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Entfesselt

Entfesselt

Titel: Entfesselt
Autoren: Cate Tiernan
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das gruselige Weib, das ich in der Stadt gesehen hatte, im Drugstore und auf der Straße. Frisches Adrenalin schoss durch meine Adern, als die Frau mit einem kurzen Schwert, kaum mehr als ein Dolch, auf mich losging und mit dem Ding direkt auf meinen Magen zielte. Ohne zu überlegen, holte ich aus, traf ihren Hals und schlug ihr den Kopf fast ganz ab - im selben Moment rammte sie mir ihren Dolch bis zum Heft in den Bauch.
      Ihr Kopf hing grotesk an der Seite, nur noch durch einen Hautfetzen mit dem Körper verbunden, und die Knie gaben unter ihr nach. Ich sah verdutzt an mir herunter und fragte mich, was dieser Messergriff an meinem Bauch zu suchen hatte. Dann überfiel mich eine schockierende Welle des Schmerzes von Kopf bis Fuß, die mich nach Luft schnappen ließ, mein Blut in Eiswasser verwandelte und mir den Schweiß auf die Stirn trieb.
      Die Frau war zu Boden gesunken, aber sie blinzelte zu mir auf und lächelte, obwohl ihr das Blut aus dem Mund lief. »Pú ert ekkert«, sagte sie auf Isländisch. »Du bist nichts.« Ihre Worte waren kaum zu verstehen, weil ihr wegen der durchtrennten Luftröhre blutige Bläschen aus dem Mund spritzten.
      Daisuke war sofort da und beendete den Job, indem er mit fast klinischer Präzision die letzten Nerven und Hautfetzen durchtrennte und mit dem Fuß ihren Kopf vom Körper wegschob. Trotzdem dauerte es noch mehrere Sekunden, bis das Licht in ihren Augen erlosch und das boshafte Lächeln verschwand. »Nastasja!«, sagte Daisuke und legte mir die Hand auf die Schulter.
      Ich blinzelte und drehte nur die Augen in seine Richtung, weil ich Angst hatte, dass selbst eine Kopfdrehung wehtun könnte.
      »Die Schlacht geht weiter. Du musst kämpfen«, sagte er. Er hatte Blutspritzer im Gesicht. Sein Atem hinterließ kleine Dampfwölkchen in der Luft.
      Ich sah ihn nur an, denn ich hatte ein rauschendes Geräusch in den Ohren.
      »Nastasja! Hör zu: Das wird dich nicht umbringen.« Er zeigte auf den Dolch, der in mir steckte. »Ich weiß, dass es wehtut, aber Schmerz ist nur ein Gefühl und Gefühle können dir nichts antun. Verstehst du das?«
       Ich atmete flach durch den Mund.
      »Verstehst du das?«
      Ich konnte nicht nicken.
      »Das wird wehtun«, sagte er, zog den Dolch mit einem Ruck heraus und steckte ihn sich in den Gürtel. Mein Blut tropfte davon herab.
      Ich zitterte vor Übelkeit und meine Knie drohten unter mir nachzugeben. Mir war kälter als jemals zuvor.
      »Daisuke!«
      Robertos Schrei ließ Daisuke herumfahren, das Schwert
      kampfbereit erhoben. Es traf den Mann, der sich auf ihn stürzen wollte, genau in die Kehle. Mit nur einer Hand zog Daisuke sein Schwert erst nach links und dann nach rechts, und damit war ein weiterer Unsterblicher erledigt.
      »Nastasja!« Daisuke schrie es mir beinahe ins Gesicht. »Wir brauchen dich! Du musst deine Verletzung ignorieren und kämpfen! Oder hier herumstehen und sterben.« Die letzten Worte kamen leiser und sie drangen zu dem jammernden Teil in mir durch. Ich schaffte es zu nicken.
      Ein gigantischer Knall erschreckte uns; die Haustür war aufgesprengt worden. Mehrere Angreifer flogen von der Veranda, segelten durch die Luft und krachten auf den Boden. Joshua und Amy waren dort und ihre Klingen reflektierten den Feuerschein. Amy sah skrupellos und entschlossen aus, als sie jemanden mit dem Fuß auf den Boden drückte und auf seine Kehle einschlug.
      Ich starb nicht. Ich lief weiter. Ich folgte Daisuke, als er hinter das Haus rannte, obwohl ich bei jedem Schritt vor Angst und Schmerzen beinahe in Ohnmacht fiel. Ich konnte es nicht lassen - ich musste an mir heruntersehen auf das Blut, das mein Sweatshirt und meine Jeans durchweichte.
      Daisuke blieb unterwegs nur einmal kurz stehen und das war, als wir auf Solis' Leiche stießen.
      Die Angreifer stürzten sich auf uns. Daisuke hackte auf eine Frau ein, die auf ihn losging. Und als ihre Verletzung sie ausbremste, schwang ich mein Schwert. Das tat so weh, dass ich würgen musste, aber ich wagte nicht, vornübergebeugt zu laufen, weil mich das zu einem leichteren Ziel gemacht hätte. Ein großer, dunkelhäutiger Mann stürmte an mir vorbei auf Roberto zu und kreischte dabei wie ein verwundeter Schakal. Es war der Inder, der mit der gruseligen blonden Frau unterwegs gewesen war.
      Ich stand einen halben Schritt zu weit weg und der Winkel stimmte auch nicht, aber ich sprang trotzdem vor, schlug mit dem Schwert nach ihm und traf ihn in die
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