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Ermittler in Weiß - Tote sagen aus

Ermittler in Weiß - Tote sagen aus

Titel: Ermittler in Weiß - Tote sagen aus
Autoren: Wolfgan Dürwald
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solchen Umgebung vegetieren zu müssen. Ihm müsste man vielmehr Dank und Anerkennung entgegenbringen. Bei einer Zellendurchsuchung wurden in seinen Sachen ein Injektionsbesteck und Pervitinampullen gefunden. Es blieb ungeklärt, woher sie stammten und wie er sie in die Haftanstalt geschmuggelt hatte. Im Rahmen der Ermittlungen wurde er zur Begutachtung in die Universitätsnervenklinik eingewiesen, in der er sich sechs Wochen zur Beobachtung aufhielt. Nach der Diagnose lag keine Geisteskrankheit im engeren Sinn vor. Allerdings hielten die Gutachter die geistige Störung für so ausgeprägt, dass die Voraussetzungen zur Anwendung des § 51 Abs. l StGB gegeben waren. Wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch Herrn v. W. wurde die Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt gemäß § 42b StGB für notwendig erachtet. Das Gericht schloss sich diesem Vorschlag an und ordnete die Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt an. In der Anstalt verhielt sich Dr. v. W. äußerst geschäftig und mischte sich in alle Anstaltsangelegenheiten ein. Er pochte immer wieder auf seine ärztliche Ausbildung, gab sich als Arzt aus und betätigte sich als solcher. Er beriet Patienten hinsichtlich ihrer Behandlung, machte abweichende Behandlungsvorschläge und empfahl unablässig die Wundersalbe »Wilckosan«. Er verstieß laufend gegen die Anstaltsordnung und gab Angehörigen unbefugt Auskünfte über Patienten. Zweimal wurden bei der Durchsuchung seiner Sachen Injektionsspritzen und Pervitinampullen gefunden. Im Februar 1948 floh er aus der Anstalt, begab sich nach L. und begann wiederum zu praktizieren. Das Spiel wiederholte sich: Erneut verlangte er für geringfügige Behandlung hohe Honorare. Diesmal wurde von mehreren Patientinnen vermerkt, dass er sich und anderen Pervitin verabreichte. Durch den ungewöhnlich hohen Verbrauch von Rauschgift wurde auch das Rauschgiftdezernat auf Dr. v. W. aufmerksam. Er wurde erneut festgenommen, wies aber den Vorwurf, den größten Teil der von ihm verordneten Medikamente, vor allem Pervitin, für sich selbst verbraucht zu haben und rauschgiftsüchtig zu sein, entschieden zurück. Im April 1948 wurde er erneut in eine Heil- und Pflegeanstalt eingewiesen. Hier verhielt er sich genauso wie bei seinem früheren Aufenthalt. 1949 wurde vom Gericht seine Entlassung verfügt. Danach übersiedelte er offenbar nach Westdeutschland, denn es wurde bekannt, dass er 1950 in einer Anstalt in Goslar wiederum auf seine strafrechtliche Zurechnungsfähigkeit begutachtet wurde, weil er durch wildes Praktizieren und eine größere Zahl von Abtreibungen aufgefallen war. Einer weiteren Strafverfolgung entzog er sich durch die Flucht. Danach verliert sich seine Spur. Sicherlich ist das geschilderte unglaubliche Geschehen zu einem großen Teil den chaotischen Nachkriegsverhältnissen zuzuschreiben. Dennoch fühlt man sich zu dem Ausspruch veranlasst: ... und wenn er nicht gestorben ist, praktiziert er heute noch.

Kapitel 10
Verbrechen im Krankenhaus
    »Meine Verordnungen werde ich treffen zu Nutz und Frommen der Kranken nach bestem Vermögen und Urteil und von ihnen Schädigung und Unrecht fern halten. Ich werde niemandem - auch nicht auf seine Bitte hin - ein tödliches Gift verabreichen oder auch nur einen solchen Rat geben.« Diese verpflichtende Feststellung im Eid des HIPPOKRATES (460-377) ist über Jahrtausende Richtschnur ärztlichen Handelns gewesen. Die Erhaltung des Lebens, die Heilung von Krankheiten und die Linderung von Schmerzen sind von jeher die eigentliche Aufgabe der medizinischen Wissenschaft. Doch auch im medizinischen Bereich gibt es Verbrecher und Verbrechen. Berichte von vorsätzlichen Tötungen alter Menschen in Kliniken und Altenheimen haben die Öffentlichkeit aufgeschreckt. Mit einem besonders ungewöhnlichen Fall von vorsätzlicher Tötung in einem Krankenhaus und gleichzeitig einem der spektakulärsten Giftmorde in der DDR musste ich mich schon bald nach meiner Rückkehr in die Gerichtsmedizin befassen.  
     Morde zu statistischen Zwecken
     Eines Morgens rief ein in Thüringen sehr bekannter chirurgischer Chefarzt eines Kreiskrankenhauses im Institut an und fragte, ob er notfalls auch auf eigene Kosten eine Sektion durch die Gerichtsmedizin anfordern könnte, da sowohl der Kreisarzt als auch der Staatsanwalt eine Sektionsanordnung abgelehnt hätten. Er könne und wolle aber nicht weiter operieren, bevor nicht eine Reihe von Todesfällen aufgeklärt wäre, deren
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