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Es darf auch mal Champagner sein

Es darf auch mal Champagner sein

Titel: Es darf auch mal Champagner sein
Autoren: Erma Bombeck
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so eng an meinen Mann, dass es aussah, als sei er allein am Steuer. Als das erste Baby kam, zog ich ganz hinüber an die Tür, damit das Baby zwischen uns Platz hatte. Als wir dann zwei Kinder hatten, hing ich chronisch über die Rücklehne, um ganz sicherzugehen, dass keines auf den Boden gerutscht war, und traf überall mit dem Po voraus ein. Vom dritten Kind an gab ich den Beifahrersitz vollkommen auf und wurde zum festen Bestandteil der Rücksitze, damit jedes Kind sein eigenes Fenster zum Hinausschauen hatte.
    Als die Car-Pools zu einem Teil meines Lebens wurden, kehrte ich zwar nach vorne zurück, aber als Dauerchauffeur. Nie mehr sprach jemand mit mir oder nahm sonst irgendwie von mir Notiz.
    Als die Kinder dann selber anfingen zu fahren, wanderte ich zurück auf den Beifahrersitz. Und in letzter Zeit wurde ich wieder in den Fond abgeschoben - sofern für mich überhaupt ein Sitzplatz vorgesehen war.
    Ich war jetzt auf heißer Spur, das wusste ich, fieberhaft blätterte ich weiter bis zu dem Kapitel »Selbstständigwerden«. Dort hieß es, erst wenn wir allein zu stehen imstande seien, allein, ohne uns auf die Kinder zu stützen, hätten wir das Alter des Erwachsenseins erreicht.
    Verwirrend blieb die Geschichte trotzdem. Ich wusste nämlich nicht, was ich wollte. Manchmal wollte ich nur eines: allein sein. Zum Beispiel, wenn Freundinnen zu Besuch kamen. Damals, als Ivonne vorbeikam, um mir über Elaines Totaloperation zu berichten. Ehe sie ins Detail gehen konnte, pflanzte sich mein Jüngster zwischen unsere Kaffeetassen und äußerte: »Hündinnen werden nach so einer Operation immer fett. Hoffentlich kommt die arme Elaine drum herum.«
    Bei anderen Gelegenheiten wiederum wünschte ich, gebraucht zu werden, anderen eine Stütze zu sein.
    Ich schlug das Buch zu. Dieser Tag war für all so etwas ungeeignet. Draußen in der Küche standen 35 benutzte Gläser auf der Spüle. Und ich besaß gar keine 35 Gläser.
    Seit zwei Jahren ging die Haustür nicht mehr zu.
    In der Einfahrt standen sechs Wagen. Nur einer davon war fahrbereit.
    Das Backpulver, das ich in den Kühlschrank gestellt hatte, damit er weniger roch, war zur Hälfte aufgegessen. An der Backofentür sah man schwarze Fußabdrücke.
    Der Hund sah zu fett aus.
    Außerdem hieß es Abschied nehmen von dem reinen, natürlichen Kräutershampoo, das ohne Verschluss im Waschtisch lag und in den Abfluss sickerte. Abschied nehmen auch von der Verandaleuchte, deren Birnen alle sechs Wochen erneuert werden mussten. Und von den verschimmelten Handtüchern, leeren Eiswürfeltabletts und allen Etiketten, auf denen stand: für lauwarme Handwäsche, und dem Frühstücksspeck, der sich zu trockenen Locken ringelte, weil keiner ihn je wieder einpackte.
    Meine sämtlichen Freundinnen hatten die Abhängigkeit von ihren Kindern hinter sich, sie waren auf Kreuzfahrt um die Welt. Ich wusste es genau, weil kein Tag verging, an dem mir nicht eine von ihnen schrieb.
    Und ich? Ich sortierte immer noch Socken, fischte Krümel aus dem Trinkwasserkrug im Kühlschrank und spielte am Muttertag die Hocherfreute über einen Käsehobel. Als nun eines Tages mein älterer Sohn seine Brille suchte, um mein Portemonnaie besser finden zu können, und der jüngere mein Autoradio auf einen Rock-Sender einstellte, wusste ich mit einem Schlag, was ich zu tun hatte.
    Ich nahm ihn beiseite und sagte: »Hör mal, für ein Kind, das eigentlich gar keine Eltern gewollt hat, hast du doch Glück gehabt. Ich weiß, ich habe auch viel verkehrt gemacht...«
    »Wenn es wegen dem Cashmere-Pullover ist, den du bei 90° gewaschen hast, vergiss es«, sagte er.
    »Nein, es ist wegen des mangelnden Kontaktes zwischen uns. Wir können kaum je ein Gespräch führen, ohne uns gegenseitig anzubrüllen.«
    »Nicht doch, Mom«, sagte er. »Jetzt sind doch die besten Jahre deines Lebens.«
    Ich fing an zu weinen. »So was sagen Kinder immer. Worauf ich hinauswill: Warum kannst du mich nicht als das akzeptieren, was ich bin, warum muss ich perfekt sein? Nie darf ich etwas, was alle anderen Mütter dürfen. Jetzt wird es Zeit, dass ich mich losreiße und mich selbst verwirkliche. Ich finde, du solltest ausziehen und dir eine eigene Wohnung nehmen.«
    Als ich ihn stehen ließ, murmelte er: »Was habe ich nur falsch gemacht?«
    Als am nächsten Abend Gloria zum Abendessen angelatscht kam und sich auf den nächsten Stuhl fallen ließ, machte ich ihr Mitteilung von meinem Ultimatum.
    »Du bist eine vorbildliche Mutter«,
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