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Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord

Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord

Titel: Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord
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tödliche Verwünschungen aus.
    »Hören Sie ihn?« fragte Danglard Adamsberg, als er dessen Büro betrat.
    Ausnahmsweise kritzelte Adamsberg einmal nicht. Er stand vor seinem Schreibtisch und beendete den Bericht für den Untersuchungsrichter.
    »Ich höre ihn«, erwiderte Adamsberg.
    »Er will Ihnen die Kehle durchschneiden.«
    »Ich weiß, mein Lieber. Sie sollten Mathilde Forestier anrufen. Sie wird wissen wollen, was mit der Spitzmaus passiert ist, das ist verständlich.«
    Erfreut ging Danglard hinaus, um zu telefonieren.
    »Sie ist nicht da«, sagte er, als er wiederkam. »Ich hatte nur Reyer am Telefon. Reyer nervt mich. Ständig steckt er bei ihr. Mathilde ist weg, weil sie um neun jemanden an der Gare du Nord zum Zug bringt. Er denkt, daß sie kurz danach wieder zu Hause sein wird. Er hat hinzugefügt, daß Königin Mathilde nicht sehr in Form sei, daß ihre Stimme gezittert habe. Wir sollten später mal auf ein Glas vorbeikommen und sie ein bißchen aufmuntern. Aber womit aufmuntern?«
    Adamsberg starrte Danglard an.
    »Wieviel Uhr ist es?« fragte er.
    »Zwanzig nach acht. Warum?«
    Adamsberg griff nach seiner Jacke und rannte hinaus. Danglard hatte gerade noch Zeit zu hören, wie Adamsberg ihm zurief, er solle den Bericht in seiner Abwesenheit durchlesen, er käme wieder.
    Auf der Straße rannte Adamsberg nach einem Taxi.
    Er schaffte es, um Viertel vor neun an der Gare du Nord zu sein. Er rannte durch den Haupteingang, während er sich im Laufen eine Zigarette anzündete. Heftig packte er Mathilde, die gerade die Bahnhofshalle verließ.
    »Schnell, Mathilde, schnell! Sie ist es, nicht wahr? Lügen Sie mich nicht an, um Himmels willen! Ich bin mir sicher! Welches Gleis? Das Gleis!«
    Mathilde sah ihn an, ohne etwas zu sagen.
    »Welches Gleis?« rief Adamsberg.
    »Verdammt!« entgegnete Mathilde. »Verziehen Sie sich, Adamsberg. Wenn es Sie nicht gegeben hätte, würde sie vielleicht nicht ständig abhauen.«
    »Sie haben keine Ahnung! So ist sie eben! Welches Gleis, verdammt noch mal!«
    Mathilde wollte nicht antworten.
    »Gleis 14«, sagte sie.
    Adamsberg ließ sie stehen. Auf der großen Uhr in der Halle war es sechs Minuten vor neun. Als er sich Gleis 14 näherte, kam er wieder zu Atem.
    Da war sie. Natürlich. Ihr Körper steckte in einem enganliegenden schwarzen Top und in schwarzen Steghosen. Sie wirkte wie ein Schatten. Camille hielt den Kopf aufrecht und betrachtete irgendwas, vielleicht den gesamten Bahnhof. Adamsberg erinnerte sich dieses Ausdrucks, alles sehen wollen, ohne unbedingt etwas zu erwarten. Zwischen den Fingern hielt sie eine Zigarette.
    Dann warf sie sie weit von sich. Camille hatte immer sehr schöne Gesten. Diese war ihr wirklich gelungen. Sie packte ihren Koffer und ging den Bahnsteig entlang. Adamsberg rannte, überholte sie und drehte sich um. Camille stieß mit ihm zusammen.
    »Komm«, sagte er. »Du mußt kommen. Komm. Eine Stunde.«
    Camille sah ihn an, exakt so ergriffen, wie er es sich vorgestellt hatte, wenn er sie am Taxi erwischt hätte.
    »Aber nein«, sagte sie. »Geh, Jean-Baptiste.«
    Camille stand nicht sehr fest. Adamsberg erinnerte sich, daß Camille in normalem Zustand immer den Eindruck erweckte, als ob sie sich gleich drehen oder fallen würde. Ein bißchen wie ihre Mutter. Als ob sie auf einem biegsamen Balken über einem Abgrund balancieren würde, anstatt auf der Erde zu gehen wie jeder andere. Aber jetzt schwankte Camille wirklich.
    »Camille, du wirst doch nicht umfallen? Sag.«
    »Aber nein.«
    Camille stellte ihren Koffer ab und streckte ihre Arme über ihren Kopf, wie um den Himmel zu berühren.
    »Schau, Jean-Baptiste. Ich stehe ausgestreckt auf den Zehenspitzen. Hast du gesehen? Also, ich falle nicht um.«
    Camille lächelte und ließ schnaufend ihre Arme fallen.
    »Ich liebe dich. Laß mich jetzt fahren.«
    Sie schwang ihren Koffer durch die offene Wagentür, stieg die drei Stufen hinauf und wandte sich um, schmal und schwarz, und Adamsberg wollte nicht, daß ihm nur noch ein paar Sekunden blieben, um dieses Gesicht eines griechischen Gottes und einer ägyptischen Prostituierten anzusehen.
    Camille schüttelte den Kopf.
    »Du weißt es sehr gut, Jean-Baptiste. Ich habe dich geliebt, und Herrgott noch mal, das geht nicht einfach so weg, indem man draufpustet. Bei Fliegen schon. Fliegen fliegen einfach weg, wenn man draufpustet. Das kann ich dir im Vertrauen sagen, Jean-Baptiste: Du hast nichts von einer Fliege. Herrgott noch mal. Aber um Typen wie
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