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Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer
Autoren: Stephen Baxter
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übersät war.
    Aber die Schlacht war noch immer nicht zu Ende. Die Energie und der Wagemut des Morgens waren längst verflogen, und nur einige wenige Beleidigungen schwebten noch über dem aufgewühlten Boden. Und dennoch, als es so weit war und die Trompeten ertönten, quälten sich die müden Normannen den Hang hinauf und kletterten über die Körper der Toten hinweg, um sich auf die Engländer zu werfen. Immer und immer wieder. Es war ein kollektiver Wahnsinn, dachte Godgifu benommen, ein Wahnsinn, der erst aufhören würde, wenn sie alle tot waren und nur die Raben sich noch auf dem Schlachtfeld bewegten, um Augen auszupicken.
    Sihtric kam zu seiner Schwester und blieb neben ihr
stehen. Er trug immer noch sein steifes, nicht von Blut verunreinigtes Kettenhemd. »Ich habe die Prophezeiung bei mir«, sagte er fiebrig. »Das Menologium. Ich hatte gehofft, den König damit in seiner Entschlossenheit bestärken zu können. Aber Harold will nichts unternehmen. Er grübelt über Edwards Fluch, dass er vor dem eigenen Tod seine Brüder verlieren würde. Selbst die Aussicht auf ein nördliches Imperium, eine ganze neue Welt, wiegt für ihn nicht so viel wie der Schmerz über den Verlust seiner Brüder, die Furcht vor Gottes Zorn. Ich glaube, für Harold ist dieser Tag zu einem Gottesurteil durch Krieg geworden, und in seinem Kummer und seinem Schuldbewusstsein lässt er Gott über das Ergebnis entscheiden. Ich frage mich, ob der Weber daran gedacht hat.«
    »Der Weber betrachtet uns als Figuren in einem Bildteppich«, sagte Godgifu. »Es ist nicht der Weber, der hier und jetzt kämpft. Wir sind es. Und dennoch, Sihtric, der Wall hält stand.«
    »Ja. Wenn wir bis zum Einbruch der Dunkelheit durchhalten, können wir immer noch siegen.«
    Sie warf einen Blick zu den normannischen Linien hinüber, zu den Reihen der Männer, die von erhobenen Speeren starrten. »Aber«, sagte sie, »das wissen die Normannen bestimmt auch.«

XXVI
    Auf dem Schlachtfeld herrschte für den Augenblick Ruhe, während beide Seiten vor einem neuen Angriff erschöpft ihre Kräfte sammelten. Einige Männer tranken oder aßen sogar etwas; es war ein langer Tag gewesen. Auf dem Feld selbst regte sich nichts außer den Aasvögeln und den Soldaten beider Seiten, die den Toten ihre Waffen und Kettenhemden abnahmen; es hatte nie genug von den kostspieligen Ringpanzern gegeben.
    Orm hockte neben Robert von Mortain in einem Block von Fußsoldaten, die alle keuchend dasaßen oder sich ausstreckten. Orms Schild lag vor ihm auf dem Boden, zersplittert von vielen Schlägen.
    »Uns läuft die Zeit davon«, sagte Robert zu Orm. »Wir haben genug Männer, aber nicht genug Zeit. Das Tageslicht schwindet, und mit ihm unsere Aussichten … Da ist der Herzog.«
    William ritt mit abgenommenem Helm vor den Linien entlang. Breitbeinig saß er auf seinem vierten Pferd an diesem Tag. »Steht auf«, befahl der Herzog jetzt. »Steht auf, sage ich! Hoch mit euch!« Seine gutturale Stimme war überall in den Linien zu vernehmen.

    Die Männer rappelten sich mühsam auf. Orm versuchte, ein Beispiel zu geben, aber er war ebenso müde wie alle anderen. Jeder Knochen und Muskel tat ihm weh, und sein Kettenhemd war so schwer wie ein Sarg. Er hatte keine größeren Wunden davongetragen, aber jeder Hieb, den er pariert hatte, jeder Pfeil, der gegen sein Kettenhemd geprallt war, hatte seine Knochen erschüttert und seine Kraft ein wenig mehr verbraucht. Es war, als hätte ein Riese mit einem Eichenknüppel den ganzen Tag lang auf ihn eingeschlagen.
    Und dennoch kam er auf die Beine.
    William stellte sich in seinen Steigbügeln auf, ein gedrungener, kräftiger Mann, immer noch voller Energie. »Die Norweger haben England dieses Jahr angegriffen«, sagte er. »Sie sind mit dreihundert Schiffen gekommen. Harold hat die Überlebenden in dreißig Schiffen nach Hause geschickt. Ihr steht einem großen Kriegsherrn gegenüber, daran besteht kein Zweifel. Aber ihr werdet ihn schlagen, und dann werdet ihr an Gold ersticken, vom vielen Lustreiten wird euch der Schwanz abfallen, und Jesus wird anfangen, im Himmel einen großen Biervorrat für euch anzulegen.«
    Die Männer jubelten rau.
    »Aber um heute den Sieg zu erringen, müssen wir einen letzten Angriff unternehmen. Die Kavallerie wird von unserer rechten Flanke auf sie losstürmen, und die Schützen werden von links Eisen auf sie herabregnen lassen. Wir werfen alles in die Waagschale, was wir haben. Ein letzter Sturmangriff diesen
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