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Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer
Autoren: Stephen Baxter
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zu.
    »Dann kürz mir doch den Sold. Und du bekommst eine Prämie«, knurrte Orm, an Nennius gewandt, »wenn du dem Herzog ein Pferd bringen kannst.« Er stieß den Bretonen weg.
    Dann stand er neben Robert und sah sich den grimmigen Engländern gegenüber, die sie eingekreist hatten. Es waren ordentlich ausgerüstete Fyrd-Männer, viele von ihnen durchaus stark und tapfer – und gefährlich, wie alle Männer, denen der Gestank der Schlacht in die Nase stieg. Die Normannen um William herum waren geschickt genug, um sie abzuwehren, besaßen aber nicht die Kraft, sich aus der Umzingelung
zu befreien; sie würden einer nach dem anderen fallen.
    »Wenn Harold jetzt zuschlagen würde, wären wir erledigt«, sagte Robert.
    »Bis jetzt hat er es nicht getan«, rief Orm. »Und bis er es tut …«
    Drei Engländer gingen zugleich auf ihn los. Er trieb dem ersten das Schwert in die Kehle, rammte dem zweiten das Heft in die Augenhöhle und knallte dem dritten den Schildknauf ins Gesicht.
     
    Auf der Anhöhe stand Harold unter seiner Krieger-Standarte.
    Es war beinahe ruhig hier, dachte Godgifu, wo die Männer des Schildwalls, allesamt knallharte Huscarls, noch immer ihre Linie hielten. Aber auf der Rechten der Engländer ging das Blutbad weiter.
    »Wir müssen zuschlagen«, stöhnte Sihtric. »Es heißt, William ist zu Boden gegangen. Wir müssen vorrücken!«
    Aber Harold stand allein da, schweigend, und seine Huscarls hatten dem Priester nicht erlaubt, sich ihm zu nähern.
    Jeder wusste, warum. Es konnte noch keine ganze Stunde vergangen sein, seit die Normannen mit ihrem Vorstoß begonnen hatten, und dennoch hatte Harold bereits beide Brüder verloren. Ebenso wie er Tostig bei Stamfordbrycg und seinen ältesten Bruder Swein schon vor Jahren verloren hatte. Nun war Harold außer dem armen Wulfnoth, der sein Leben in normannischen
Kerkern verbrachte, als Einziger der strahlenden Godwine—Söhne noch am Leben.
    Und hier, auf dem Scheitelpunkt dieser Schlacht um England, während sich die Zukunft der ganzen Welt um ihn drehte, zögerte Harold.
    Godgifu hörte, wie ein gewaltiges Gebrüll von den Normannen aufstieg. Sie drehte sich zu ihnen um.
     
    Der Junge namens Nennius kam mit einem reiterlosen Pferd zu Orm zurück. Es war ein Wunder, dass es ihm in dem Durcheinander der Flucht gelungen war, es hierher zu führen. Nennius grinste, als er Orm die Zügel in die Hand drückte.
    Grinste, als eine englische Lanze sein Kettenhemd durchbohrte und vorn an seinem Bauch austrat.
    Grinste, als Orm den Mörder seinem Opfer in ein anderes Leben nachschickte.
    William lief zu dem Pferd und sprang darauf, sportlich für solch einen schweren Mann. Er nahm seinen Helm ab, und das Pferd bockte und schnaubte. »Zu mir! Zu mir!« Er begann sofort wieder zu kämpfen und hieb mit seinem langen Knüppel um sich; der Finger des Heiligen baumelte an seinem Hals. Er war erstaunlich, unaufhaltsam – der Gedanke, er könnte sterblich sein, war ihm offenbar fremd –, und er warf sich auf die Engländer wie der Tod selbst.
    Ein Gebrüll stieg überall in den normannischen Linien auf, als sich herumsprach, dass William noch am Leben war. Selbst die Bretonen sammelten sich wieder. Die Engländer wichen bestürzt zurück.

    Nun ertönten weitere Hörner, und mit neuerlichem Hufgedonner stürmten Kavallerieeinheiten von der linken Seite heran. Plötzlich waren die Engländer, die eben noch die Bretonen verfolgt hatten, vom Gros ihrer Streitmacht auf der Anhöhe abgeschnitten. Und während Orm, Robert, Odo und die anderen sich zusammen mit William zu den normannischen Linien zurückkämpften, wurden die isolierten Engländer einer nach dem anderen niedergemacht.
    Robert von Mortain fand Orm. »Du hast dir deinen Sold verdient, du kleiner Glückspilz. Und du musst nicht einmal diesen Jungen mit dem Pferd bezahlen.«
    »Was nun? Greifen wir wieder an?«
    »Nein. Wir lassen zur Abwechslung einmal die Bogenschützen und die Kavallerie ein bisschen arbeiten. Wir ziehen uns zurück, holen frische Truppen und bauen die Linie neu auf. Dann greifen wir wieder an.«

XXV
    Die Stunden verstrichen.
    Es war ein Oktobertag, und die stets tief stehende Sonne beschrieb ihre Bahn, bis sie im Süden stand, wo sie über den normannischen Linien hing und den Engländern wie das Auge Gottes grell ins Gesicht schien. Sie schaute auf ein Schlachtfeld hinab, das in zunehmendem Maße mit toten und sterbenden Engländern und Normannen sowie mit dampfenden Pferdekadavern
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