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Engelsmorgen

Engelsmorgen

Titel: Engelsmorgen
Autoren: Lauren Kate
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sich, sie rollten ineinander verkeilt übers Gras. »Es war besser so für sie, Daniel«, keuchte er.
    Daniel schäumte vor Wut, bearbeitete Cam weiter mit seinen Fäusten, schlug immer wieder Cams Kopf auf den Boden. Seine Augen brannten. »Ich bring dich um!«
    »Du weißt, dass ich recht habe!«, rief Cam.
    Daniel erstarrte. Er schloss die Augen. »Ich weiß überhaupt nichts mehr.« Die Stimme versagte ihm. Er hatte Cam am Revers seines Mantels gepackt, aber jetzt ließ er einfach los und sank neben ihm ins Gras, schluchzte in die Erde.
    Luce wollte zu ihm, wollte sich über ihn beugen und ihm sagen, dass alles in Ordnung war.
    Aber es war nichts in Ordnung.
    Was sie heute Abend erlebt hatte, war zu viel für sie gewesen. Ihr war noch ganz schlecht davon, mitansehen zu müssen, wie sie – Miles’ Spiegelbild von ihr – durch einen Sternenpfeil getötet worden war.
    Miles hatte ihr das Leben gerettet. Sie konnte es immer noch nicht fassen.
    Und die anderen glaubten, dass Cam sie getötet hatte.
    In ihrem Kopf drehte sich alles, als sie sich aufmachte, aus dem Schatten des Schuppens herauszutreten, um allen zu sagen, dass sie am Leben war. Doch dann spürte sie auf einmal, dass jemand bei ihr war.
    Ein Verkünder lauerte zitternd in der Nähe des Eingangs. Luce trat aus dem Schuppen und ging auf ihn zu.
    Langsam löste er sich aus dem Schatten des Schuppens, der vom Mondlicht geworfen wurde, und schlitterte über das Gras auf sie zu. Den Staub, der sich während der Schlacht über alles gelegt hatte, wischte er auf seinem kurzen Weg auf. Als er Luce erreicht hatte, bäumte er sich auf und kletterte dann ihren Körper empor, bis er schwarz über ihrem Kopf dräute.
    Sie schloss die Augen, hob die Hand und tastete nach ihm. Da rollte er sich zusammen und ließ sich mit einem klirrenden Laut auf ihre Handfläche fallen.
    »Was war das?« Daniel fuhr bei dem Geräusch herum. Er sprang auf. »Luce!«
    Sie hielt reglos inne, während die anderen sie mit offenem Mund anstarrten, wie sie da vor dem Schuppen stand. Sie wollte nicht sehen, was ihr der Verkünder zeigen wollte. Sie hatte genug für diese Nacht. Sie wusste nicht, warum sie ihn herbeigerufen hatte.
    Doch dann wurde ihr klar, warum. Sie wollte nicht sehen, was er ihr womöglich zu zeigen hatte. Sie suchte nach einem Ausweg. Sie wollte irgendwohin, weit weg von hier, und der Verkünder sollte sie dorthin bringen. Sie musste jetzt unbedingt allein sein, um über alles nachdenken zu können. Was sie brauchte, war eine Pause. Von allem.
    »Höchste Zeit für eine Auszeit«, sagte sie zu sich selbst.
    Sie berührte den Schatten und er öffnete sich vor ihr. Er war alles andere als perfekt, seine Ränder waren unregelmäßig und er stank wie ein Abwasserkanal. Aber Luce beschloss, ihn trotzdem zu durchschreiten.
    »Du weißt nicht, was du da tust, Luce!« Rolands Stimme erreichte sie, als sie gerade den ersten Schritt über die Schwelle machte. »Er könnte dich überallhin bringen!«
    Daniel rannte auf sie zu. »Was machst du da?« Sie konnte die tiefe Erleichterung heraushören, dass sie noch am Leben war, und zugleich Panik, was sie nun womöglich gleich mit dem Verkünder anstellen würde. Aber das stachelte sie erst recht an.
    Sie wollte sich noch einmal umdrehen, um sich bei Callie zu entschuldigen und sich bei Miles dafür zu bedanken, was er für sie getan hatte, sie wollte Arriane und Gabbe sagen, dass sie sich keine Sorgen um sie machen sollten, wollte ihnen allen noch Grüße an ihre Eltern auftragen. Wollte Daniel bitten, ihr nicht zu folgen, weil sie diesen Schritt jetzt einfach tun musste. Sie musste es für sich selbst tun. Aber dafür hatte sie keine Zeit mehr. Deshalb machte sie schnell einen Schritt nach vorne und rief nur über die Schulter Roland zu: »Ich glaub, darauf muss ich es wohl ankommen lassen.«
    Aus dem Augenwinkel sah sie Daniel auf sich zurennen. Mit einem Staunen im Gesicht, als könnte er nicht glauben, dass sie das wirklich tat.
    Luce spürte, wie es ihr auf der Zunge lag. Wie es sie drängte, es auszusprechen. Ich liebe dich. Denn so war es. Sie liebte ihn. Für immer und ewig. Aber wenn Daniel und sie noch die ganze Ewigkeit füreinander hatten, konnte ihre Liebe auch noch warten, bis sie ein paar wichtige Dinge über sich selbst herausgefunden hatte. Über ihre vergangenen Leben und das Leben, das sie vor sich hatte. Heute Nacht jedoch hatte sie nur noch Zeit, zum Abschied kurz zu winken, dann einmal tief Luft zu holen und
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