Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Entsorgt: Thriller (German Edition)

Entsorgt: Thriller (German Edition)

Titel: Entsorgt: Thriller (German Edition)
Autoren: Joseph D'Lacey
Vom Netzwerk:
Gedanken, Krankheit. Sie nahm alles auf, bevor es Gelegenheit hatte, in ihm Wurzeln zu schlagen. Fehl und Übel wurden aus ihm heraus ins Erdreich gezogen und ließen ihn geläutert zurück.
    Wie um das Verschwinden der Sonne aufzuwiegen, erhob sich die Sichel des Mondes über den gegenüberliegenden Horizont. Anfangs kaum mehr als ein kühles Schimmern, blass und verschwommen hinter den schmutzig grauen, tief hängenden Wolken. Während sie stieg, nahm sie an Umfang ab und an Schärfe zu, bis sie die über dem Boden wabernden fleischigen Schwaden aufschlitzte und sich daraus befreite. Ein schiefes Lächeln, ein Schlitz im Nachthimmel, durch den das Licht eines unschuldigen Universums sickerte.
    Mason war hypnotisiert. Er hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Schließlich blinzelte er und blickte sich um. Es war Zeit, nach Hause zu gehen. Er musste sich ausruhen. Selbst die Erde schlief: Während ihr Antlitz beharrlich dem Segen der Sonne entgegenrotierte, schlummerte es dennoch stetig zur Hälfte im Dunkel.
    Die Kälte hatte jeden einzelnen Teil seines Körpers erfasst – abgesehen von seinen Fußsohlen, die immer noch die Wärme des Bodens aufnahmen und seine dunkleren Energien ausbluteten. Aber völlige Reinheit würde er niemals erlangen, nichts und niemand konnte das. Denn dann hätte man einen Zustand absoluter Leere erreicht, und der Lauf der Dinge, der Fluss allen Seins, würde zum Stillstand kommen. Ein solcher Zustand, davon war er überzeugt, war gleichbedeutend mit dem Ende der Welt. Und auch wenn er glaubte, diese Dinge bereits ziemlich gut zu verstehen, so war er dafür noch nicht bereit.
    Mason wollte aufbrechen, doch der Mond hielt ihn fest. Die strahlende Klinge durchstach seine Augen und bohrte sich in seinen Verstand. Er konnte spüren, wie auch er an ihm zerrte, wie das Wasser in seinem Körper angezogen wurde und ihn emporhob. Er schloss für einen Moment die Augen, atmete tief durch und stemmte sich dagegen. Ja, es wurde Zeit, nach Hause zu gehen. Seine Füße waren mit dem Boden verwachsen und lösten sich nur widerstrebend. Er stolperte und fiel beinahe vornüber, als er die ersten paar Schritte versuchte. Dann lockerten Mond und Erde ihren Griff und gaben ihn frei.
    Er war noch nicht weit gekommen, da hielt er erneut inne. Es war feucht unter seinen Füßen. Seltsam. Das Wetter war in letzter Zeit zwar wechselhaft gewesen, aber es hatte seit ein paar Tagen nicht mehr geregnet. Matsch oder Pfützen sollte es hier eigentlich nicht geben, schon gar nicht auf frisch aufgeschüttetem Boden. Er sah nach unten und starrte in die Dunkelheit, in der er nur seine Füße zu sehen vermochte: pilzweiß vor dem schwarzen Humus. Um sie herum breitete sich ölig schimmernde Schwärze aus. Das zähflüssige Nass reflektierte den skalpellscharfen Mond und sogar den gelben Schein der Laternen in den Straßen der Siedlung, in der er lebte.
    Die unterschiedlichsten Erklärungen kamen ihm in den Sinn. In der Nähe war ein Hauptwasserrohr gebrochen und flutete nun die Deponie. Der Kanal war verstopft und über die Ufer getreten. Irgendetwas im Inneren der Halde war geplatzt, und die Gülle stieg nun an die Oberfläche. Doch keine dieser Vermutungen deckte sich wirklich mit dem, was passierte. Er hatte sie noch im selben Augenblick wieder verworfen, und sie hinterließen nichts als blanke Angst. Hier stimmte etwas nicht, war auf eine profunde, unnatürliche Weise ganz und gar nicht richtig. Je länger er auf die schwarze Flüssigkeit starrte, die um seine Füße herum hervorquoll und diese inzwischen bedeckte, desto stärker wurde dieser Eindruck.
    Ohne auch nur einen Schritt zu tun, ging er in die Hocke und legte seine Hand auf die Oberfläche der aus dem Boden aufsteigenden Substanz. Sie fühlte sich warm und zwischen seinen Fingerspitzen etwas schmierig an. Er hielt das Zeug unter seine Nase. Es roch rostig, was Sinn ergab. Die Müllkippe war voll von oxidierendem Eisen und Stahl. Möglicherweise war das Entwässerungssystem der Deponie irgendwie blockiert, und es gab einen Rückstau. Doch auch diese Idee schien ihm nicht einleuchtend genug. Die Flüssigkeit durfte nicht bloß nach sich zersetzendem Metall riechen. Sie musste nach Scheiße und Fäulnis stinken. Das tat sie aber nicht.
    Hastig stand er auf und bewegte sich rasch und zielstrebig von dem frisch aufgeschütteten Bereich der Deponie zurück zum Zaun. Die Substanz unter seinen Füßen war harzig, und als er eine Stelle erreichte, an der keine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher