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Entsorgt: Thriller (German Edition)

Entsorgt: Thriller (German Edition)

Titel: Entsorgt: Thriller (German Edition)
Autoren: Joseph D'Lacey
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Schlafzimmer. Dahinter befand sich ein schmaler Alkoven mit einem Altar. Auf diesem Altar, neben einer Statue irgendeiner asiatischen Gottheit, die ich nicht kannte, lag ein Katana in seiner Scheide. Ich vergeudete keine Zeit, gurtete es mir um und schwang das Schwert einige Male durch die Luft. Die Lektionen aus den Büchern gingen mir derart in Fleisch und Blut über, dass ich das Gefühl hatte, ich hätte mein Leben lang nichts anderes getan, als diese Waffe zu führen.
    Die Selbstsicherheit, die mir diese Waffe und meine neu erworbenen Fähigkeiten verliehen, war schuld daran, dass ich die Zeit vernachlässigte. Mich unangreifbar fühlend, stolzierte ich auf der Suche nach Beute von Haus zu Haus und vertändelte dabei einen ganzen Tag, ohne nennenswerte Fortschritte zu machen.
    Und jetzt kommt die Dunkelheit: Über eine tote Stadt voller Siechtum bricht eine blutunterlaufene, qualvolle Nacht herein. Mir bleibt mein Bündel, das ich heute, selbst nach den bescheidensten Maßstäben, nicht nennenswert gefüllt habe. Und meine Stirnlampe, die ich jetzt anlegen werde. Vor allem aber bleibt mir mein Katana, das mir womöglich einen Weg durch diese Nacht zu ebnen weiß, dem Morgen entgegen.
     
    Der Müllwagen der RefuSec Abfallentsorgung fuhr um fünf Minuten nach sechs am Tor der städtischen Müllkippe von Shreve vor. Die Zufahrt war verschlossen, der Angestelltenparkplatz leer, abgesehen von einem staubverkrusteten und verbeulten Ford Mondeo. Es war dunkel, und ein unruhiger Wind zerrte an den Torflügeln, worauf sie leise in ihren Angeln ruckelten.
    Aus einer der Baracken hinter dem Tor schien Licht, das heller wurde, als sich deren Tür öffnete, in der kurz die Gestalt eines Mannes auftauchte, der sich einen Mantel überzog. Dann fiel die Tür hinter ihm ins Schloss. Als er das Tor erreichte, reflektierten die Sicherheitsstreifen auf seiner Arbeitskluft die Scheinwerfer des Lkws.
    Ein oben auf den Zaun montiertes, orangefarbenes Warnlicht begann zu rotieren, und auf ihren gut gewarteten Schienen und Lagern glitten die Tore nahezu geräuschlos auf. Der Mann im Mantel winkte den Laster herein, der aufs Gelände fuhr, wo er erneut anhielt. Hinter ihm hatten sich die Tore schon wieder geschlossen.
    Die Gestalt aus der Baracke näherte sich dem Fahrerhaus. Das Fenster war offen. Grinsend und mit offenem Mund kauend, schaute ein tätowiertes Gesicht heraus.
    »Alles klar, Stig?«, fragte der Fahrer schmatzend.
    Der Pförtner nickte. Das Kauen und Schmatzen war ihm nicht entgangen.
    »Versuchst du immer noch, das Rauchen aufzugeben?«
    »Nee. Hab das Aufgeben aufgegeben, Alter. Bin jetzt auch noch von diesen beschissenen Kaugummis abhängig. Drecksficke … sieh dir das an.« Weiterhin wie besessen kauend und die Augen sperrangelweit aufgerissen, rollte der Fahrer seinen Ärmel hoch. »Das ist ein Nikotinpflaster«, sagte er und zeigte mit dem Finger darauf, damit der Pförtner es ja nicht übersah. »Ohne Pflaster und Kaugummi bringt eine Zigarette einfach nicht die volle Dröhnung. Ich muss eine Handvoll Betablocker und den ein oder anderen Scotch schlucken, bevor ich nachts auch nur ans Pennen denken kann.« Der Fahrer starrte hinaus in die Nacht. »Drecksficke …«
    Der Pförtner verkniff sich den Hinweis auf eine Entziehungskur. Der Fahrer war kräftig und stand in dem Ruf, gerne mal seine Kabine zu verlassen, wenn er sich beleidigt fühlte. Stattdessen fragte der Pförtner: »Du weißt, wo du hinmusst?«
    Der Fahrer nickte. Zu schnell. Zu oft. Wie eine angreifende Viper zuckte seine Hand aus dem Seitenfenster. Der Pförtner wich zurück. Die Hand war dünn und schmutzig. Neben dem Daumen eine Schwalbe. Verblassende Spinnweben und Punkte zogen sich bis zum Handgelenk. Zwischen den Fingern ein Bündel schmuddeliger Zwanziger. Der Pförtner grinste, griff dann zu, zählte noch einmal nach und steckte das Geld in die Tasche.
    »Wer hat diesmal seine Quote überschritten?«, fragte er, als die Hand sich zurückzog.
    »Hat nichts damit zu tun«, antwortete der Fahrer. »Ob du’s glaubst oder nicht, aber der Verbrennungsofen im Krankenhaus hat den Geist aufgegeben. Hammer, oder? Die können da jetzt die abgetrennten Arme und Beine, die Krebsklumpen und so’n Zeug nicht mehr verbrennen. Unfassbar, wie viel ›Müll‹ die produzieren. Eins sag ich dir, Stig. Mich kriegen keine zehn Pferde in ein Krankenhaus. Im Leben nicht. Wenn ich da wieder rauskäme, wäre ich doch bloß noch ein Schatten meiner selbst.« Abwesend
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