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Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer
Autoren: Stephen Baxter
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sinken ließ, würde auch er jeden Moment niedergemäht werden.

XXIII
    In den englischen Reihen erhob sich ein großes Gemurmel. Godgifu sah, wie zur Linken der Engländer eine Standarte fiel. War das Leofwine, Harolds Bruder? War er schon so früh gefallen, niedergestreckt von einem Zufallstreffer, einem Pfeil oder einem Wurfspeer?
    Doch auf dem Feld ging die Schlacht weiter. Sie sah, dass die Linie, wo am heftigsten gefochten wurde, erhöht war, weil die kämpfenden Männer auf den am Boden liegenden Körpern ihrer Verbündeten und Feinde standen.
    Und nun änderte sich etwas. Auf der normannischen Seite erschallten Trompeten. Die dicht gedrängte Menge der Krieger, Schild an Schild, geriet in Bewegung, als laufe eine Welle hindurch. Die Normannen traten auf ganzer Linie zurück, wobei sie mit ihren Schwertern nach dem Feind stießen und ihn aufstachelten. Die Engländer behielten ihre Position bei, und allmählich tat sich eine Lücke zwischen den beiden Schildreihen auf. Der Boden zwischen ihnen war zu Schlamm aufgewühlt und blutrot, gesättigt von Fleisch und Knochenstücken.
    Sihtric beobachtete das Geschehen entsetzt und fasziniert
zugleich. »Wer hätte gedacht, dass ein Mensch so viel Blut verlieren kann? Wenn Gott gewollt hätte, dass wir Kriege führen, hätte er uns keine Haut gegeben, die so dünn ist wie ein Spinnennetz.«
    Godgifu sah, wie sich die Verwundeten bemühten, zu ihren Linien zurückzugelangen. Einige von ihnen konnten noch laufen, aber viele waren grässlich verstümmelt, mit abgetrennten Händen, ausgestochenen Augen oder klaffenden Wunden, aus denen karmesinrotes Blut strömte. Diejenigen, die nur noch kriechen konnten, waren noch schlimmer dran. Ihre Wunden waren auf beinahe komische Weise grotesk.
    Als der Rückzug weiterging, gestattete sich Godgifu einen Anflug von Hoffnung. »Ist es vorbei?«
    Das Donnern von Hufen ertönte.
    »Ich glaube nicht«, sagte Sihtric.
    Die normannische Kavallerie griff von der linken Seite an. Sie ritten in Einheiten von acht oder zehn Männern, mit Kettenhemden und Helmen, die in ihren Steigbügeln standen. Die Tiere waren klein und stämmig; es waren Hengste, und da ihre Köpfe von grausamen Trensen zurückgerissen und ihre Flanken von Sporen zerstochen wurden, waren sie schnell. Die gewaltige physische Präsenz der Pferde erschreckte Godgifu; Massen aus Fleisch und Hufen rasten auf die englische Linie zu. Der Boden erbebte.
    Aber kein Pferd würde frontal in eine Mauer aus Schilden stürmen. Im letzten Moment drehten die Pferde den Kopf, und ihre Körper krachten in die Schilde und verstreuten Männer wie Kegel. Sie galoppierten
an der Linie entlang zur rechten Seite der Engländer, durch den Korridor zwischen den einander gegenüberstehenden Fußtruppen. Die Ritter auf ihnen schleuderten ihre Lanzen und schlugen und stachen dann mit ihren Schwertern zu, während das normannische Fußvolk jubelte und seine Speere in die Luft reckte. Aber die Engländer schlugen zurück. Der Trick bestand darin, mit der Axt auf den Hals des Pferdes zu zielen, sah Godgifu. Bald stürzten Männer und Pferde in den Schmutz.
    Godgifu dachte, dass jedes stürzende Pferd drei oder vier englische Kämpfer unter sich begrub. Aber die Linie hielt.
    »Und schau!«, brüllte Sihtric und zeigte hin. »Die Normannen auf der rechten Seite! Sie fliehen!«
    Es waren keine Normannen, sondern Bretonen, erschrocken vom Angriff ihrer eigenen Kavallerie; ihr ordentlicher Rückzug verwandelte sich in wilde Flucht. Noch schlimmer, in ihrer Panik fielen nicht wenige von ihnen in einen Graben, den sie zuvor sicher überquert hatten.
    Die Engländer, die ihnen gegenüberstanden, Gyrths Ostanglier, brachen aus ihrer Linie aus und verfolgten die Bretonen. Ihr Blut war in Wallung, und das Blutbad hatte ihre Sinne getrübt. Sie fielen über die Bretonen her, die in dem Graben lagen, und hieben auf ihre sich windenden Rücken ein.
    Die englischen Befehlshaber blieben auf der Anhöhe und forderten ihre Soldaten mit lauter Stimme auf, zu ihren Stellungen zurückzukehren. Godgifu erkannte
Gyrth an seinem auf einzigartige Weise verzierten Schild, einer runden Holzplatte mit einem Knauf, aus dem ein grausamer Stachel ragte – und dann fiel auch er , sah sie fassungslos, gefällt von einem zufälligen Wurfspieß-Treffer.
    Seine Huscarls versammelten sich um seinen Körper. Nun waren schon zwei der schönen Godwine-Brüder gefallen.
    Sihtric hatte das nicht gesehen. Aufgeregt brüllte er: »Harold muss
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