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Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Titel: Erdzauber 03 - Harfner im Wind
Autoren: Patricia A. McKillip
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sprach.
    »Der Erhabene!« sagte Rood. Nichts von der Härte des Kriegers lag mehr in seiner Stimme. Die Worte waren ein Rätsel voller Bitterkeit und Verzweiflung, ein Flehen um eine Antwort. Seine Augen trafen die von Morgon, mit einem vertrauten Aufblitzen von Selbstironie. »Du hast meinen Vater gehört. Ich bin kein Rätselmeister mehr. Dieses Rätsel wirst du beantworten müssen, Rätselmeister.«
    »Ja, ich werde es beantworten«, erwiderte er müde. »Es scheint, daß ich keine Wahl habe.«
    »Ihr seid viel zu lange hiergeblieben«, bemerkte Mathom.
    »Ich weiß. Ich konnte nicht fort. Jetzt werde ich gehen...«: Er warf einen Blick auf Duac. »Morgen? Sind die Schiffe bis morgen bereit?«
    Duac nickte. »Bri Corvett sagte mir, daß sie mit der Ebbe um Mitternacht auslaufen werden. Er hat noch eine Menge mehr zu mir gesagt, als ich ihm erklärte, was Ihr wollt. Aber er kennt Männer, die gegen Gold bereit sind, selbst eine Ladung von Toten zu befördern.«
    »Morgen«, murmelte Mathom.
    Er blickte zuerst auf Morgon und dann auf Rendel, die schweigend in das Licht einer tropfenden Kerze starrte. Ihr Gesicht war trotzig, als bereitete sie sich auf eine Auseinandersetzung vor. Mathom schien hinter seinen schwarzen, unergründlichen Augen seine eigenen Vermutungen anzustellen. Sie hob langsam den Blick, als spürte sie seine Gedanken.
    »Ich reise mit Morgon, und ich bitte dich nicht, uns zu verheiraten. Willst du nicht einmal Widerspruch erheben?«
    Er schüttelte seufzend den Kopf.
    »Ich bin zu alt und zu müde, um zu streiten, und das einzige, was ich für euch beide wünsche, ist, daß ihr irgendwo in diesem von Unrast geschüttelten Reich euren Frieden findet.«
    Sie starrte ihn an. Ihr Gesicht begann plötzlich zu beben, und sie streckte die Arme nach ihm aus, während Tränen ihr über die Wangen liefen.
    »Oh, warum warst du nur so lange fort?« flüsterte sie, als er sie fest an sich drückte. »Ich brauchte dich.«
    Er sprach mit ihr und mit Morgon, bis die Kerzen in ihren Haltern heruntergebrannt waren und die Fenster bleich wurden vom grauen Licht der Morgendämmerung. Sie schliefen fast den ganzen folgenden Tag, und spät am Abend, als die Welt wieder still war, führte Morgon sein Heer von Toten zum Hafen von Anuin.
    Sieben Handelsschiffe lagen im Mondlicht vertäut, beladen mit feinen Tuchen und Gewürzen. Morgon, in dessen Geist eine wirre Masse von Namen, Gesichtern und Erinnerungen aus den Gehirnen der Toten brodelte, sah zu, wie die Krieger langsam im dunklen Hafen schattenhaft Gestalt annahmen. Bewaffnet und gepanzert warteten sie schweigend auf ihren Pferden. Die Stadt hinter ihnen lag im Dunklen; die schwarzen Finger der Masten im Hafen hoben sich mit der Dünung, um die Sterne zu berühren, und sanken wieder nieder. In traumhafter Stille hatten sich die Toten unter den Augen Duacs und Bri Corvetts und der schaudernden Seeleute auf den Schiffen versammelt. Gerade wollten sie an Bord gehen, als ein Pferd das Dock heruntergaloppierte und Morgon aus seiner Konzentration riß. Wie benommen starrte er auf Rendel, als diese vom Pferd sprang, konnte nicht verstehen, wieso sie nicht noch schlafend auf ihrem Lager lag. Während sein Geist sich mit ihrer unerwarteten Anwesenheit herumschlug, wurde er langsam wieder in die Nacht der Lebenden zurückgezogen. Nicht weit von ihnen brannte eine einsame Fackel; ihr Licht übergoß Rendels Haar, das sich aus den mit Edelsteinen besetzten Nadeln löste, mit einem feurigen Glanz. Ihr Gesicht konnte er nicht gut sehen.
    »Ich komme mit dir nach Hed«, sagte sie.
    Er hob die Hand, um ihr Gesicht dem Licht zuzuwenden. Die Verärgerung darin holte ihn in die Gegenwart zurück.
    »Wir haben das doch besprochen«, versetzte er. »Nicht auf diesen Schiffen, die voll sind von den Geistern der Toten.«
    »Du hast es mit meinem Vater besprochen. Du hast vergessen, mit mir darüber zu sprechen.«
    Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn, merkte, daß er schwitzte. Bri Corvett stand nicht weit von ihnen über die Reling gelehnt, sein Ohr auf ihre Stimmen gerichtet, sein Auge aufs Wasser.
    »Herr«, rief er leise, »wenn wir nicht bald auslaufen, sitzen hier sieben Schiffe voller Toter bis zum Morgen fest.«
    »Gut.« Er reckte sich, um die stechenden Knoten der Anspannung in seinem Rücken zu lockern. Rendel verschränkte die Arme. Er fing eine Nadel auf, die ihr aus dem Haar fiel. »Es wäre das beste, wenn du durch Hel nach Caithnard hinaufreitest und dort auf mich
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