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Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Titel: Erdzauber 03 - Harfner im Wind
Autoren: Patricia A. McKillip
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Bilo, und wodurch waren sie aneinander gebunden? Zwei Fürsten aus Ymris, die im selben Moment geboren waren, und deren Tod der Weissagung zufolge im selben Moment eintreten würde. Sie haßten einander, doch der Bann, der sie fesselte, war solcher Art, daß der eine den anderen nicht töten konnte, ohne sich selbst zu vernichten.«
    Eliard betrachtete ihn mit seltsamem Blick.
    »Ein Rätsel hat das bewirkt? Ein Rätsel hielt dich davon ab, ihn zu töten?«
    Morgon lehnte sich zurück. Einen Moment lang trank er von seinem Bier und sprach nichts. Er fragte sich, ob irgend et-was, das er in seinem Leben getan hatte, Eliard je verständlich gewesen war. Dann beugte sich Eliard vor und umfaßte sachte sein Handgelenk.
    »Du hast mir einmal gesagt, ich hätte ein Hirn aus Eichenholz. Vielleicht stimmt das. Aber ich bin froh, daß du ihn nicht getötet hast. Ich hätte es verstanden, wenn du es getan hättest. Doch nie wieder hätte ich sicher sein können, was zu tun du imstande bist und was nicht.« Er ließ Morgon los und reichte ihm eine Gänsekeule. »Iß.«
    Morgon sah ihn an und sagte leise: »Du hast das Zeug zu einem Rätselmeister.«
    Eliard prustete verächtlich, während sein Gesicht rot anlief. »Keine zehn Pferde würden mich nach Caithnard bringen. Iß!«
    Er schnitt Brot und Fleisch und Käse in dünne Scheiben und reichte sie Rendel. Zum erstenmal sah er ihr in die Augen, und sie lächelte. Da wagte er es, zu sprechen.
    »Seid Ihr - seid Ihr verheiratet?«
    Sie schüttelte den Kopf, während sie kaute. »Nein.«
    »Warum seid Ihr dann - seid Ihr hierhergekommen, um zu warten?« Ungläubigkeit lag auf seinem Gesicht, doch seine Stimme war warm. »Ihr wärt uns hochwillkommen.«
    »Nein.« Sie sprach mit Eliard, doch Morgon schien es, als gäbe sie ihm Antwort auf seine eigenen Hoffnungen. »Ich habe genug gewartet.«
    »Was wollt Ihr dann tun?« fragte Eliard verwirrt. »Wo wollt Ihr leben?« Sein Blick wanderte zu Morgon. »Was hast du vor? Ich meine, wenn du beim Morgengrauen von hier fortgehst? Hast du schon eine Ahnung?«
    Morgon nickte. »Eine verschwommene Ahnung, ja. Ich brauche Hilfe. Und ich brauche Antworten. Es wird gemunkelt, daß die letzten der Zauberer sich in Lungold versammeln, um Ghisteslohm zum Kampf zu fordern. Von den Zauberern kann ich Hilfe bekommen. Vom Gründer kann ich einige Antworten bekommen.«
    Fassungslos starrte Eliard ihn an. Mit einer plötzlichen Bewegung sprang er auf.
    »Warum hast du ihm deine Fragen nicht gestellt, als du im Erlenstern-Berg warst? Damit hättest du dir die Mühe erspart, nach Lungold ziehen zu müssen. Du willst ihm Fragen stellen. Morgon, ich schwöre, ein Korken in einem Bierfaß hat mehr Verstand als du. Was glaubst du wohl, was er tun wird? Meinst du vielleicht, er stellt sich ganz höflich vor dich hin und beantwortet dir deine Fragen?«
    »Was soll ich denn tun?«
    Jetzt war auch Morgon aufgesprungen. In seiner Stimme mischten sich Zorn und Bekümmerung. Er stellte sich die Frage, ob er hier nur mit Eliard stritt oder mit der unerbittlichen Verbohrtheit der Insel, auf der es plötzlich keinen Platz mehr für ihn gab.
    »Soll ich hier sitzen bleiben und warten, bis er an deine Tür klopft, um mich zu holen? Willst du wohl endlich deine Augen aufmachen und mich so sehen, wie ich jetzt bin, statt so, wie du mich in Erinnerung hast? Ich bin gebrandmarkt; ich trage Sterne auf meinem Gesicht und Vesta-Narben auf meinen Händen. Ich kann beinahe jede Gestalt annehmen, für die es einen Namen gibt. Ich habe gekämpft, ich habe getötet, ich beabsichtige, wieder zu töten. Ich trage einen Namen, der älter ist als dieses Reich, und ich habe keine Heimat außer in der Erinnerung. Vor zwei Jahren habe ich eine Rätselfrage gestellt, und jetzt bin ich in einem Irrgarten von Rätseln gefangen, aus dem ich kaum mehr herausfinde. Im Herzen dieses Irrgartens liegt der Krieg. Blick doch einmal in deinem Leben über Hed hinaus. Versuch, mit diesem Bier etwas Furcht zu trinken. Dieses Reich steht am Rande des Krieges. Es gibt keinen Schutz für Hed.«
    »Krieg! Was redest du da? Gewiß, in Ymris wird gekämpft, aber Ymris liegt immer im Krieg.«
    »Hast du eine Ahnung davon, gegen wen Heureu Ymris kämpft?«
    »Nein.«
    »Und er selbst auch nicht. Eliard, ich habe das Heer der Rebellen gesehen, als ich’ durch Ymris kam. Männer sind in diesem Heer, die längst gestorben sind und dennoch weiter kämpfen. Nichts Menschliches wohnt in ihren Körpern. Wenn sie es
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