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Endstation Mosel

Endstation Mosel

Titel: Endstation Mosel
Autoren: Mischa Martini
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jetzt erst mal wie geplant nach Mettlach zur Brauerei und dann sehen wir weiter.«
    *
    Eine Kellnerin stellte weitere vier Glaskrüge mit dem naturtrüben Brauereibier auf den Tisch des Mettlacher Biergartens und räumte die leeren Teller und Gläser ab.
    »Ich fahre zurück«, sagte Uli unvermittelt.
    Die anderen schauten überrascht auf. Selbst die Bedienung verharrte einen Moment beim Einsammeln der leeren Gläser.
    Lange sagte keiner etwas, jeder machte sich Gedanken über die neue Situation.
    Endlich brach Jo die Stille: »Wann?«
    Uli sah ihn verständnislos an.
    »Wann musst du zurück?«, präzisierte Jo.
    »Bis 20 Uhr fährt alle dreißig Minuten ein Zug nach Trier«, antwortete Uli.
    Karl zeigte vor sich auf die Wanderkarte: »Morgen über Kastel-Staadt nach Saarburg, das wäre eine wunderbare Tour geworden.«
    Er hatte die Route ausgearbeitet und bisher dafür gesorgt, dass sie immer die richtigen Wege gefunden hatten. Die Wanderkarte hatte er praktisch immer in den Händen gehabt, und auch jetzt lag sie aufgefaltet vor ihm auf dem Tisch.
    »Es tut mir Leid, aber diese Schiffsgeschichte …«, Uli trank einen großen Schluck. »Ich muss zurück, da ist zumindest ein Extrablatt fällig.«
    Uli hatte vor zwanzig Jahren nach seinem Volontariat in der Trierer Tageszeitung einen Redakteurposten in der Lokalredaktion übernommen und es im Laufe der Jahre bis zum stellvertretenden Lokalchef gebracht. Als sein Chef in den Ruhestand ging, wurde ihm ein neuer vor die Nase gesetzt. Da es nur eine Zeitung in Trier gab, blieb Uli nur die Möglichkeit, gute Miene zum bösen Spiel zu machen oder zu kündigen. Zur Überraschung vieler kündigte er und machte eine eigene Zeitung auf. Eine Tageszeitung im Sinne eines täglich erscheinenden Blattes wurde es nicht. Das Käsblättchen, wie er es nannte, erschien vierzehntägig und behandelte sämtliche Themen, die die Tageszeitung bewusst oder unbewusst ihren Lesern vorenthielt.
    *
    Auf dem Mettlacher Bahnhof ergriff Walde die bedrückende Stimmung, die ihn immer wieder auf kleinen Bahnhöfen überkam. Auch hier wurden die Bahnhofsgebäude nicht mehr gebraucht und verfielen zusehends. Seine Freunde waren ebenfalls schweigsam geworden. Zum Glück tauchte bald der Zug aus dem Tunnel auf. Sein modernes Design stand im krassen Gegensatz zu dem vergammelten Gelände ringsum.
    Die Zugfahrt durch das Tal der Saar im Licht der abendlichen Sonne stimmte Walde wieder milde. Er lehnte sich in seinen Sitz zurück und genoss die am Abteilfenster vorbeiziehende Landschaft mit den Windungen der Saar und den steilen Hängen.
    Uli drehte sich eine Zigarette, als der Zugbegleiter in den Waggon kam.
    »Hier ist Nichtraucher«, schnauzte der Schaffner gleich los.
    »Ja und?«, fragte Uli zurück.
    »Hier dürfen Sie nicht rauchen!« Der Mann baute sich drohend vor ihm auf.
    »Rauche ich?«
    »Nein.«
    »Dann ist es ja gut.« Uli leckte die Gummierung des Zigarettenpapiers. »Darf ich jetzt weiter in Ruhe Bahn fahren?«
    »Ihre Fahrkarte bitte!« Der Zugbegleiter wirkte jetzt sichtlich angefressen. Vor den Fenstern zogen die Klause von Kastel-Staadt und die Serriger Schlösser vorbei.
    »Hab’ ich keine.« Uli steckte die Zigarette zwischen die Lippen und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.
    Der Bahnbeamte nahm einen tiefen Atemzug.
    Karl griff ein: »Herr Schaffner, wir fahren mit Gruppenkarte.« Er streckte ihm von der anderen Seite des Gangs eine Fahrkarte entgegen.
    »Gruppentarif oder Außenwohngruppentarif?«, mischte sich Uli wieder ein.
    »Herr Schaffner, Sie müssen entschuldigen, der Herr …«
    »Ich wollte nur Bahn fahren,« Uli hob die Stimme. »Ist das denn verboten, muss denn gleich …«
    »Und nehmen Sie Ihre Schuhe vom Sitz!«, befahl der Schaffner in barschem Ton.
    »Die sind genauso wenig auf dem Sitz, wie ich rauche!«, schnauzte Uli zurück.
    Der Zugbegleiter verschwand durch die Schiebetür in den nächsten Wagen.
    »Musste das jetzt sein?«, fragte Karl.
    »Der überlegt sich beim nächsten Mal, welchen Ton er anschlägt. Servicewüste Deutschland!«
    »Das musst gerade du sagen. In deiner Kneipe ist Rauchen verboten.«
    »Aber Zigaretten drehen darf man!«
    »Komm, Uli, dein Rauchverbot ist nach hinten losgegangen. Job kündigen, Familie verlassen und mit dem Rauchen aufhören war etwas zu viel des Guten.«
    »Du wirst sehen, wenn ich wieder jogge, ist das Rauchen passe«, wehrte sich Uli.
    »Und bis dahin dürfen die Gäste aus der Nichtraucherkneipe zusehen,
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