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Entsorgt: Thriller (German Edition)

Entsorgt: Thriller (German Edition)

Titel: Entsorgt: Thriller (German Edition)
Autoren: Joseph D'Lacey
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Flüssigkeit mehr aus dem Boden aufstieg, haftete das lockere Erdreich an seinen klebrigen Füßen. Er sammelte an dem Loch im Maschendrahtzaun seine Socken und Schuhe ein und trat gebückt hindurch. Dann drehte er sich um, holte eine Handvoll Drahtbinder aus der Tasche und verschloss die Lücke wieder.
    Der Weg zu seinem Garten führte über sich durch niedriges Gestrüpp schlängelnde Karnickel- und Dachspfade. Er mündete auf ein Stück Brachland, auf dem das Gras nur in spärlichen Büscheln wuchs. Der Boden bestand aus Kohle und Schlacke, da sich hier vor der Deponie früher eine Tagebaugrube befunden hatte. Als wäre dies nicht schon gefährlich genug gewesen, um barfuß zu laufen, lagen überall Glasscherben von zerbrochenen Flaschen und anderer Müll herum. Mason nahm darauf keine Rücksicht: Was immer da an seinen Füßen klebte, er wollte es nicht in seinen Socken und Schuhen haben. Er erwartete, dass die Substanz jeden Augenblick zu jucken beginnen und die Haut von seinen Füßen ätzen würde, doch nichts dergleichen geschah.
    Und so überquerte er die Brache, wie er es dieses Jahr bereits in zahlreichen Nächten getan hatte, gleich einem Schatten, der zu seinem schlafenden Besitzer zurückkehrt. Er war froh darüber, das Gartentor ohne Schnittverletzungen erreicht zu haben. Statt das Haus durch die Hintertür zu betreten, entriegelte er die Gartenlaube und knipste eine nackte Glühbirne an. Nach der Dunkelheit der Müllhalde erschienen ihm die vierzig Watt grell wie die Mittagssonne. Er blinzelte, bis sich die Augen an das Licht gewöhnt hatten, und setzte sich auf einen wurmstichigen Holzstuhl.
    Dann betrachtete er seine Füße.
    »Agatha, komm her und hol dir deinen Tee.«
    Agatha Smithfield hasste ihren Namen.
    »Hexe«, flüsterte sie den Wänden ihres Zimmers zu. »Dämliche alte Hexe.«
    Sie hörte Schritte auf der Treppe: das Tippeln ihrer Mutter, in ihren bescheuerten, hässlichen, pinkfarbenen Schlappen, die Krampfadern nur unzulänglich von einem Paar fleischfarbener Kniestrümpfe verhüllt. Ihre Mutter, die über den Teppichboden im Obergeschoss schlich: das Schlurfen einer Märtyrerin von niederstem Rang. Ohne hinzuschauen, konnte sie sie deutlich vor sich sehen.
    »Aggie? Dein Tee ist fertig. Kommst du runter?«
    Die Stimme wirkte übertrieben fröhlich, vermutlich, um ihre Besorgnis zu überspielen. Agatha schluckte ihre Wut, würgte sie runter, wo sie im Magen schwelte und kristallisierte.
    Die einzige andere Agatha, die sie kannte, war Agatha Christie. Eine langweilige Frau, längst tot, die langweilige Kriminalgeschichten geschrieben hatte, die von langweiligen Schnöseln bevölkert waren und in einer langweiligen Zeit spielten, die sie nicht im Geringsten interessierte.
    Langweilig, langweilig, langweilig.
    »Ja, Mama. Natürlich komme ich. Hetz mich doch nicht immer so.«
    »Entschuldige, Liebling.«
    Und hör auf, dich ständig für jeden Scheiß zu entschuldigen .
    Die leisen Schritte entfernten sich, Kränkung in ihrem Rhythmus. Agatha fühlte, wie Schuld und Ekel ihre Kehle hinaufstiegen.
    Der Name Agatha stand für Langeweile. Und er stand für steinalte, grauhaarige Leute. Er war kein Name für eine siebzehnjährige Frau im dritten Jahrtausend. Viele Mädchen ihres Alters benutzten ihren Zweitnamen, um dem Stigma ihres Vornamens zu entkommen. Aber da Betty Smithfield nicht weniger grauenhaft klang, war das für sie keine Lösung. So ein Scheiß, was hatten sich ihre Eltern bloß dabei gedacht? Agathas Flehen, ihren Namen wechseln zu dürfen, wollten sie nicht erhören. Sie hatte sich geschworen, sich einen neuen zuzulegen, sobald sie hier raus wäre. »Auf Nimmerwiedersehen, Agatha Betty«, würde es dann heißen. Vielleicht würde sie sogar ihren Nachnamen wechseln, ein neues Leben beginnen. Bis dahin war die Kurzform ›Aggie‹ das Beste, was sie daraus machen konnte.
    Unten würden sie inzwischen alle beisammensitzen. Don hatte sicherlich schon mit dem Essen begonnen, obwohl ihre Mutter und ihr Vater ihn darum gebeten hatten, noch etwas zu warten. Wann immer sie ihn sah, war ihr Bruder am Essen, aber an seiner Figur schien das spurlos vorüberzugehen. Er sah aus, als wäre er monatelang durch die Gegend gewandert. Hager, sehnig und muskulös. Wenn sie auch nur halb so viel essen würde wie er, hätte sie sich längst in ein Walross verwandelt.
    Leise fluchend schwang sie ihre Beine aus dem Bett. Sie strich ihre Klamotten glatt, spürte die sanften Linien ihrer eigenen Kurven
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