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Engel Der Nacht

Engel Der Nacht

Titel: Engel Der Nacht
Autoren: Becca Fitzpatrick
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Oberlippe mit der Zungenspitze und suchte nach einem Synonym: »Wissenschaft ist eine Ermittlung.« Es hörte sich an wie eine Frage.
    »Wissenschaft ist eine Ermittlung«, sagte Coach und rieb sich die Hände. »Wissenschaft verlangt von uns, dass wir uns in Detektive verwandeln.«
    So gesehen hörte sich Wissenschaft beinahe unterhaltsam an. Aber ich hatte nun lange genug in Coachs Kursen gesessen, um meine Hoffnungen nicht in den Himmel wachsen zu lassen.

    »Gutes Herumschnüffeln braucht Übung«, fuhr er fort.
    »Genau wie Sex«, kam ein neuerlicher Kommentar aus der Tiefe des Raumes. Wir verkniffen uns ein Lachen, während Coach mit warnendem Zeigefinger auf den Übeltäter zeigte.
    »Das zum Beispiel wird nicht Teil der heutigen Hausaufgaben sein.«
    Coach wandte seine Aufmerksamkeit wieder mir zu. »Nora, Sie sitzen seit Anfang des Schuljahres neben Vee.« Ich nickte, hatte aber ein ungutes Gefühl. Worauf sollte das hier hinauslaufen? »Ihr beide arbeitet zusammen an der elektronischen Schülerzeitung unserer Schule.« Wieder nickte ich. »Ich wette, ihr wisst eine Menge übereinander.«
    Vee trat mich unter dem Tisch ans Bein. Ich wusste, was sie dachte. Dass er keine Ahnung hatte, wie viel wir übereinander wussten. Und damit meine ich nicht nur die Geheimnisse, die wir in unseren Tagebüchern begraben. Vee ist das genaue Gegenteil von mir. Sie hat grüne Augen, sexy blonde Haare, und hätte sie ein paar Pfund weniger, würde man sie wohl als rundlich bezeichnen. Ich habe graue Augen und braunes, lockiges Haar, das auch dem besten Glätteisen widersteht. Und ich bestehe fast nur aus Beinen wie ein Barhocker. Doch uns verbindet ein unsichtbares Band; und wir schwören beide, dass dieses Band schon lange vor unserer Geburt bestanden hat. Und beide schwören wir, dass es uns auch für den Rest unseres Lebens verbinden wird.
    Coach sah sich in der Klasse um: »Ich würde sogar wetten, dass jeder von euch den Schüler, der neben ihm sitzt, schon viel zu gut kennt. Schließlich habt ihr euch eure Plätze aus irgendeinem Grund ausgesucht, oder? Vertrautheit. Aber genau das ist es, was die besten Detektive meiden. Sie stumpft den Ermittlerinstinkt ab. Weshalb wir heute einen neuen Sitzplan einführen werden.«

    Ich öffnete den Mund, um zu protestieren, aber Vee kam mir zuvor: »Was soll denn das? Es ist April. Das Halbjahr ist fast zu Ende, Sie können jetzt hier nicht so was abziehen.«
    »Ich kann so was sogar noch am letzten Tag des Halbjahres abziehen. Und wenn Sie in meinem Kurs durchfallen, dann werden Sie nächstes Jahr genauso wieder vor mir sitzen, und ich werde wieder genau das Gleiche abziehen«, erwiderte Coach mit der Andeutung eines Lächelns.
    Vee warf ihm einen finsteren Blick zu. Sie ist berühmt für diesen finsteren Blick, den man beinahe zischen hören kann. Doch Coach war anscheinend immun dagegen. Er setzte seine Pfeife an die Lippen und es war klar, worauf er hinauswollte.
    »Jeder, der auf der linken Seite des Tisches sitzt - also von euch aus gesehen -, setzt sich eine Reihe weiter nach vorn. Die in der ersten Reihe - ja, auch Sie, Vee - setzen sich in die letzte Reihe.«
    Vee stopfte ihren Schreibblock in den Rucksack und zog den Reißverschluss zu. Ich biss mir auf die Lippe und winkte ihr kurz zum Abschied. Dann drehte ich mich ein wenig herum, um den Raum hinter mir zu überblicken. Ich kannte die Namen aller im Kurs … bis auf einen. Der Neue. Coach hatte ihn noch nie aufgerufen, und ihm schien es auch recht so zu sein. Er fläzte sich lässig am Tisch hinter mir, die kalten schwarzen Augen nach vorn gerichtet. Genau wie immer. Natürlich glaubte ich nicht einen Augenblick lang, dass er Tag für Tag einfach nur so dasaß und ins Leere starrte. Irgendetwas dachte er, aber mein Bauch sagte mir, dass ich wahrscheinlich gar nicht wissen wollte, was das war.
    Jetzt stand er auf, kam zu mir, legte sein Biobuch auf den Tisch und glitt auf Vees alten Stuhl.
    Ich lächelte ihn an. »Hi. Ich bin Nora.«
    Der Blick aus seinen schwarzen Augen schnitt förmlich
durch mich hindurch, und seine Mundwinkel zuckten. Mein Herz setzte einen Moment lang aus, und in dieser Pause war mir, als gleite eine düstere Finsternis wie ein Schatten über mich hinweg. Im nächsten Augenblick war das Gefühl wieder verschwunden, aber ich starrte ihn immer noch an. Sein Lächeln war nicht freundlich. Es war ein Lächeln, das Ärger verhieß.
    Ich konzentrierte meinen Blick auf die Tafel. Barbie und Ken starrten
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