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Erbarmen

Erbarmen

Titel: Erbarmen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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sind hier mehr Fälle aufgelaufen, als wir bis zu unserer Rente bewältigen können.
    Und du weißt, dass darunter ein paar richtig große Dinger sind. Das Feuer draußen am Amerikavej. War das jetzt Brandstiftung oder nicht? Der Bankraub am Tomsgårdsvej, ein Toter. Die Vergewaltigungsgeschichte in Tårnby, das Mädchen ist elendig verreckt. Die Messerstecherei im Südhafen, ein Jugendlicher musste dran glauben. Und dann auch noch dieser Fahrradmord im Valbypark. Ganz zu schweigen von all den alten Fällen. Bei den meisten haben wir nicht mal einen Anhaltspunkt. Und dann sitzt da so ein Albtraum wie Mørck: unleidlich, faul, mürrisch, nörgelig, mies zu seinen Kollegen, und sorgt dafür, dass das Team auseinanderbricht. Und du willst, dass wir den Schongang einlegen? Marcus, schick Mørck zum Teufel. Wir brauchen hier frisches Blut. Ich weiß selbst, dass das hart klingt. Aber ich meine es ernst.«
    Der Chef der Mordkommission nickte. Er hatte seine Leute während des Briefings beobachtet. Sie waren durch die Bank wortkarg, überarbeitet und total angespannt. Klar wollten die nicht auch noch von Mørck angemacht werden.
    Sein Stellvertreter stellte sich ans Fenster und sah zu den gegenüberliegenden Gebäuden hinüber. »Ich hätte einen Vorschlag«, sagte er nach kurzem Schweigen und drehte sich um. Vielleicht kriegen wir Zoff mit dem Berufsverband, aber das glaube ich nicht.«
    »Verdammt, Lars, ich kann mich jetzt nicht auch noch mit dem Verband anlegen, das schaffe ich nicht. Die haben wir auf der Stelle hier, falls du vorhast, ihn zu degradieren.«
    »Im Gegenteil, wir loben ihn hoch!«
    »Aha.« Jetzt musste Marcus auf der Hut sein. Er wusste, dass sein Stellvertreter ein unglaublich guter Ermittler war, er hatte viel Erfahrung, und jede Menge aufgeklärter Fälle gingen auf sein Konto. Aber für eine Stelle als Führungskraft mit Personalverantwortung musste er noch viel lernen. Hier im Haus gab man Mitarbeitern nicht so ohne weiteres einen Tritt in den Arsch oder lobte sie weg.
    »Du meinst, dass wir ihn für eine Beförderung vorschlagen sollen? Wie stellst du dir das vor? Und im Übrigen - wer soll ihm denn Platz machen?«
    »Ich weiß, dass du fast die ganze Nacht unterwegs gewesen bist. Den Vormittag warst du mit dem verdammten Mord draußen in Valby beschäftigt. Deshalb hast du wahrscheinlich noch keine Nachrichten gehört. Weißt du, was heute Morgen im Parlament los war?«
    Marcus Jacobsen schüttelte den Kopf. Bjørn hatte recht, er hatte den Kopf voll mit den neuerlichen Wendungen im Valbypark-Fall. Bis gestern Abend hatten sie eine gute und zuverlässige Zeugin. Die ganz offenkundig noch mehr zu erzählen hatte. Sie waren überzeugt gewesen, in dem Fall kurz vor dem Durchbruch zu stehen. Aber dann war die Zeugin plötzlich umgefallen. Total verstummt. Höchstwahrscheinlich hatte man jemanden in ihrer nächsten Umgebung bedroht. Sie hatten sie verhört, bis sie mürbe war, sie hatten mit ihren Töchtern und mit ihrer Mutter geredet, aber alle schwiegen. Vermutlich aus Angst. Nein, er hatte nicht sonderlich viel geschlafen. Und für mehr als die Schlagzeilen in den Tageszeitungen hatte es nicht gereicht.
    »Wieder die Dänemarkpartei ?«
    »Du sagst es. Ihr rechtspolitischer Sprecher hat mal wieder seinen Lieblingsvorschlag unterbreitet, du weißt schon: im Zusammenhang mit der Polizeireform. Dieses Mal bekommen sie die Mehrheit. Marcus, das wird angenommen. Piv Vestergård wird ihren Willen bekommen.«
    »Das glaubst du doch selbst nicht.«
    »Zwanzig Minuten hat sie vom Rednerpult heruntergewettert. Und die Regierungsparteien werden sie auf jeden Fall unterstützen. Auch wenn die Konservativen natürlich protestieren werden.«
    »Und?«
    »Ja, was glaubst du? Sie brachte vier Beispiele von wirklich üblen Fällen, die alle erfolglos eingestellt wurden. Das sei der Öffentlichkeit nicht zuzumuten: eine Polizei, die nicht in der Lage ist, diese schweren Straftaten aufzuklären. Und sie hatte noch mehr Beispiele in der Hinterhand, das kann ich dir versichern.«
    »Scheiße! Glaubt die eigentlich, die Kriminalpolizei stellt diese Fälle zum Vergnügen ein?«
    »Sie deutete sogar an, es handele sich möglicherweise um einen bestimmten Typ von Fällen ...«
    »So ein Blödsinn! Welche denn zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel Fälle, bei denen die Opfer Mitglieder der Dänemarkpartei oder der Liberalen waren.«
    »Die Alte ist doch nicht ganz bei Trost!«
    Lars Bjørn schüttelte den Kopf. »Die andere
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