriffen, dass ihre Mitschüler sie nie akzeptieren würden. Zwar traten ihr nur wenige offen feindselig gegenüber, aber man konnte auch keinen von ihnen als freundlich oder entgegenkommend bezeichnen.
      Als sie sich dem Schulgebäude näherte, war sich Jessica mehr als deutlich bewusst, wie viele ihrer Mitschüler in Gruppen zusammenstanden. Sie kannte die meisten von ihnen seit fünf Jahren, aber das schien keine Rolle zu spielen, als sie ohne ein Wort an ihr vorbeigingen. Sie beobachtete sogar, wie zwei Mädchen sie bemerkten, miteinander flüsterten und sich dann still zurückzogen, so als wäre Jessica irgendwie gefährlich.
      Ein Junge aus der Oberstufe, den Jessica seit ihrem ersten Tag in der Highschool kannte, bekreuzigte sich sogar, als er sie erblickte. Sie spielte mit dem Gedanken, in satanische Gesänge auszubrechen, um ihm Angst zu machen. Er hatte vor langer Zeit entschieden, dass sie eine Hexe sein musste, und sie hatte keine Ahnung, warum. Manchmal, wenn sie in boshafter Stimmung oder einfach gelangweilt war, bestärkte sie ihn in seinem Glauben.
      In gewisser Weise hatte der Gedanke etwas Komisches. Die einzigen Hexen, die sie kannte, lebten ausschließlich in der geschlossenen Welt der Romane, die sie seit ein paar Jahren schrieb. Eine ihrer Fantasie-Hexen könnte direkt vor den Augen dieses Idioten vorbeilaufen und er würde sie im Leben nicht als solche erkennen. Jessicas Hexen waren im Allgemeinen ziemlich menschlich, was ihr Aussehen und ihr Verhalten betraf.
      Noch komischer war allerdings die Tatsache, dass ihr alter Feind das Buch Tiger, Tiger von Ash Night in den Händen hielt. Jessica fragte sich, wie er wohl auf die Nachricht reagieren mochte, dass ein Teil des Geldes, das er für das Buch bezahlt hatte, in Kürze auf ihrem Konto eintreffen würde.
      Jessica hatte vor mehreren Jahren die Idee zu Tiger, Tiger gehabt, als sie und Anne einen von Annes alten Freunden in Concord, Massachusetts, besucht hatten. Sie hatte fast das gesamte Wochenende hinter verschlossener Tür in ihrem Zimmer verbracht und diese arbeitsreichen Stunden hatten sich schließlich bezahlt gemacht. Im Klassenzimmer saß Jessica wie immer allein in der letzten Reihe. In Gedanken versunken, wartete sie darauf, dass die Anwesenheitsliste abgehakt wurde. Die Lehrerin war eine junge Frau, die Jessica noch nie gesehen hatte; ihr Name stand an der Tafel und hatte unter einigen der Schüler Gekicher hervorgerufen. Kate Katherine, Lehrerin an der Highschool, musste geistig umnachtete Eltern gehabt haben. Andererseits war ihr Name wahrscheinlich einfacher zu behalten als Jessica Ashley Allodola.
      »Jessica Allodola?«, sagte Mrs Katherine, als wären Jessicas Gedanken ihr Stichwort gewesen.
      »Hier«, antwortete Jessica abwesend. Die Lehrerin hakte ihren Namen in der Liste ab und rief den nächsten auf.
      Die Worte ihrer Adoptivmutter Anne hallten in Jessicas Gedanken wieder.
      »Morgen ist der
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