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Engelsberg

Engelsberg

Titel: Engelsberg
Autoren: Reinaldo Arenas
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Errettung ist bei diesen drei Figuren – die allesamt von Vater und Mutter Gamboa mit jeweils wechselnden Geschlechtspartnern gezeugt wurden – nicht weniger monumental als die Intensität ihres Lebenshungers. Alles, was diese Gestalten vom Leben wissen und wollen, wissen und erleben sie durch ihre Liebe. Ihr Scheitern birgt noch immer einen Triumph. So wandelt sich die häusliche Idylle, in die José Dolores im dreizehnten Kapitel seine große Liebe zu Cecilia kleidet, am Ende in die stolze Einsicht des als Mörder Leonardos von der Polizei Gejagten, dass »eine große Liebe nicht Ruhe und Befriedigung ist, sondern Entsagung, Ferne und vor allem Verfolgung«.
    Diese in der Liebeskonzeption zutage tretende tragische Bestimmung der conditio humana bliebe freilich unvollständig, würden wir übersehen, worin der Triumph im Scheitern dieser Figuren liegt – und unter dem Begriff »Figur« sei die Figur des Körperlich-Geschlechtlichen, der Gymnastik oder der Choreografie der Liebe ebenso verstanden wie die Figuren der Rede, die Bewegungsfiguren eines Tanzes oder die auf dem Schachbrett eines Autors. Denn sie sind die Zu-Wort-Gekommenen, die Zu-Wort-Gewordenen: Sie überleben durch ihre Rede. Ihre Liebeskonzeption ist ein Lebenswissen, das dadurch zum Überlebenswissen wird, dass es von sich erzählen kann. Das letzte Wort im Roman haben die Überlebenden. Denn eine Geschichte kann nur erzählen, wer sie überlebt hat.
    Cirilo Villaverde vermochte sich ebenso ins Exil zu flüchten und dort seinen Roman zu veröffentlichen wie Reinaldo Arenas. Beide hatten Glück, ohne ihr Glück im Exil zu finden. Das Erreichen des Exils erlaubte es ihnen, ihre Geschichte, ihre Geschichten zu erzählen, die vom Überleben jenseits einer Gesellschaft künden, die sie marginalisierte, unterdrückte, mundtot machen wollte. Ihr Geschichtenerzählen, ihre Literatur zeugt von ihrem Überleben und verwandelt sich so in ein Überlebenswissen, das zumindest für Reinaldo Arenas in zweifachem Sinne gilt. Denn zum einen erlaubte ihm sein unablässiges und eklektisches Schreiben, in einer von ihm als lebensbedrohlich empfundenen Situation zu überleben. Und zum anderen schuf er in der Verbindung von Lesen, Liebe und Leben, von Neulesen und Neuschreiben eine Literatur, die sich auch nach dem physischen Tod ihres Autors ihr Überleben ertrotzt. Ruhe und Befriedigung sind in ihr nicht zu finden. Weil eine große Literatur – so dürfen wir den Musiker José Dolores Pimienta verstehen – Entsagung, Ferne und vor allem Verfolgung ist. Reinaldo Arenas’ Schreiben kommt nicht zur Ruhe: Er schuf eine Literatur, die einer wahnwitzigen Welt trotzt.
    Ottmar Ette ist Professor für Romanische Literaturwissenschaft und Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Potsdam und ein ausgewiesener Kenner des Werkes von Reinaldo Arenas.

Das erzählerische Werk von Reinaldo Arenas
    als E-Books in der Edition diá
    Engelsberg. Roman Aus dem kubanischen Spanisch von Klaus Laabs
ISBN 978-3-86034-528-3
    »Arenas rebelliert gegen den Realismus der Vorlage und setzt ihm seine grellen, überzogenen Szenen entgegen, ohne dabei das Original zu zerstören. Denn in seinem Kern verfolgt auch er die Themen, die Villaverde beschäftigt haben: die Liebe und der Drang nach Freiheit, die in einer dekadenten, von starren Ritualen und Konventionen sowie einer morschen Ideologie beherrschten Gesellschaft praktisch unmöglich sind.« (Deutschlandradio Kultur)
    Der Palast der blütenweißen Stinktiere. Roman Aus dem kubanischen Spanisch von Monika López
ISBN 978-3-86034-529-0
    »Mit 31 hat er drei Romane geschrieben, die ihn auf die Höhe literarischer Meisterschaft bringen.« (L’Express, Paris)
    Reise nach Havanna. Roman in drei Reisen Aus dem kubanischen Spanisch von Klaus Laabs
ISBN 978-3-86034-519-1
    »Allein diese grandiose Märchenprosa mit ihrer bitteren Realität macht den Band ›Reise nach Havanna‹ zu einem Ereignis.« (Süddeutsche Zeitung)
    Rosa. Roman in zwei Erzählungen Aus dem kubanischen Spanisch von Klaus Laabs
ISBN 978-3-86034-520-7
    »Reinaldo Arenas lieferte großartige Gemälde, kein bombastisches Überbarock, sondern in allem Überschwang die edelste und ausgewogenste Architektur. Man kann das lesen, wie man einer brausenden Orgelmusik zuhört.« (Frankfurter Allgemeine Zeitung)
    Wahnwitzige Welt. Ein Abenteuerroman Aus dem kubanischen Spanisch von Monika López
ISBN 978-3-86034-530-6
    »Dieses Buch hat so viel zu bieten an
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