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Engel Der Nacht

Engel Der Nacht

Titel: Engel Der Nacht
Autoren: Becca Fitzpatrick
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mit befremdlich fröhlichem Lächeln zurück.
    Coach sagte: »Menschliche Fortpflanzung kann ein haariges Thema sein …«
    »Ooooohh!«, stöhnten die Schüler im Chor.
    »Es verlangt einen reifen Umgang. Und wie immer in der Wissenschaft besteht die beste Lerntechnik darin, ordentlich herumzuschnüffeln. Den Rest der Stunde findet ihr bitte so viel über euren neuen Sitznachbarn heraus, wie ihr könnt. Morgen bringt ihr eine Zusammenfassung eurer Entdeckungen mit, und glaubt mir, ich werde sie auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen. Das hier ist Biologie und nicht Literatur, also denkt nicht mal daran, Antworten zu erfinden. Ich möchte echte Interaktion und echte Teamarbeit sehen.« Das mitschwingende »sonst …« brauchte er nicht auszusprechen.
    Ich saß absolut still da. Der Ball war in seinem Feld - ich hatte gelächelt, und es hatte ja hervorragend funktioniert. Vorsichtig zog ich die Nase kraus und versuchte herauszufinden, wie er roch. Keine Zigaretten. Etwas Reichhaltigeres, Ekligeres.
    Zigarren.
    Während ich auf die Uhr an der Wand starrte, tippte ich mit dem Kugelschreiber rhythmisch gegen meine andere Hand. Ich platzierte meine Ellbogen auf dem Tisch und stützte das Kinn auf die Hand. Und seufzte.

    Fantastisch. Wenn das so weiterging, würde ich an meiner Aufgabe vollständig scheitern.
    Ich sah starr nach vorn, aber ich hörte das sanfte Gleiten seines Stiftes. Er schrieb, und ich wollte wissen, was. Zehn Minuten Nebeneinandersitzen qualifizierten ihn wohl kaum zu irgendwelchen Annahmen über mich. Als ich einen verstohlenen Blick zur Seite riskierte, sah ich, dass auf seinem Blatt schon einige Zeilen standen, und der Text wuchs.
    »Was schreibst du da?«, fragte ich.
    »Und sie spricht Englisch«, sagte er, während er es notierte, jeder Zug seiner Hand ebenso geschmeidig wie träge.
    Ich beugte mich so dicht zu ihm, wie ich es nur wagte, und versuchte zu lesen, was er geschrieben hatte. Aber er faltete das Papier zusammen und verdeckte so die Liste vor meinem Blick.
    »Was hast du geschrieben?«, fragte ich noch einmal, fordernd.
    Er griff nach meinem leeren Blatt und zog es über den Tisch zu sich hinüber. Dann knüllte er es zu einem Ball zusammen. Bevor ich protestieren konnte, warf er es in den Papierkorb neben Coachs Tisch. Und traf genau.
    Ich starrte einen Augenblick auf den Papierkorb, gefangen irgendwo zwischen Unglauben und Wut. Dann schlug ich eine neue Seite in meinem Schreibblock auf.
    »Wie heißt du?«, fragte ich mit gezücktem Stift.
    Als ich noch einmal aufsah, registrierte ich ein weiteres finsteres Grinsen. Es schien mich aufzufordern, alles aus ihm herauszuquetschen.
    »Dein Name?«, wiederholte ich in der Hoffnung, dass ich mir das Stocken in meiner Stimme nur eingebildet hatte.
    »Nenn mich Patch. Du kannst mich anrufen, wenn du willst.«

    Dabei zwinkerte er mir zu, und ich war mir ziemlich sicher, dass er sich über mich lustig machte.
    »Was machst du in deiner Freizeit?«, fragte ich.
    »Ich habe keine Freizeit.«
    »Ich nehme an, dass diese Aufgabe benotet wird, also tust du mir jetzt den Gefallen?«
    Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Was für einen Gefallen?«
    Ich war mir ziemlich sicher, dass das eine Anspielung war, also versuchte ich irgendwie, das Thema zu wechseln.
    »Freizeit«, wiederholte er nachdenklich. »Ich mache Bilder.«
    Ich schrieb Fotografie auf mein Blatt.
    »Ich war noch nicht fertig«, sagte er. »Ich habe schon eine schöne Sammlung von einer eZine-Kolumnistin, die glaubt, es wäre richtig, bio zu essen, die heimlich Gedichte schreibt und schaudert bei dem Gedanken, wählen zu müssen zwischen Stanford, Yale und … wie hieß noch diese große mit H?«
    Einen Moment lang starrte ich ihn einfach nur an, erschüttert darüber, wie genau er den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Ich hatte nicht das Gefühl, dass er nur gut geraten hatte. Er wusste es. Und ich wollte wissen, woher - und zwar jetzt sofort.
    »Aber am Ende wirst du auf keine von denen gehen.«
    »Ach nein?«, fragte ich, ohne nachzudenken.
    Er hakte den Finger unter meinem Stuhl ein und zog mich näher zu sich heran. Ich war nicht sicher, ob ich abhauen und damit meine Angst zeigen oder nichts tun und Langeweile vortäuschen sollte, entschied mich aber spontan für Letzteres.
    »Du könntest an allen drei Schulen zugelassen werden; aber du verachtest sie, weil du ihre Errungenschaften im
Grunde für klischeehafte Werte einer Leistungsgesellschaft
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