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Enwor 2 - Die brennende Stadt

Enwor 2 - Die brennende Stadt

Titel: Enwor 2 - Die brennende Stadt
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wie eine kochende Flutwelle überrollte, wuchs und wuchs und wuchs und schließlich einen ganzen Abschnitt des Horizonts verdeckte, grauer Schrecken ohne sichtbare Konturen, als hätte sich die Dämmerung aus diesem Teil der Schöpfung angstvoll zurückgezogen, geflohen vor einem Etwas, einem unbeschreiblichen Alptraum, der plötzlich aus dem tiefsten Schlund der Hölle emporgestiegen war. . .
    »Nein!« schrie Gowenna. Ihre Stimme überschlug sich, wurde zu einem irren Kreischen. »Nein. Nicht das!«
    Langsam begann Skar Einzelheiten zu erkennen. Da war ein Schädel, irgendwo über ihm, absurd hoch über ihm, ein gigantisches, verzerrtes Ding, gewaltig und häßlich und abstoßend, das Maul breit genug, einen Mann zu verschlingen. Darunter ein graugeschuppter dürrer Schlangenhals. Auf dem Hals, dicht unterhalb der Stelle, an der er mit dem Kopf verwuchs, war ein Sattel.
    Und in diesem Sattel saß ein Mensch.
    Skars Atem stockte. Eine eisige, körperlose Hand schien sein Herz zu umfassen und zusammenzupressen. Sein Blick glitt an der grauverhüllten Gestalt empor, saugte sich an einem Paar dunkler, kalter Augen fest, das er hinter dem grauen Gesichtsschleier mehr erahnen als wirklich erkennen konnte. Lange, länger als eine Minute, starrten sie sich an, und Skar war von einem wahren Wirbelsturm von Gefühlen erfüllt: Haß — oder etwas, von dem er sich wünschte, daß es Haß sein konnte —, Verzweiflung und Zorn, ohnmächtiger, hilfloser Zorn.
    »Warum?« fragte er. Seine Stimme klang brüchig. »Warum, Vela?«
    »Weißt du das wirklich nicht, kleiner Satai?« Velas Stimme klang nur dumpf hinter dem grauen Schleier hervor, und Skar versuchte vergeblich, irgendein Gefühl darin zu erkennen.
    »Du solltest niemals versuchen, eine Errish zu hintergehen, Skar. Nie!« Der Drache bewegte sich unruhig. Ein Teil seines Körpers wurde hinter dem steinernen Kraterwall sichtbar und verschwand wieder, als Vela die Hand zwischen seine gewaltigen Hörner legte.
    Sie beherrscht dieses Ungeheuer wie ein Puppe, dachte Skar entsetzt. Der Drache war nicht so groß, wie Skar im ersten Augenblick geglaubt hatte — nicht größer als ein gewöhnlicher Wüstendrache, nicht einmal so groß wie die Feuerechsen, auf denen die Errish normalerweise ritten. Aber er war gefährlicher, viel gefährlicher. Skar konnte die Aura von Gewalt und Bosheit, die das geschuppte Monstrum umgab, fast sehen.
    Und er spürte, wie etwas in ihm darauf antwortete, einen schrillen Willkommensschrei ausstieß, Herausforderung, Haß, Wut, aber auch eine bizarre Freude, Befriedigung, hier endlich einen würdigen Gegner gefunden zu haben.
    »Hast du wirklich geglaubt, ich würde in Ikne bleiben und darauf warten, daß du mir den Stein bringst oder vielleicht auch nicht?« fuhr Vela fort. Sie lachte, leise, spöttisch und boshaft, schüttelte den Kopf und riß sich mit einer Gaschen Geste den Schleier vom Gesicht. Ihr Blick löste sich von Skar, glitt teilnahmslos über die reglos daliegenden Körper der Soldaten und heftete sich schließlich auf den schwarzen Satai.
    »Komm!«
    Sie sprach leise, aber selbst Skar konnte den unbezwingbaren, übermenschlichen Willen spüren, der ihre Worte begleitete; etwas wie eine unsichtbare, eisige Hand, deren Berührung ihn wanken ließ, obwohl ihn nicht mehr als ein schwacher Hauch streifte.
    Der Satai schob langsam seine Waffe in den Gürtel und ging an Skar vorbei zum Kraterrand. Seine Bewegungen wirkten eckig.
    Skar mußte unwillkürlich an eine lebensgroße, menschliche Puppe denken, eine Puppe, an deren Fäden die Errish zog.
    Wieder regte sich der Staubdrache. Seine Schuppen glänzten stumpf im Licht der versinkenden Sonne und im Widerschein des brennenden Horizonts, und der Wind trug einen scharfen, ätzenden Geruch zu Skar hinüber; Raubtiergestank, aber auch noch etwas anderes, ein stechender Hauch wie nach Säure und Tod.
    Der Satai ging langsam bis zur Felswand, stieg — unsicher, aber zielstrebig und schnell — den Kraterrand empor und erstarrte im Schatten des Staubdrachens zur Bewegungslosigkeit. Erneut mußte Skar an eine Puppe denken.
    Vela betrachtete die schweigende Gestalt stirnrunzelnd. »Eigentlich sollte ich enttäuscht sein«, murmelte sie. »Doch das, was ich gesehen habe, entschädigt mich für vieles, Skar. Ich liebe diese barbarischen Vergnügungen nicht, aber du bist wirklich etwas Besonderes. Wie hast du es gemacht? Ich meine — was bringt einen Mann dazu, wie ein Drache zu kämpfen?«
    Es
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