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Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Titel: Erdzauber 03 - Harfner im Wind
Autoren: Patricia A. McKillip
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ein kleines Haus«, sagte sie überrascht.
    Er nickte. »Kleiner, als ich es in Erinnerung habe.«
    Seine Kehle war wie zugeschnürt. In einem Stubenfenster sah er Bewegung im trüben Kerzenlicht, und er fragte sich, wer so spät in der Nacht im Haus noch aufsaß. Dann traf ihn unerwartet der Geruch nach feuchter Erde und rankendem Wurzelwerk; Erinnerung auf Erinnerung durchdrang ihn mit Trieben und Wurzeln von Landrecht, bis er den Bruchteil einer Sekunde lang seinen Körper gar nicht mehr spürte und sein Geist sich im endlosen Wurzelwerk Heds verästelte.
    Er mußte stehenbleiben, weil ihm der Atem stockte. Die Gestalt am Fenster bewegte sich. Das Licht verdunkelnd, starrte sie in die Nacht hinaus: groß, breitschultrig, gesichtslos. Abrupt drehte sie sich um, eilte an den Fenstern der Stube vorbei. Die Türen von Akren flogen krachend auf; ein Hund bellte einmal.
    Morgon hörte Schritte. Sie durchquerten den Hof und blieben vor dem schrägen Schatten des Daches stehen.
    »Morgon?« Fragend hing der Name in der stillen Luft. Dann wurde aus der Frage ein Ruf, der sämtliche Hunde weckte, als sein Echo über die Felder flog. »Morgon!«
    Eliard war bei ihm, noch ehe er eine Bewegung machen konnte. Er hatte nur einen flüchtigen Eindruck von buttergelbem Haar, muskelbepackten Schultern und einem Gesicht, das im Mondlicht eine frappante Ähnlichkeit mit dem ihres Vaters hatte. Dann umschlang Eliard ihn mit beiden Armen und drückte ihm die Luft ab, während er mit den Fäusten hart auf Morgons Schultern schlug.
    »Du hast dir Zeit gelassen«, sagte er.
    Er weinte. Morgon wollte sprechen, doch seine Kehle war zu trocken; er senkte seine brennenden Augen an Eliards massige Schulter.
    »Du Bär«, flüsterte er. »Willst du dich wohl beruhigen?«
    Eliard schob ihn von sich weg, begann, ihn zu schütteln.
    »Ich hab’ deinen Geist in mir gespürt, so wie ich ihn in meinen Träumen spürte, als du in jenem Berg gefangen warst.« Tränen rannen ihm über das Gesicht. »Morgon, verzeih mir, verzeih mir - «
    »Eliard.«
    »Ich wußte, daß du in Nöten warst, aber ich habe nichts getan – ich wußte nicht, was ich tun sollte - , und dann bist du gestorben, und die Landherrschaft ging an mich über. Und jetzt bist du wieder da, und ich habe alles, was dir gehört. Morgon, ich schwöre es, wenn es einen Weg gäbe, würde ich mir die Landherrschaft aus der Seele reißen und sie dir zurückgeben.«
    Morgons Hände schlössen sich in plötzlicher, grimmiger Umklammerung um seine Arme, und er brach ab.
    »Sag das nie wieder zu mir. Nie wieder.«
    Eliard starrte ihn wortlos an, und Morgon spürte, während er ihn so hielt, daß er in sich die ganze Kraft und Unschuld von Hed barg.
    »Du gehörst hierher«, sagte er ruhiger. »Und mehr als sonstwo brauche ich dich hier in Hed, das Land zu hüten und zu bewahren.«
    »Aber Morgon - du gehörst doch hierher. Dies ist deine Heimat, du bist nach Hause gekommen - «
    »Ja. Bis zum Morgengrauen.«
    »Nein!« Wieder bohrten sich seine Finger in Morgons Schultern. »Ich weiß nicht, wovor du auf der Flucht bist, aber ich werde nicht zulassen, daß du wieder fortgehst. Du bleibst hier; wir können für dich kämpfen, mit Heugabeln und Eggen, wenn es sein muß. Ich leihe mir irgendwo ein Heer aus - «
    »Eliard - «
    »Sei still! Du magst zupacken können wie ein Schraubstock, aber du kannst mich nicht mehr in Tristans Rosenbüsche werfen. Du bleibst hier, wo du hingehörst.«
    »Eliard, willst du wohl aufhören zu brüllen!«
    Er schüttelte Eliard ein wenig, und er war so erstaunt über die plötzliche Heftigkeit, daß er schwieg.
    Da stürzte wie ein kleiner Wirbelwind Tristan aus dem Haus, umringt von den bellenden, springenden Hunden. Sie sprang an Morgon hoch, ihre Arme umklammerten seinen Hals, und sie vergrub ihr Gesicht an seiner Schulter. Er küßte ihr Haar und ihre Wangen, schob sie dann von sich weg, hob ihr Gesicht mit seinen Händen. Er erkannte es kaum wieder. Es begann zu zucken, als sie ihm in die Augen blickte, und wieder warf sie die Arme um seinen Hals. Dann entdeckte sie Rendel und streckte die Arme nach ihr aus, und die Hunde tobten kläffend um Morgon herum.
    In den Fenstern ferner Bauernhäuser flammten ein paar Lichter auf. Einen Moment lang fühlte sich Morgon von Panik gepackt. Dann wurde er einfach still, so still wie das reglose Band der Straße unter seinen Füßen, wie die vom Mondlicht durchflutete Luft. Die Hunde ließen von ihm ab; Tristan und Rendel
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