Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erntedank

Erntedank

Titel: Erntedank
Autoren: Volker Michael; Klüpfel Kobr
Vom Netzwerk:
»Wieso dieser ganze
    Sagen-Firlefanz?«, wollte er wissen.
    »Hätten Sie sonst verstanden?«
    »Wenn es ein göttlicher Plan war, Hartmann, und wenn Ihre Liste noch länger war: Wieso sitzen Sie dann jetzt hier?«
    Das ratlose Gesicht des Richters war das letzte, was der Kommissar sah, bevor er die Tür hinter sich schloss.
    ***
    »Was hat er damit gemeint: ›Hätten Sie sonst verstanden?‹«, fragte Eugen Strobl seinen Chef, als sie auf der Couch in seinem Büro Platz nahmen.
    »Ich vermute, dass wir sonst nicht verstanden hätten, warum sie sterben mussten. So hat er es vermutlich gemeint.«
    Eine ganze Weile blieb es still im Zimmer. Dann sagte Strobl: »Vielleicht hat er Recht.«
    Kluftinger antwortete nicht. Er war völlig erschöpft. Es war kurz nach Mitternacht. Eigentlich hatte er sich seinen Sonntag anders vorgestellt.
    Die Türe ging auf, Maier und Hefele kamen herein. Sie ließen sich mit einem Seufzen ebenfalls in die Sessel plumpsen. Hefele wirkte irritiert.
    »Hat euch die Urban nichts gesagt?«, wollte der Kommissar wissen.
    »Doch, das ist es ja gerade. Alles. Sie hat nicht einmal ansatzweise versucht, sich irgendwie rauszureden. Wir könnten ihr nichts anhaben, hat sie immer wieder gesagt.«
    Kluftinger und Strobl nickten. Dann sagte ein paar Minuten keiner mehr etwas. Sie hingen einfach nur ihren Gedanken nach, versuchten, das eben Gehörte zu verarbeiten.
    »Wisst ihr was, Männer?«, durchbrach Kluftinger plötzlich das Schweigen. »Ich geb einen aus.«
    »Ja, da schau her. Ganz neue Töne«, freute sich Hefele. »Hast du hier irgendwo einen Flachmann versteckt?«
    »Nein, mit Alkohol kann ich leider nicht dienen. Aber ich hab was Besseres. Flüssiges Gold sozusagen.«
    Seine Kollegen sahen mit ratlosen Blicken, wie er hinter seinem Schreibtisch verschwand und eine Flasche Apfelsaft hervorzog.
    »Kluftinger Gold, aus eigener Mostung. Da geht nix drüber!«
    »Genau: Heute wird mal nicht aufs Geld geschaut«, spottete Strobl. Dennoch nahm sich jeder ein Glas und hielt es unter die Flasche.
    »Ach, wird hier ohne misch gefeiert?« Sandy war unbemerkt ins Büro gekommen.
    »Nein, nein, Fräulein Henske. Nehmen Sie sich ein Glas.«
    »Wie geht’s dem Arm?«
    Er brannte immer noch wie Feuer.
    »Merkt man kaum noch«, antwortete der Kommissar.
    Sie hoben die Gläser und prosteten sich zu. Zum ersten Mal an diesem Tag waren sie ausgelassen. Und Kluftinger tat aus dieser Euphorie heraus etwas, was er unter normalen Umständen nicht gemacht hätte: Er ging zum Telefon, tippte eine Nummer ein, wartete und sagte dann: »Ja. Kluftinger. Herr Lodenbacher, wenn Sie wollen – wir stoßen hier gerade ein bisschen auf das Ende der Ermittlungen an … Ja, bis gleich.«
    Kurze Zeit später erschien ihr Chef etwas misstrauisch, weil er offenbar selbst nicht so recht glauben konnte, dass ihn die Kollegen zu einem Umtrunk einluden. Auch er war sichtlich froh, dass nun alles zu Ende war, und ließ sich in der allgemeinen Hochstimmung zu ungewohnten Äußerungen hinreißen: »Auf meine besten Männer«, sagte er mit erhobenem Glas in feierlichem Hochdeutsch und schob, als er den strafenden Blick von Sandy Henske bemerkte, nach: »Und de beste Sekretärin.« Es blieb nicht die einzige Flasche Apfelsaft, die an diesem Abend geleert wurde. Und Sandy steuerte sogar noch eine Packung Salzstangen bei. Obwohl es bereits sehr spät war und alle mitgenommen und erschöpft waren, wollten sie noch nicht nach Hause. Als hätten sie Angst vor dem Loch, in das sie nach dieser aufwühlenden Zeit fallen würden, saßen sie blass auf dem Sofa und freuten sich über den gemeinsam erreichten Erfolg. Daheim hätten sie zwar auch davon erzählen können, verstanden hätte man sie aber nicht. Ihre Lieben hätten geduldig zugehört und ihre Ausführung mit Einwürfen wie »Um Gottes Willen« oder »Wirklich?« quittiert. Doch was es wirklich bedeutete, das konnten nur die Kollegen nachvollziehen, die dabei gewesen waren.
    Etwa um eins verabschiedeten sich Dietmar Lodenbacher und Sandra Henske. Sie wolle noch bei Möbius vorbeischauen. Es war ausgerechnet Hefele, der ihr auftrug, ihm einen schönen Gruß auszurichten. Und Lodenbacher wies sie alle an, morgen nicht vor elf Uhr im Büro zu erscheinen.
    Als sie gegangen war, sagte Strobl: »Apropos Möbius: Gibt es da was, was wir wissen müssten?«
    Kluftinger verstand nicht. »Wie – was ihr wissen müsstet?«
    »Na, ihr scheint ja inzwischen sehr intim zu sein«, ergänzte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher