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Emotionen. Gefühle literarisch wirkungsvoll einsetzen

Emotionen. Gefühle literarisch wirkungsvoll einsetzen

Titel: Emotionen. Gefühle literarisch wirkungsvoll einsetzen
Autoren: Susanne Konrad
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der Wohlstand wächst. Aber die Erwachsenengeneration präsentiert sich eitel, voll materieller Interessen, von sich selbst überzeugt und erzieht ihre Jugend mit großen ehrgeizigen Ansprüchen und strenger Moral. Die Sexualnormen sind prüde, die Haltung gegenüber politisch Andersdenkenden rigide. Der Fänger im Roggen ist ein Buch der Rebellion der Jugend in dieser Zeit, vergleichbar mit dem Film Denn sie wissen nicht, was sie tun mit James Dean.
    In Salingers Roman ist der Protagonist eine ambivalente Figur. Der Leser muss sich entscheiden, ob er sich mit dem Jungen identifiziert oder ob er ihn ablehnt.
    Holdens Gefühle sind durch enttäuschte Ideale bestimmt: Die Lehrer nutzen hinterhältig ihre Macht aus, arme und reiche Kinder werden ungleich behandelt, die ganze Welt ist offenbar verlogen. Selbst zu lügen, um sich durchzuschlagen, scheint die einzige Möglichkeit. Darüber ist der Heranwachsende zutiefst enttäuscht, und ganze Generationen Jugendlicher haben sich mit ihm identifiziert.
    Die Analyse von negativen Gefühlen ist ein wichtiges Erzählmittel für kritische Literatur. Allerdings müssen dann auch die Auslöser dargestellt werden, die im Umfeld des Protagonisten zu suchen sind. Solche Gefühle können sich, dem Charakter entsprechend, folgendermaßen äußern:
    •allgemeine Ängstlichkeit
    •wenig Selbstbewusstsein
    •negative Lebenseinstellung
    •übersteigerte Aggressivität
    •Haltlosigkeit
    •Unterwürfigkeit, Anpassertum
    •Größenwahnsinn
    Das geht oft einher mit folgenden Merkmalen:
    •Die Kommunikation gelingt nicht.
    •Beziehungsangebote werden nicht angenommen.
    •Gesten und Äußerungen anderer werden falsch interpretiert.
    •Auf harmlose Situationen wird mit übertriebener Ablehnung, Gewalt reagiert.
    •Erlebnisse und Erfahrungen werden negativ interpretiert.
Anregung
    Beschreiben Sie eine alltägliche Situation aus der Perspektive eines Menschen, der sich verfolgt fühlt. Wie wirken einzelne Personen (im Zug, in einer Wartehalle, im Bus) auf eine Person, die sich bedroht fühlt?

Einsamkeit
    Wer sich einsam fühlt, empfindet Isolation, Verlorenheit, Unverstandensein. Einsamkeit ist nicht nur eine persönliche Erfahrung, sondern auch ein kulturphilosophisches Thema.
    Einsamkeit kann gleichfalls die gesuchte Zurückgezogenheit des Eremiten sein oder eine bewusste Zeit der Besinnung für enttäuschte und verletzte Seelen. Im Film wird die Einsamkeit des Einzelgängers immer wieder thematisiert, ist jedoch selten ein Hauptmotiv, denn der Film ist durch die Vielfalt von Darstellern und Dialogen eher ein Medium der Kommunikation. In der Literatur ist die Abkehr vom Äußeren zum Inneren in vielen Werken thematisiert. Die Einsamkeit ist ein starkes Motiv in der ernsten Literatur der Moderne, hier steht der von seiner Umwelt entfremdete Mensch im Mittelpunkt.
    Einsamkeit spiegelt Thomas Bernhards Roman Frost aus dem Jahr 1963:
    »Eines Morgens, nachdem er wusste, dass er todkrank ist, sperrte er alles zu und sperrte zuletzt die Haushälterin hinaus. ›Sie hat geweint‹, sagte er. ›Jetzt gehe ich nicht mehr zurück. Es erschiene mir, wie ein Gerümpel aufsuchen. Ich kann ja nicht mehr zurück, selbst wenn ich zurück wollte: Mit mir ist es ja vorbei.‹ Er sagte: ›Tatsächlich habe ich niemand gehabt außer meiner Haushälterin. Außer in ihr bin ich in allen längst tot.‹«
    Einsamkeit können Sie literarisch überzeugend darstellen durch
    •eine starke Hinwendung des Protagonisten auf sein eigenes Ich,
    •gescheiterte Versuche, missglückte Kontakte zu anderen Menschen,
    •Beschreibung von leeren, tristen, abweisenden Räumen,
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    •Selbstgesprächen des Protagonisten über den eigenen Tod,
    •Beschreibung des Gefühls, überflüssig zu sein.
    Ein Beispiel für selbstgewählte Einsamkeit ist Hermann Hesses Buch Der Steppenwolf (1927). Harry Haller, Anfang fünfzig, hinterlässt bei dem Neffen seiner Vermieterin ein Manuskript mit seinen Aufzeichnungen, was den jungen Ich-Erzähler, der sich intensiv mit dem ungewöhnlichen Mitbewohner auseinandergesetzt hat, zu folgenden Gedanken veranlasst: »In wie tiefe Vereinsamung er sich auf Grund seiner Anlage und seines Schicksals hineingelebt hatte und wie bewusst er diese Vereinsamung als sein Schicksal erkannte, dies erfuhr ich allerdings erst aus den von ihm hier zurückgelassenen Aufzeichnungen (…) Es bedarf weiter keiner Berichte und Schilderungen, um zu zeigen, dass der Steppenwolf das Leben
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